Peter Siebel hat das Wort
Ein Aufreger Anfang März war die Ablehnung der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas, den zwischen Verdi und einem Pflegeverband ausgehandelten Tarifvertrag anzuerkennen.
Es wäre aber gesetzlich notwendig gewesen, dass sowohl Caritas als auch Diakonie diesem Tarifvertrag zustimmen, damit er vom Arbeitsminister für die gesamte Altenpflege für allgemeinverbindlich erklärt werden kann. Mit dieser Entscheidung wird es also vorerst keinen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag geben. Die Diakonie hatte daraufhin ihre Entscheidung ganz abgesagt, also gar nicht entschieden.
Die Arbeitsrechtlichen Kommissionen bei Caritas und Diakonie sind je zur Hälfte mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern besetzt und entscheiden über Tarifveränderungen in kirchlichen Einrichtungen. Warum hat die Caritas dagegen gestimmt (und die Diakonie daraufhin gar nicht)? Interessanterweise erfährt die Caritas deswegen ganz massive Kritik auf allen Kanälen. Und das, obwohl sie (und auch die Diakonie) schon sehr lange nach dem kirchlichen Tarifvertrag (AVR Caritas, AVR Diakonie, BAT-KF) entlohnt. Und dieser Tarifvertrag sogar meist besser ist, als der jetzt ausgehandelte zwischen Verdi und Pflegeverband!
Meiner Meinung nach müsste sich die mediale Aufmerksamkeit viel stärker auf die Pflegeverbände und Arbeitgeber richten, die nicht nach Tarif bezahlen! Denn natürlich gibt es weiterhin Arbeitgeber, die gerade mal den gesetzlichen Mindestlohn bezahlen. Und das ist viel zu wenig!!
Aber, die Frage sei erlaubt, warum arbeiten denn Pflegekräfte für so einen schlechten Lohn? Genug freie Stellen gibt es doch, ganz sicher auch in der Nähe. Also zeigt euren Arbeitgebern, was ihr von einer schlechten Bezahlung haltet! Ihr habt es auch selber in der Hand!
Im Übrigen kenne ich zumindest einen wesentlichen Grund für die Ablehnung der Caritas: In unseren Verhandlungen mit den Kostenträgern (Kranken- und Pflegekassen) können wir überhaupt erst seit 3 Jahren unsere Tarifgehälter als wirtschaftlich angemessen verhandeln! Und das auch nur, weil der Gesetzgeber das ins Gesetz hineingeschrieben hat. Vorher hat es immer geheißen: Die anderen können die Leistungen doch auch für weniger Geld erbringen, warum müsst ihr denn so teuer sein! Das verstößt doch gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Und die Caritas hat jetzt berechtigterweise Sorge, dass das nach Zustimmung zum allgemeinverbindlichen Tarifvertrag wieder genauso werden könnte. Die Kostenträger könnten in Verhandlungen den höheren Tarifvertag der Caritas (und Diakonie) als wirtschaftlich unangemessen ablehnen. Alles sehr komplex!

Ich wünsche mir einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, der eine gute Entlohnung aller Pflegekräfte vorschreibt! Und ich hoffe, dass das noch vor der Bundestagswahl passiert. Allerdings ist meine Hoffnung eher gering, denn nach meinem Empfinden ist die Pflege wohl doch nicht so systemrelevant, wie von vielen Politikern öffentlich bekundet. Wenn das nämlich so wäre, dann hätten sich die Arbeitsbedingungen schon längst verbessert, das haben sie aber nicht!
Herzliche Grüße
Euer Peter Siebel