Im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung ist eine Broschüre erschienen, die sich mit der öffentlichen Kommunikation über die Fluchtbewegung auseinandersetzt: Fluchtdiskurs in deutschen Medien 2015 und 2016.
Spätestens seit dem Sommer 2015 herrscht in Deutschland einer massive mediale Debatte um Flucht und Migration, die vor allem durch die hunderttausende Flüchtende nach Europa ausgelöst wurde. Zudem gab es zahlreiche Anschläge und Übergriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte. Sie ließen in Deutschland ein Klima entstehen, das an die Zustände in den frühen 1990er Jahren erinnert.
Und tatsächlich gibt es Parallelen. Auch damals wurde die Debatte rassistisch aufgeheizt, indem vom ‚massenhaftem Asylmissbrauch‘ die Rede war. Damals wie heute wird durch eine Verschärfung der Asylgesetzgebung der Auffassung Vorschub geleistet, es seien die Geflüchteten selbst, die rassistische Ausschreitungen provozierten. Damals wie heute werden Flüchtlinge als Gefahr für den ‚inneren Frieden‘ angesehen, weshalb die Bevölkerung vor ihnen geschützt werden müsse.
Doch es gibt auch markante Unterschiede. So bemühen sich große Teile der deutschen Bevölkerung, die Flüchtenden zu unterstützen und engagieren sich in der Flüchtlingshilfe.
Eine Analyse des Mediendiskurses zu Flucht und Migration, die im Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung vorgenommen wurde, ist diesen gegenläufigen Tendenzen nachgegangen. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Diskursiv wurde entweder ein Notstand ausgerufen oder zumindest prognostiziert, die Fluchtbewegungen wurden massiv denormalisiert. Neben der Aufspaltung der Geflüchteten in ‚legitime’ und ‚illegitime’ erlaubt diese Denormalisierung Flucht und Migration als Naturkatastrophe zu bewerten – und zwar nicht als eine Katastrophe für die Flüchtenden, sondern als eine für die Zielländer, also auch für Deutschland. Eine solche Perspektive eignet sich aber dazu, Abwehr gegen Flüchtende zu erzeugen und weiteren Einschränkungen des Grundrechts auf Asyl zuzustimmen. Sie evoziert Rassismus und trägt damit zu einem angespannten gesellschaftlichen Klima bei. Wir müssen feststellen, dass Aussagen, die noch vor einigen Jahren als extrem rechts oder rassistisch bewertet wurden, heute zum Sagbarkeitsfeld des mediopolitischen Diskurses gehören. Es scheint so, als haben sich auch ‚progressive’ Positionen innerhalb des mediopolitischen Diskurses mit ihm nach rechts bewegt. Kritische Positionen sind 2015/2016 dagegen in die Defensive geraten.
Hier nun die von Margarete Jäger und Regina Wamper herausgegebene Studie als PDF-Datei:
Mann, mann – da war es wieder, das Minutenschaf beim Lesen der Überschrift: Neue DISS Broschüre über Fluchdiskurs… Ich dachte, es handele sich um ein neues Beschimpfungs- und Fluchwörterbuch…