Hitlergrußaffaire der Jungen Union

JU-Chef im Kreis läßt seine Ämter ruhen.

Rheinisch-Bergischer Kreis | Der Kreisvorsitzende der Jungen Union, durch ein Party-Video, in dem offenbar auch ein Hitlergruß gezeigt wird, das Forum Wermelskirchen berichtete hier, ins Gerede und unter politischen Druck geraten, läßt seine politischen Ämter ruhen, “bis der gegen ihn erhobene Vorwurf juristisch aufgeklärt ist”, wie das Bürgerportal Bergisch Gladbach berichtet. Ob er seine Mandate als Sachkundiger Bürger in Stadt- und Kreisrat behält, sollen die Fraktionen entscheiden. Der Kölner Stadt-Anzeiger meldete gestern, daß der Staatsschutz Ermittlungen eingeleitet habe. Nach Informationen dieser Zeitung hat der Staatsschutz das Videomaterial sowie die E-Mails des anonymen Versenders zwischenzeitlich bei Empfängern des Materials sichergestellt.

Der Kreisvorsitzende der CDU, Uwe Pakendorf, hat nach einer längeren Sondersitzung am Mittwochabend erklärt, daß „rechtes Gedankengut in unserer Partei keinen Platz” habe und nicht toleriert werde. Mit der Erklärung einer “Jugendsünde” wolle man es laut Kölner Stadt-Anzeiger aber nicht bewenden lassen.

Fabrice Ambrosini gilt laut Bürgerportal Bergisch Gladbach als eine der Nachwuchshoffnungen der CDU in Bergisch Gladbach und im Rheinisch-Bergischen Kreis. Mit 16 Jahren der CDU beigetreten ist der jetzt 19-jährige Jura-Student u.a. Schriftführer im CDU-Ortsverband Bensberg/Moitzfeld, Kreisvorsitzender der Jungen Union sowie der Schüler Union, als Sachkundiger Bürger Mitglied sowohl der CDU-Fraktionen im Kreistag als auch im Bergisch Gladbacher Stadtrat und hatte am Wochenende bei der Delegiertenwahl zum Bundesparteitag eines der besten Ergebnisse erzielt. 

Angesichts der vielen Funktionen, die Fabrice Ambrosini in der Kreispartei wahrnimmt, war die prompte Reaktion des Kreisvorstandes erwartbar. In einer Erklärung des Vorstandes heißt es weiter, Fabrice Ambrosini habe sich in der Kreisvorstandssitzung vollständig und glaubhaft von jeglicher extremistischer Gesinnung distanziert und in der Vergangenheit habe man von Fabrice Ambrosini in der JU und CDU niemals Äußerungen und Handlungen erlebt, die ihn auch nur in die Nähe entsprechenden Gedankenguts gebracht hätten. Im Kreisvorstand habe es auch keine Debatte über ein Ausschlussverfahren gegeben.

Gegenüber dem Bürgerportal hat Ambrosini bestätigt, dass die Aufnahme bei einer privaten Geburtstagsfeier gemacht worden sei und authentisch ist. Er habe indes nicht den Hitlergruß gezeigt, sondern „nur kurz den linken Arm gehoben”.

Für den CDU-Kreisvorsitzenden Pakendorf stelle sich diese Frage allerdings nicht, allenfalls, welche Motive zu diesen Handlungen geführt hätten. Seit 2019 ist im übrigen das Video laut Bürgerportal bereits in der CDU bekannt. Kreischef Pakendorf betont zwar, er habe es in dieser Woche zum ersten Mal gesehen, räumt aber ein, vorher schon etwas davon gehört zu haben. Und: Vor zwei Jahren schon habe sich der CDU-Ortsverband Bensberg/Moitzfeld in einer Sitzung ausführlich mit dem Video befasst, wie Parteichef Pakendorf nunmehr bestätigt. Damals habe sich der Ortsvorstand auf eine “Jugendsünde” als Erklärung geeinigt und keine Konsequenzen für Ambrosia festgelegt.

Der Hitlergruß ist ein Offizialdelikt, das auch ohne Strafanzeige von der Staatsanwaltschaft verfolgt und bearbeitet wird. Es handelt sich also keineswegs um eine Lappalie. Insoweit wundert es schon, daß das Video bereits seit zwei Jahren innerhalb der Kreisorganisation der CDU bekannt und niemand eingeschritten ist.

Unklar ist, wann das Video aufgenommen worden ist. Ambrosini behauptete zunächst, das Video sei „vier oder fünf Jahre alt”, und bestätigte später auf Nachfrage schriftlich, das Video sei „Anfang 2017″ aufgenommen worden, als er 15 Jahre alt und noch nicht Mitglied der CDU gewesen sei. Laut Bürgerportal Bergisch Gladbach widersprechen andere Teilnehmer der privaten Feier dieser Darstellung. Das Video sei am 3. Februar 2018 aufgenommen worden. Und zu diesem Zeitpunkt war Ambrosini 16 Jahre alt und bereits Schriftführer im Kreisvorstand der JU.

Aus den Informationen, wie sie jetzt vorliegen, ergibt sich, daß die Kreisorganisation der CDU nicht wirklich von den Vorgängen überrascht sein kann, wie sie geltend macht. Die Fakten und das Video sind seit mindestens zwei Jahren in Gremien der Partei behandelt worden. Dennoch wurde Fabrice Ambrosini mit einer Reihe von Funktionen versehen, ohne dass der “Hitlergruß” eine Rolle bei der Auswahl des Kandidaten gespielt hätte. Daß der Kreisvorstand nun endlich nach zwei Jahren eine entschiedene Position einnimmt, kommt spät, vielleicht im Wahljahr 2021 nicht schon zu spät.

Hier die Erklärung des Kreisvorstandes der CDU:

Beitragsfoto: 2018 nahm Fabrice Ambrosini am Planspiel „Jugend und Parlament” teil © Bürgerportal Bergisch Gladbach (Archiv)

Comment (1) Write a comment

  1. Die CDU kannte den Vorgang schon zwei Jahre und hat es in den letzten Tagen bewusst verschwiegen. Sowohl gegenüber der Presse, die ja vorher nachgefragt hatte, als auch in der Erklärung von gestern tut man so als wäre alles ganz neu! Erst nachdem der Presse Informationen zugespielt wurden, dass die CDU das Video seit zwei Jahren kannte (DIE LINKE. hatte dazu gestern eine Presseerklärung abgegeben) hat die Presse bei der CDU nachgefragt und die Verantwortlichen mussten zugeben, dass es länger bekannt war.

    Obwohl also zwei Jahren bekannt wurden trotzdem keine Konsequenzen gezogen Heute wie vor zwei Jahren war die erhobene Hand klar zu erkennen. Der Sachverhalt wurde aber bewusst verschwiegen und auch nach den erste Anfragen dort unter dem Tisch gehalten.

    Damals wurde das Unions-Mitglied und Parteifunktionär in einer Ortsvorstandssitzung regelrecht angefeindet, denn auch dort schien die Pose eindeutig. Er wurde zum Schweigen verpflichtet, damit das nicht an die Öffentlichkeit kommen sollte. Nach Informationen DIE LINKE. stand auch ein Ausschlussverfahren im Raum. Das Video war dann wohl auch der Grund dafür, dass er nicht als Kandidat zu Kommunalwahl 2020 aufgestellt wurde.

    Trotz des Videos mit dem eindeutigen Handzeichen war er nicht nur Junge Union Kreisvorsitzender geworden und ist Mitglied des Vorstands der CDU-Bensberg-Moitzfeld geblieben, sondern wurde erst kürzlich von der CDU zum Sachkundiger Bürger in der Kreistags RBK und Stadtratsfraktion BGL ernannt. Erst jetzt nachdem das Video bekannt geworden ist, will man bei der CDU nun Konsequenzen ziehen.

    Es ist unglaublich mit welcher Heuchelei und Dreistigkeit hier die Öffentlichkeit von der CDU getäuscht wird. Obwohl man das Video zwei Jahre lang kannte, tat man in den letzten Tagen gegenüber der Presse und den Bürgerinnen und Bürgern so, als wäre das alles „ganz neu“ und „überraschend“. Und man tut weiter so. Statt offen und ehrlich den Sachverhalt aufzuklären und darüber zu informieren soll es schnell und schmerzlos vertuscht werden. Jetzt tut man ganz brav und distanziert sich …?

    Wir alle haben in unserer Jugend Fehler gemacht, die wir heute vom ganzen Herzen bereuen. Trotz seines jungen Alters konnte man nicht einfach über das eindeutige Video hinwegsehen. DIE LINKE. hatte eine klare und öffentliche Distanzierung von rechtsextremen Gedankengut und eine Entschuldigung erwartet. Diese ist nun gekommen. Es bleibt ein dunkler Fleck und ein schmutziges Geschäft übrig. Die CDU-Granden und Kreisfunktionäre wollen sich nicht die Finger schmutzig machen. Mit gut formulierter Heuchelei will man das Problem eiskalt erledigen, dass man eigentlich schon lange hatte. Solche Politiker, die die Menschen so offen und schamlos täuschen, haben in öffentlichen Mandaten und Ämtern nichts zu suchen. Was können wir von solchen Volkvertretern an anderer Stelle wie Stadtrat und Kreistag erwarten? Neue Ausreden oder Lügen?
    CDU Rücktritte wären hier richtig und fällig! die Verantwortlichen sollten die Konsequenzen für sich selbst ziehen, statt weiter zu vertuschen.

    Hier eine Stellungnahme DIE LINKE. Rheinisch-Bergischer Kreis: >> https://www.dielinke-rbk.de/nc/partei/aktuell/detail-aktuell/news/luegen-heuchelei-und-bauernopfer-bei-der-cdu-rheinisch-bergischer-kreis/

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