Antisemitismus

Köln/Rheinisch-Bergischer Kreis | Der Kölner Stadt-Anzeiger (KStA) hat gestern einen offen antisemitischen Leserbrief von Wolf Dieter Bonnemann aus Bergisch Gladbach veröffentlicht, der Juden selbst die Schuld am Antisemitismus zuweist, da sie sich nicht von der Politik Israels distanzierten.

Die Redaktion des KStA hat diesen Leserbrief unkommentiert und ohne jegliche redaktionelle Einordnung veröffentlicht.

Die in Deutschland lebenden Juden für die Politik Israels verantwortlich zu machen, ist: Antisemitismus.

Die Synagogengemeinde Köln bezieht heute zu diesem Vorgang Stellung.

Kommentar (1) Schreibe einen Kommentar

    • Sebastian Patzle
    • 25.01.19, 23:56 Uhr

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    das Thema Antisemitismus beschäftigt mich seit dem neuen Aufkommen in den 2000er Jahren.
    Ich versuche, autodidaktisch, seine Ursprünge zu verstehen.
    Es kristallisiert sich da eine ca. 2000 jährige “Geschichte” des Antisemitismus, angefangen mit dem “Gottesmordvorwurf” der Antike und des Mittelalters -hier vor allem angebliche Opferungen von christlichen Kindern um aus deren Blut Matze herzustellen- oder der angeblichen Brunnenvergiftung im 14. Jhdt. n. Chr., heraus. Weiter geht das über die angebl. “Protokolle der Weisen von Zion” (nachweislich Fälschungen und teilweise Abschriften aus einem satirischen Roman, der Anfang des 20. Jhdt.’s geschrieben wurde) mit den Behauptungen, vor und während der Shoah, über das angebl. “Finanzjudentum” usw. Ich führe das nur an, um zu zeigen, dass ich davon schon so etwas wie eine Ahnung habe.
    Ich kann allerdings in dem Text des Herrn Bonnemann nicht wirklich Antisemitismus erkennen. Auch nicht, dass er den Juden die Schuld an jeglichem Antisemitismus gibt. Ich kann nachvollziehen, dass es zu emotionalen Reaktionen führt, wenn jemand einen Zusammenhang zwischen dem Vorgehen einer Staatsregierung(Israel) und den Ressentiments ihr gegenüber (und leider auch dem regierten Volk und dessen Landsmännern) sieht und öffentlich beschreibt. Allerdings schlägt Herr Bonnemann keinen Bogen zu dem Antisemitismus der Vergangenheit oder zu erwähnten antijüdischen Demonstrationen. Er schreibt vom “Aufkommen eines neuen Antisemitismus”. Das Wort “neu” ist hier wohl ziemlich wichtig. Ich glaube nicht, dass er tatsächlich den in Deutschland lebenden Juden die Schuld an Verfehlungen der israelischen Staatsführung gibt. Er versucht lediglich, vielleicht etwas salopp formuliert, eine Erklärung zu finden, wodurch dieser neue antisemitische Aufschwung befeuert werden konnte. Es geht hier nicht um eine Schuldzuweisung, sondern um das Schweigen der jüdischen Gemeinden. (Ein ähnlicher Vorwurf wurde übrigens auch den Moslems gemacht, da sie sich angeblich zu wenig und nicht öffentlich von Dschihadisten und anderen Islamisten abgrenzten.) Mit dem Thema “Israelkritik vs. Antisemitismus” betritt man einen unglaublich schmalen Grad, der eigentlich schon kein Grad mehr ist, sondern eher die Schärfe einer Rasierklinge. Ich stimme aber auch der Synagogen-Gemeinde-Köln in dem Punkt zu, dass es eines Kommentars oder ähnlichem vor Abdruck des Artikels bedurft hätte. Vielleicht kann man mir ein wenig Naivität unterstellen, aber ich weigere mich, immer nur schlechtes in Menschen zu sehen. Ein persönliches Gespräch mit Herrn Bonnemann könnte wahrscheinlich helfen, solche Missverständnisse auszuräumen. Gespräche werden im Übrigen in heutiger Zeit viel zu wenig geführt. Jenachdem, was ein solches Gespräch ergibt, würde Herr Bonnemann garantiert eine Erklärung veröffentlichen. Meiner bescheidenen Auffassung nach bedarf es einer solchen.
    Ich möchte nochmal klarstellen, dass ich kein Antisemit bin. Ich betrachte Juden nicht als andersartige Menschen oder ähnliches. Sie haben für mich die selbe Daseinsberechtigung wie jeder andere Mensch auch. Ich möchte mich auch nicht auf die Seite des Herrn Bonnemann stellen, sondern lediglich darauf hinweisen, dass nicht jede Kritik an Juden oder Israel auch gleich antisemitisch gemeint ist. Ich hoffe, ich konnte mich verständlich ausdrücken.

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