Flüchtlinge zu integrieren, haben sich Politik und Zivilgesellschaft auf die Fahnen geschrieben. In der Praxis stößt das allerdings immer wieder an Grenzen. Einen innovativen Weg geht die vor zehn Jahren gegründete Hoffnungsträger-Stiftung: Sie baut sogenannte Hoffnungshäuser mit jeweils mehreren Wohnungen, die zu gleichen Teilen an Flüchtlingsfamilien und an Einheimische vermietet werden. In diesem Sommer kommt als zehnter Standort in Baden-Württemberg Öhringen im Hohenlohekreis dazu.
Dass etwas für die Integration getan werden muss, hat der Geschäftsführer der Hoffnungsträger-Stiftung, Marcus Witzke, 2015 gespürt, als eine große Zahl von Flüchtlingen nach Deutschland kam. Damals erkannten er und seine Verbündeten, dass ein besseres Miteinander durch die Art des Wohnens beflügelt werden kann. Die Idee der Hoffnungshäuser wurde geboren. „Wir wollten weder eine Container-Lösung noch eine Ghettoisierung der Menschen, die zu uns gekommen sind“, erläutert Witzke gegenüber dem „Evangelischen Pressedienst“.
Das Konzept sieht vor, in den sechs bis acht Wohnungen eines Hauses Einheimische und Flüchtlingsfamilien unterzubringen. Jeder hat seine eigene Wohnung, doch es gibt viele Begegnungen. Damit das gemeinsame Leben nicht dem Zufall überlassen bleibt, kümmert sich von Anfang an ein angestelltes Ehepaar um die Organisation.
Möglichst viele Nationalitäten unter einem Dach
Die Häuser sind im Besitz der Stiftung. Als Vermieterin achtet sie darauf, möglichst viele Nationalitäten unter einem Dach zu vereinen. Das fördere nicht nur den Toleranzgedanken, sondern zwinge die Menschen auch, schneller Deutsch zu lernen, um im Haus kommunizieren zu können. In den aktuell 29 Häusern mit insgesamt 204 Wohnungen leben derzeit 643 Menschen, darunter 200 Einheimische und 443 Geflüchtete.
Da es sich um staatlich geförderten Wohnungsbau handelt, brauchen Mietanwärter einen Berechtigungsschein. Wer sich um eine Wohnung bewirbt, verpflichtet sich, im Monat zehn Stunden ehrenamtlich für die Gemeinschaft zu arbeiten – das gilt für Deutsche wie für Migranten. Das Engagement wird allerdings nicht kontrolliert, und man tritt beim Einzug auch keinem Verein bei. „Wir vermieten ganz normal nach deutschem Mietrecht“, betont Geschäftsführer Witzke.
150.000 Euro Mehrkosten
Das erste Haus wurde vor sieben Jahren in Leonberg bei Stuttgart eröffnet. Seitdem sind weitere Hoffnungshäuser in Bad Liebenzell, Calw, Esslingen, Konstanz, Nagold, Schwäbisch Gmünd, Sinsheim und Straubenhardt und zuletzt in Öhringen entstanden. Die Häuser zeigen sich in einem prämierten Design. Dazu gehören unter anderem geschwungene Balkons, die es Mietern ermöglichen, zum nächsten Stockwerk zu kommunizieren, ohne sich über das luftig wirkende Holzgeländer beugen zu müssen.
Die Mieten decken den Finanzbedarf eines Hoffnungshauses nicht. Pro Standort kalkuliert die Stiftung mit 150.000 Euro Mehrkosten, die aus den Erträgen der Stiftung oder befreundeter Stiftungen sowie Spenden bezahlt werden. Hinter der Hoffnungsträger-Stiftung steht der Unternehmersohn Tobias Merckle, der 2013 aus seinem Privatvermögen einen „hohen zweistelligen Millionenbetrag“ eingebracht hat, wie es in einer Buchveröffentlichung über ihn heißt.
Pilotprojekt mit zwei Häusern
In diesem Jahr bekommen die Hoffnungshäuser nun kleine Geschwister: die Zukunftshäuser. Von der Bauart sind sie gleich, beim sozialen Konzept machen die Verantwortlichen allerdings Abstriche. Dort wird es keine Standortleiter geben, die Organisation von Gemeinschaftsevents und persönlicher Beratung soll an Teilzeitkräfte gehen.
Ein Pilotprojekt mit zwei Häusern entsteht zurzeit in Mühlacker bei Pforzheim. Finanziert wird das Ganze vom „German Living Impact Fund“, dem die Häuser dann auch gehören. Die Hoffnungsträger-Stiftung betätigt sich als Dienstleisterin und bringt dort ihren Erfahrungsschatz ein.
Quelle: Migazin •Beitragsfoto: Das Hoffnungshaus in Esslingen © Hoffnungsträger