NACHRICHTEN AUS DER CORONA-PANDEMIE (CCLXVI)

Die Gesundheitsämter haben dem Robert-Koch-Institut (RKI) 23.392 neue Corona-Infektionen gemeldet, gut 400 weniger als am letzten Samstag. 286 Menschen sind durch Covid-19 gestorben. Vor einer Woche wurden 219 Todesfälle registriert. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist leicht gestiegen, bleibt aber den zehnten Tag in Folge über der 160er-Marke. Laut aktuellem Datenstand des Robert-Koch-Instituts (RKI) nahm das Fallaufkommen am Freitag von 164,0 auf 164,4 neu registrierte Infektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen zu. Nach dem Wert vom vergangenen Montag (165,3) ist dies der zweithöchste Wert seit 12. Januar, also seit mehr als drei Monaten. Ab heute gilt in Landkreisen, in denen die Inzidenzgrenze von 100 überschritten ist, die Bundes-Notbremse. Im Sieben-Tage-Schnitt kommen derzeit pro Tag 20.762 neu erkannte Ansteckungen hinzu. Ende Februar (22.02.) lag der Wert noch bei 7.460 – nun beträgt er also mehr als das Zweieinhalbfache. Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag nach dem RKI-Lagebericht von Freitagabend bei 1,08 (Vortag: 1,01). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 108 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. “Wir haben alle das Virus etwas gebremst”, sagt RKI-Vizepräsident Lars Schaade. Inzwischen habe die Mobilität und hätten die Kontakte aber wieder zugenommen. Daher bestehe durchaus die Gefahr eines Wiederanstiegs der Fallzahlen. “Für Entwarnung ist es also zu früh.” Pro Woche stürben in Deutschland 1000 Menschen an Covid-19. In den Krankenhäusern stiegen die Zahlen vor allem bei den 35- bis 59-Jährigen. Schaade rief zur Solidarität mit den noch ungeimpften jüngeren Gruppen in der Bevölkerung auf. Viele jüngere Menschen hätten sich in der Pandemie stark eingeschränkt und so gefährdete Ältere und Risikopatienten geschützt. “Wir müssen uns bitte noch weiter einschränken, damit auch diese Personen eine Chance haben, sich impfen zu lassen, bevor das Virus sie erwischt.” Auch für die Jüngeren und Gesunden sei das Virus nicht harmlos. Auch sie könnten schwere Verläufe erleiden; zudem drohten Langzeitfolgen.

Mit Blick auf die Sieben-Tage-Inzidenz ist nun der Erzgebirgskreis die am stärksten von der Pandemie betroffene Region Deutschlands. Dem neuesten Datenstand des Robert-Koch-Instituts (RKI) zufolge (24. April, 3.10 Uhr) stieg das Fallaufkommen in der sächsischen Region auf 364,5 neu registrierte Fälle je 100.000 Einwohner binnen einer Woche (Vortag: 346,6). Damit ist der Kreis an die Spitze der Super-Hotspot-Liste geklettert. Dahinter folgen die bayerischen Landkreise Mühldorf am Inn (346,1) und Haßberge (344,9). Insgesamt befinden sich weiterhin nur noch elf Regionen über der 300er-Marke. Die bundesweit geringste Sieben-Tage-Inzidenz gibt es laut RKI-Daten in Nordfriesland: Allerdings weist der Landkreis in Schleswig-Holstein demnach einen erhöhten Wert von 41,6 auf. In der aktuellen Virus-Lage bleibt es mit Blick auf die Sieben-Tage-Inzidenz bei lediglich einem Bundesland unterhalb der 100er-Schwelle. Laut aktuellen RKI-Datenstand weist nur Schleswig-Holstein (75,8, Vortag: 73,5) ein Fallaufkommen unter der “Notbremsen”-Marke von 100 neu registrierten Infektionen binnen sieben Tagen je 100.000 Einwohner auf. Das Nordland ist eines von fünf Ländern mit steigenden Fallaufkommen. Darunter befindet sich auch Baden-Württemberg (188,0, Vortag: 184,5), das somit auf die 200er-Marke zusteuert. In elf Bundesländern hingegen schwächten sich die Werte laut RKI ab – so etwa in Hamburg (105,0, Vortag: 108,5), das sich Richtung 100er-Marke zurückbewegt. Auch im Super-Hotspot Thüringen ist der Wert gesunken. Allerdings weist der Freistaat laut RKI mit 219,3 (Vortag: 223,2) weiterhin das deutlich höchste Fallaufkommen im Ländervergleich auf und liegt zusammen mit Sachsen (212,5, Vortag: 209,3) als eines der beiden einzigen Länder über der 200er-Schwelle.

In Bayern bleibt abendliches Joggen verboten. Im Unterschied zur bundesweiten Regelung sei Bewegung an der frischen Luft kein Ausnahmegrund von der Ausgangssperre, teilt Gesundheitsminister Klaus Holetschek mit. Zudem gelte für Kinder und Jugendliche in allen Landkreisen mit einer Inzidenz von mehr als 100 Distanzunterricht, mit Ausnahme der Abschlussklassen. Der Freistaat halte damit an einigen schärferen Regeln fest. Die Bundesregierung sieht die Austragung eines Fußballspiels bei der EM 2021 in München im Juni vor mehreren Tausend Zuschauern skeptisch. Höchste Priorität habe nach wie vor das Infektionsgeschehen, erklärt das Bundesinnenministerium. Bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 wäre ein solches Fußballspiel “schwer vorstellbar”. Die Sieben-Tage-Inzidenz in München liegt derzeit bei 146,4.

Für den Virchowbund der niedergelassenen Ärzte bietet die aktuelle Corona-Lage und die ab sofort geltende Bundes-Notbremse Gelegenheit für Optimismus. “Ich sehe die Chance, dass die dritte Welle gerade gebrochen wird”, sagt der Vorsitzende Dirk Heinrich der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. Der wachsende Impfeffekt und die bisherigen Lockdown-Maßnahmen hätten die Zahlen bereits stabilisiert, nun greife die Notbremse. Die Ausgangssperren würden “die riskanten Treffen in den Abendstunden wirksam verhindern, denn man kommt sonst ja nicht mehr nach Hause”, sagt Heinrich. “Derzeit finden noch zu viele Ansteckungen im Privatbereich statt.” Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, befürwortet wegen erster Fälle der indischen Virusvariante in Deutschland entsprechende Schutzmaßnahmen. “Die indische Mutationsvariante des Virus, die besonders ansteckend und besonders gefährlich sein soll, führt uns deutlich vor Augen, wie wichtig internationale Absprachen, konsequente Lockdown-Maßnahmen und Einschränkungen der Mobilität sind”, sagt Montgomery der “Rheinischen Post”. “Nur wo Infektionen ablaufen, können auch Mutationen stattfinden.” Verhinderung von Mobilität sei das Schlüsselwort zur Pandemieeingrenzung. Die Zahl der bisherigen Nachweise der Virus-Mutation aus Indien liegt in Deutschland bei 21 Fällen. RKI-Vizepräsident Lars Schaade sieht nicht, dass wir in Deutschland im Herbst bereits über Herdenimmunität sprechen. “Ich glaube nicht, dass wir eine Herdenimmunität in dem Sinne erreichen werden, dass das Virus dann weg ist.“ Erreicht werden könne aber eine Hintergrundimmunität in der Bevölkerung. Auch diese werde die Viruszirkulation deutlich verringern. “Wir werden aber weiter Gruppen haben, die nicht geimpft werden können”, betonte Schaade. Zudem werde es Menschen geben, die sich nicht impfen lassen wollen und Gruppen, bei denen die Impfungen zum Beispiel wegen bestimmter Vor- oder Grunderkrankungen nicht den gewünschten Effekt zeigen würden. Das Infektionsgeschehen insgesamt werde aber deutlich geringer sein. Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, betont, der neue Impfstoff der Firma Johnson & Johnson sei sicher und wirksam, vor allem bei Personen im Alter von über 60 Jahren. “Wir freuen uns auf vier zugelassene Impfstoffe”, so Cichutek. Die Melderate von ungewöhnlichen Thrombosen beim Vakzin von Astrazeneca sei weiter “sehr gering” und noch geringer bei J&J. Cichutek betont, dass er es sehr vernünftig findet, dass Astrazeneca auf persönlichen Wunsch und nach medizinischer Beratung auch an Menschen unter 60 Jahre verimpft wird. Es gebe viele Menschen, die ein Impfangebot mit dem Astrazeneca-Impfstoff sofort annehmen würden. Mit der App “SafeVac 2.0” können Geimpfte den Behörden Rückmeldung geben, wie sie die Impfung vertragen. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erhält so ein umfassenden Bild von Impfreaktionen und Nebenwirkungen. Bislang haben sich 150.000 Menschen beteiligt, das sind 1,5 Prozent der bisher geimpften Personen. Die Teilnehmer werden nach jeder Impfung ausführlich nach gesundheitlichen Beschwerden gefragt: sieben Mal innerhalb von drei Wochen nach der ersten Impfung und acht Mal innerhalb von vier Wochen nach der zweiten Impfung. Die Informationen werden verschlüsselt auf dem Smartphone gespeichert und dem PEI mit einer Zufallsnummer übermittelt.

Angesichts der verheerenden dritten Corona-Welle in Belgien warnt das Gesundheitsministerium des Landes vor einer Überlastung der Intensivstationen. Etwa 900 der 2000 Intensivbetten in Belgien sind demnach mit Covid-19-Patienten belegt. Der Behördenvertreter Marcel Van der Auwera sagt, die Mitarbeiter auf den Intensivstationen seien “erschöpft”. Seinen Angaben zufolge erklärt sich Deutschland zur Aufnahme belgischer Covid-Patienten bereit. Die Mitarbeiter auf den Intensivstationen gäben seit einem Monat “130 Prozent”, sagt Van der Auwera. Die angespannte Situation werde voraussichtlich noch “zwei oder drei Wochen” andauern. Wegen der hohen Belegung der in Belgien verfügbaren Intensivbetten mit Covid-Patienten hätten viele Krankenhäuser Schwierigkeiten, andere Notfälle zu behandeln, etwa Opfer von Autounfällen. Heute habe es in ganz Belgien nur 82 freie Intensivbetten für solche Fälle gegeben, sagt Van der Auwera. In Italien sollen ab Montag Restaurants und Bars in einem Großteil des Landes wieder im Außenbereich für Gäste öffnen können. Gesundheitsminister Roberto Speranza will entsprechende Anordnungen unterzeichnen, die 15 Regionen ab Montag in die Gelbe Zone mit moderaten Corona-Beschränkungen einteilen, in denen diese Öffnungen möglich sind. Das teilt sein Ministerium in Rom mit. Unter den gelben Regionen seien unter anderem die Lombardei mit der Metropole Mailand, die Autonome Provinz Bozen-Südtirol und Latium mit der Hauptstadt Rom. Österreich kündigt trotz Bedenken wegen hoher Infektionszahlen für den 19. Mai eine Lockerung seiner Corona-Einschränkungen an. Geplant sei, dass dann Restaurants, Hotels und Theater erstmals seit mehr als fünf Monaten wieder ihre Pforten öffnen dürfen, teilt die Regierung mit. Auch die nächtliche Ausgangssperre soll aufgehoben werden, wobei sich zwischen 22.00 und 05.00 Uhr maximal vier Erwachsene treffen dürfen. Das Licht am Ende des Tunnels werde heller, sagt Kanzler Sebastian Kurz.

Niederländische Mediziner befürchten den Notzustand in Krankenhäusern. Wenn die Infektionszahlen nicht schnell zurückgingen, dann drohe in der nächsten Woche “Code Schwarz”, warnt der Vorsitzende der Vereinigung der Intensivmediziner, Diederik Gommers. Bei “Code Schwarz” muss eine Triage-Kommission in Krankenhäusern entscheiden, welchen Patienten noch geholfen wird. Mehrere Krankenhäuser im Land seien so überfüllt mit Covid-Patienten, dass die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht sei, sagte Gommers. Schon jetzt werden nach Angaben der Krankenhäuser viele Operationen abgesagt, darunter auch Krebs- und Herz-Eingriffe. Den Notzustand in Krankenhäusern hatte es während der Corona-Epidemie noch nicht gegeben.

In Australien dürfen über zwei Millionen Menschen im Bundesstaat West-Australien nur in begründeten Fällen ihr Haus verlassen. Die ganztägige Ausgangssperre gilt von Samstag bis Montag. Auslöser der Maßnahme ist ein Reiserückkehrer, der aus der Quarantäne mit einem negativen Corona-Test entlassen wurde, bei dem aber später doch das Virus nachgewiesen wurde. Der Mann hat sich mehrere Tage in der Bundeshauptstadt Perth aufgehalten und dort nach Behördenangaben mindestens einen Menschen angesteckt. In den USA sind inzwischen mehr als 90 Millionen Menschen voll geimpft, wie die Seuchenbehörde CDC mitteilt. Insgesamt seien 286 Millionen Dosen ausgeliefert und 222 Millionen verabreicht worden. In den USA leben 328 Millionen Menschen. Japan erklärt wegen steigender Corona-Infektionen zum dritten Mal den Notstand für die Olympia-Stadt Tokio. Ministerpräsident Yoshihide Suga gibt die Entscheidung drei Monate vor den geplanten Olympischen Spielen. Außer Tokio ordnete Suga den von Sonntag bis zum 11. Mai geltenden Notstand auch für Osaka sowie Kyoto und die Präfektur Hyogo an. In diesen Zeitraum fällt die sogenannte “Goldene Woche”, eine Aneinanderreihung nationaler Feiertage, in der normalerweise Millionen Japaner auf Reisen gehen. “Wir müssen gezielt Maßnahmen ergreifen, während viele Menschen während der Goldenen Woche in der Pause sind, um das Virus unter Kontrolle zu bringen”, sagt Suga.

Beitragsfoto © Anna Shvets (Pexels)

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