VON WOLFGANG HORN
Das Buch macht noch vor der Vorbemerkung mit Frage von Friedrich von Logau auf: Kann die deutsche Sprache schnauben,/ schnarren, poltern, donnern, krachen;/ kann sie doch auch spielen, scherzen,/ lieben, kosen, tändeln, lachen.
Wunderkammer – das Wort selbst habe den Anstoß zu diesem Buch gegeben, heißt es in der Vorbemerkung von Thomas Böhm und Carsten Pfeiffer. „Was alles in ihm zusammenkommt: das Unfassbare, Erstaunliche des Wunders und die Vertrautheit, das Private der „Kammer“; eines Wortes, das den Zauber des Althergebrachten in sich trägt. Erinnerungen auslöst an Märchen, Kostbarkeiten, Vorräte.“
So beginnt sie, die, wie im Blog Bleisatz zu lesen ist, „bunte Sprachreise mit Schlusssätzen aus den Märchen der Brüder Grimm. ‚Und wenn sie nicht gestorben sind …‘ ist nämlich keineswegs der Märchenstandard. Weiter geht es mit dem Jargon auf St. Pauli und einer Landkarte, welcher Landstrich welche Wörter für eine profane Murmel benutzt. Die Reise führt uns zu Dörrleichen und Scheidezeichen (niemals gelungene Eindeutschungen … von was wohl?) sowie zu durchixen und urschen (inzwischen ungebräuchliche Wörter, sagt das Buch — nicht ganz, übrigens, bei mir wird noch ausgeixt).“
Die Wunderkammer ist voller Überraschungen. Es finden sich Geheimsprachen, Zungenbrecher, Küchenlatein, Zitate, Bühnensprache. Unwörter sind zu lesen, verdrehte Weisheiten oder Liebesbekundungen.
Tucholsky kommt vor, der Tittenclown oder ein Blick in den Wortschatz der DDR mit Würzfleisch, dem Gastmahl des Meeres oder dem Blauen Würger. Es gibt Wortlisten, etwa zu handfesten Beleidigungen und ihren Preisen. Und vieles, vieles mehr.
Die Wunderkammer ist ein Schmuckstück, dem die Grafiker 2xGoldstein und Erik Schöfer für den Verlag das Kulturelle Gedächtnis ein individuelles Gesicht in Orange verliehen haben.
Die Wunderkammer der Deutschen Sprache • Ausgewählt und herausgegeben von Thomas Böhm & Carsten Pfeiffer • Grafisch in Szene gesetzt von 2XGoldstein + Schöfer • Verlag das Kulturelle Gedächtnis • 300 Seiten • 978–3–946990–31–4 • Erstveröffentlichung: 2019 • 28 Euro