Etwa anderthalb Stunden dauert normalerweise ein Spielfilm. Diese “Kinolänge” hat sich später auch im Fernsehen durchgesetzt. In eben dieser Spielfilmlänge plauderte heute Klaus Schiffler vom Film-Eck Wermelskirchen im Erzählcafé im Haus der Begegnung über die Geschichte der Kinos in unserer Stadt.
1898 bereits gab es hier die erste Filmvorführung: fünf kurze Filme wurden im Handbetrieb vorgeführt, gekurbelt an einer mobilen Apparatur, mit dem Licht einer Karbidlampe auf die Leinwand projeziert. Das sogenannte Wanderkino begann seinen Siegeszug.
1911 bis 1928 gab es einen Kinosaal in der Landeskrone, dort, wo sich heute das Juca, das Jugendcafé befindet. 1921 kam das Uniontheater hinzu, im Hotel Zur Eich, allerdings nur für drei Jahre und 1927 die Reichshallen-Lichtspiele, das heutige Film-Eck. Im nächsten Jahr also können die Kinoenthusiasten in Wermelskirchen gemeinsam mit Christel und Klaus Schiffler den neunzigsten Kino-Geburtstag begehen.
Tiefenentspannt und ungeheuer kenntnisreich bietet Klaus Schiffler seinen Zuhörern im vergnügten Geschichtenerzählerduktus eine schöne Begebenheit nach der anderen, so daß sich bei denen ein eigener Film ergibt, das Kino im Kopf. Den Lichtspieltheaterboom der fünfziger Jahre machte das Parktheater komplett, ein nobel-moderner Theater- und Kinosaal für 600 Zuschauer mit großzügigen Vorräumen, mit Künstlergarderoben und modernen Vorführräumen. Bis 1969. Handfeste und schmackhafte Lebensmittel haben seither die Kinotraumwelt abgelöst. Diverse Unternehmen haben ihre Waren im ehemaligen Theater feilgeboten, am längsten, bis heute, Norma.
1927 wurde schließlich das heutige Film-Eck gegründet. Als Reichshallen-Lichtspiele. Mit angrenzendem Reichshallen-Restaurant. Zunächst fanden 300 Zuschauer Platz, später wesentlich mehr. Schon ein Jahr danach wurde eine zweite Vorführmaschine angeschafft, so daß auch längere Filme gezeigt werden konnten. Und Leo Michel wurde als Vorführer eingestellt. Der blieb bis 1973, gehörte also gleichsam zum Inventar des Kinos.
Klaus Schiffler referiert im lockeren Plauderton, garniert mit einer Vielzahl bunter Anekdoten und persönlicher Erlebnisse, solche als Kind, als junger Vorführer, später als Chef des Ladens. Vor ihm waren seine Tanten die Chefinnen. Die haben später sogar die Reichshallen-Lichtspiele und das Parktheater gemeinsam geleitet, nachdem die Reichshallen, das heutige Film-Eck, auf automatischen Betrieb umgestellt werden konnte und im heutigen Norma die Rollen damals noch manuell gewechselt werden mußten.
1972 schließlich wurde das Kino für wenige Monate geschlossen, nachdem Tante Luise verstorben war. Ein Jahr später haben Christel und Klaus Schiffler das Kino umgebaut. Es wurde auf 94 Sitzplätze verkleinert, die heutige Bar wurde eingebaut, die Galerie gesperrt. Mit dem kleineren Kino waren geringere Kosten verbunden, bei Verleihern, der Gema, bei sonstigen Gebühren. Wichtig, wurde und wird das Film-Eck doch nebenberuflich betrieben, sozusagen als Hobby. “Das Film-Eck war und ist meine elektrische Eisenbahn”, erläutert Klaus Schiffler schmunzelnd.
Seit 2013 regiert auch im Film-Eck die digitale Kinowelt. Die 35mm-Kopie ist out. Das Kino ist also leichter geworden. Filme werden auf DVD oder Blue Ray angeliefert oder als Internetstream nach Wermelskirchen gebracht. Und: Das Film-Eck ist zwar ein Film-Eck, aber auch mehr: Hier finden Theateraufführungen statt, hier wird Musik gespielt, hier haben Silvesterfeiern stattgefunden, Geburtstagsfeten, sogar eine standesamtliche Trauung ist hier vollzogen worden.
Klaus Schiffler macht keineswegs den Eindruck, er schwelge in den großen, aber vergangenen Zeiten des Kinos. Ganz gegenwärtig lotet er die Chancen aus, wie das Film-Eck erhalten bleiben, wie es Zuschauer gewinnen kann, neue Freunde und Fans. Das Film-Eck ist ein kulturelles Kleinod in Wermelskirchen. Und soll es bleiben. Danke, Christel und Klaus Schiffler.