Von Bodenkirchen lernen, heißt …

VON WOLFGANG HORN

Bodenkirchen. Ein Weiler in Niederbayern. Kaum bekannt. Jetzt aber kommt Bodenkirchen zu zweifelhafter Berühmtheit. Drei Geschwister hatten am dritten Oktober zu einer nicht angemeldeten Party mit bis zu 150 Gästen, Frauen und Männer zwischen 25 und 32 Jahren, in die Maschinenhalle eines Bauernhofes eingeladen, zu Bier vom Fass und einer Live-Band. Nun aber sind innerhalb eines Tages bereits 20 Partygäste positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das Gesundheitsamt, das erst gestern von dem Fest erfuhr, versucht nun, weitere Teilnehmer aufzuspüren und die Infektionsketten zu unterbrechen. Eine Hausärztin aus der Region ist mit dem Covid-19-Virus infiziert worden, weil sie von Teilnehmern an der nicht genehmigten Party in Bodenkirchen wegen Corona-Tests aufgesucht worden ist. Die Veranstalter der Feier haben zudem versucht, Druck auf die Gäste auszuüben, um einen “Mantel des Schweigens” auszubreiten.

Ganz ehrlich: Ist das nur doof oder nicht sogar schon skrupellos? Ist es wirklich so schwer zu begreifen, daß derzeit die Gefährdung durch das Covid-19-Virus zunimmt. Niemand kann sich sicher sein, vor einer Infektion oder gar Erkrankung gefeit zu sein. In den Niederlanden beispielsweise mußten heute in Amsterdam, Rotterdam und Den Haag die Notaufnahmen von Krankenhäusern zeitweilig bereits geschlossen werden, weil alle Betten belegt waren und zu wenig Personal zur Verfügung stand. In Krankenhäusern und auf Intensivstationen in den Niederlanden nimmt die Zahl der Covid-19-Patienten rasant zu. 

Glaubt wirklich jemand, daß eine derartige Entwicklung in Deutschland nicht möglich sein wird? Bullshit. Wir haben aktuell 40 Risikogebiete in Deutschland. Und immer noch ist offenbar nicht in allen Köpfen, daß unter solchen Bedingungen alles unterlassen bleiben muß, was Menschen gefährden könnte. Kontakte müssen reduziert werden. Das ist derzeit die einzige Chance gegen die weitere Verbreitung des Virus. Noch scheint die Lage beherrschbar zu sein, der Trend indes ist durchaus besorgniserregend. 

Mich wundert, mit welcher, sagen wir: Gewißheit, um den Begriff der Selbstgefälligkeit zu vermeiden, Zeitgenossen sich bisweilen mühen, den Trend zu ignorieren und Lage als eher positiv zu bewerten. Zeitgenossen, die so wenig wie ich über Expertenwissen verfügen. Ich vermisse ein eher skrupulöses Herangehen an das Pandemie-Problem. Die Pandemie eignet sich nicht für eine Haltung wie im Wettbüro. Ich setze 20 auf Sieg für Drosten und ein anderer 10 auf Platz für Streek. Schweden hat es besser gemacht als Deutschland, die Deutschen waren besser als die Franzosen oder Spanier. Fanverhalten, sich auf eine bestimmte Seite zu schlagen und gegen die andere einzutreten, wird der Komplexität der pandemischen Ausbreitung des Virus nicht gerecht. Und auch der Sorgen nicht, die sich viele Menschen wegen der rasant ansteigenden Infektionszahlen machen, weil sie vielleicht zu Risikogruppen gehören oder Vorerkrankungen haben.

Keine Parties, Kontakte einschränken, soweit es geht, Abstand halten, bei Begegnungen auch in der Öffentlichkeit den Mund-Nasenschutz tragen, Hygieneregeln beachten, Lüften. Das ist doch wirklich nicht schwer zu begreifen. Mehr steht uns derzeit nicht zur Verfügung. Es wird Impfstoffe geben, es wird auch Medikamente geben. Dann kann das Alltagsleben wieder anders organisiert werden. Bis dahin, so kann und darf man erwarten, müssen wir uns alle einschränken. Alle. Ohne Ausnahme.

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