Ein persönlicher Rückblick
VON STEFAN WIERSBIN
Das Jahr 2019 hat nur noch wenige Stunden, dann kommt das Jahr 2020. Wer weiß, was es uns bringen mag. Ich hoffe, nur Gutes. Zeit, auf das Jahr 2019 zurückzuschauen und so etwas wie Bilanz zu ziehen:
Ehrlicherweise kann ich eigentlich nur sagen: es geht mir gut. Ich lebe in gesicherten Verhältnissen, habe eine bezahlbare Wohnung, ein gesichertes Einkommen und Familie und Freunde, die mich durch das Jahr 2019 getragen haben, die mich gewiß auch durch das Jahr 2020 begleiten werden.
Dennoch war nicht alles im Jahr 2019 perfekt, habe ich nicht in einer heilen Welt gelebt. Nicht zuletzt haben verschiedene Ereignisse in unserer Welt dazu beigetragen. Auch von ganz persönlichen Nackenschlägen bin ich nicht verschont geblieben. – In diesem Jahr erkrankte ich im Frühjahr sehr schwer und es wurde mir klar, dass ich noch mehr auf mich achten sollte. Ich durfte auch dieses Jahr wieder auf dem Jakobsweg unterwegs sein und darüber täglich im Forum Wermelskirchen berichten.
Ich war bei der Gründung eines Vereins für Menschen dabei, die aufgrund ihrer sexuellen Identität zu uns geflohen sind. Menschen, die es schwer haben, als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Menschen, die meistens vor dem Verwaltungsgericht klagen müssen und so vielfach lange in Ungewissheit leben. Menschen, die leider kaum eine Anlaufstelle haben. – Umso wichtiger unser neuer Verein, der Anlaufstelle für Migranten aus fast ganz Westfalen, dem Niederrhein und großen Teilen des Bergischen Landes ist.
Mich hat der stärker werdende Nationalismus in vielen Staaten der Welt beunruhigt. Ich finde es erschreckend, dass eine Partei bei der Landtagswahl in Thüringen mit einem Spitzenkandidaten, der ein Faschist ist, fast 25 Prozent erzielen kann. Daß in Italien ein nationalkonservativer Innenminister die Aufnahme von Flüchtlingen in Seenot verweigert hat. Daß der US-Präsident letztlich fast die Welt in einen Handelskrieg gestürzt hätte. Die Kriege in der Welt, die Kriege vor unserer Haustür. Der anscheinend immer größer werdende Engpass an Medikamenten. Die schweren Waldbrände in Australien und anderswo auf der Welt, die wohl auch dem Menschen gemachten Klimawandel geschuldet sind. Und vieles mehr.
Dennoch weiß ich: ich klage auf hohem Niveau, denn ich lebe in relativem Reichtum und in einer halbwegs intakten Umwelt.
Was mich als Christ einige Tage nach dem Fest der „Unschuldigen Kinder“ wirklich traurig macht, ist die Tatsache, dass wir, die in relativem Wohlstand leben, es nicht geschafft haben, zur Weihnachtszeit einige tausend unschuldige Kinder, die sich alleine auf die Flucht begeben haben, in unser Haus „Europa“ aufzunehmen, ihnen eine realistische Lebensperspektive zu bieten und sie so aus dem Elend der Flüchtlingslager zu holen.
Ich hoffe für das Jahr 2020, dass unser Land nicht weiter in Nationalismus und Rechtsextremismus abdriftet. Daß viele Bürger aufstehen und für unsere Demokratie einstehen und diese mit Leben erfüllen. Daß wir den Mut haben, ernsthafte Schritte zu unternehmen, um dem von Menschen gemachten Klimawandel etwas entgegen zu setzen. – Auch wenn, wir hier für unsere Lebensweise ändern müssen. … Und, ich hoffe, daß mein Freund endlich seine Anerkennung als Flüchtling aufgrund seiner sexuellen Identität erhält.
Stefan das wird werden. Der Populismus wird mehr und mehr erkannt und als unbrauchbar negiert. Auch die billigen Mitschwimmer fliegen mehr und mehr auf. Das siehst Du doch hier in unserer kleinen Stadt. Hinter der Hand lacht man sie aus und winkt ab. Vielleicht finden sie ja wieder auf den gemeinsamen Weg zurück und helfen mit, an einer lebenswerten Welt zu bauen. Zu klagen findet man ja immer etwas, aber allgemeinverträgliche Lösungen finden sich genauso. Der Ton macht die Musik und wenn sich alle besinnen, dann wird die Musik vom jetzigen forte zum piano wechseln. Ich bin mir sicher.