VON STEFAN WIERSBIN
Das Coronavirus COVID 19 breitet sich rasend schnell weltweit aus. Seit Tagen kommt es in unserem Land zu Hamsterkäufen. Nudeln, Konserven, Toilettenpapier, Hygieneartikel ausverkauft. – Gleichzeitig findet an der Außengrenze Europas, an der griechisch-türkischen Grenze, die endgültige moralische Bankrotterklärung Europas statt. Setzt der Ausverkauf des europäischen Rechts ein. – Erstes Opfer das Asylrecht.
Jetzt rächt sich für Europa die Unfähigkeit, auf die weltweite Migrationswelle, ausgelöst durch Kriege und weltwirtschaftliche Ungerechtigkeit, eine gemeinsame humane Antwort zu finden. Europas Deal mit dem Despoten Erdogan, mit der Türkei, wurde von Seiten der Türkei faktisch aufgekündigt, um Europa politisch zu erpressen. Die Flüchtlinge in der Türkei sind zum politischen Spielball geworden.
Die moralische Bankrotterklärung Europas wurde dieser Tage beim Besuch der Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, an der griechisch-türkischen Grenze, offensichtlich. Kein Wort des Mitgefühls für die Flüchtlinge. Stattdessen wird die Verteidigung der europäischen Außengrenze durch Griechenland hoch gelobt. Gegen wen? – Gegen Männer, Frauen und Kinder, die vor Krieg und Elend fliehen!
Eine Verurteilung des Bruchs des europäischen Rechts durch die Aussetzung des Asylrechts durch Griechenland bleibt aus. Lieber verspricht die Kommissionspräsidentin den Griechen, dass sie die Grenzschutzeinheit Frontex weiter ausbaut. Kein Wort von ihr zu den Bildern, die zeigen, wie die Griechen Tränengas gegen Flüchtlinge, unter ihnen Kleinkinder, einsetzt. Kein Wort zu den Bildern, die zeigen, wie griechische Patrouillenboote auf dem Meer in Seenot geratene Flüchtlingsboote abdrängen. Kein Wort zu den menschenunwürdigen Lebensbedingungen in den griechischen Flüchtlingscamps. Kein Wort zu den Übergriffen durch rechtsextreme Gruppen, auch aus Deutschland, auf Flüchtlinge und Helfer in Griechenland. – Kein Wort der Kommissionspräsidentin zu der Tatsache, dass laut Pressemeldungen im Flüchtlingscamp auf Lesbos anscheinend das Coronavirus COVID19 ausgebrochen ist.
Der Aufschrei in der deutschen Politik und in der Bevölkerung bleibt schwach. Immerhin hat sich die Bundesregierung dazu bereit erklärt, in einer Koalition der Willigen 1500 Flüchtlinge, vor allem allein geflohene Kinder und Jugendliche, aufzunehmen. Auch in unserer „Kleinstadt mit Herz“ sieht sich die Politik aus juristischen Gründen nicht in der Lage, ein menschliches und christliches Zeichen zu setzen.
Moralisch hat sich Europa, haben wir uns, für bankrott erklärt! – Der CDU-Politiker und ehemalige Bundesminister Norbert Blüm hat es auf den Punkt gebracht: „Wenn 500 Millionen Europäer keine fünf Millionen oder mehr verzweifelte Flüchtlinge aufnehmen können, dann schließen wir am besten den Landen Europa wegen moralischer Insolvenz.“
Was sagen wir unseren Kindern und Enkeln, wenn sie uns später einmal fragen, was hast du denn damals für die Flüchtlinge getan?