Ich stehe mittendrin und staune

VON WALTER SCHUBERT

Warum habe ich gerade (wieder einmal) das Gefühl, richtig verarscht zu werden? Der Anlass für dieses Gefühl sei hier erklärt: Von unserer Wohnung aus können wir das aktuelle Bauvorhaben der Baufirma hoch3 gut beobachten. Hinter „unserem Griechen“, dort wo früher mal ein Gewerbehof war, entsteht ein neues Haus mit Eigentumswohnungen.

Was auch sonst? Barrierefrei, für finanziell sehr gut ausgestattete Senioren oder als Kapitalanlage im „Wermelskirchener-Einheitslook“. Da es in Wermelskirchen keine Gestaltungssatzung gibt, darf jeder, der sich an die Abmessungen hält, offenbar bauen, was er will. Das ehemalige Schöpp-Gebäude, dann OBI-Schulungsgebäude, wurde abgerissen. Bei Baubeginn schauten wir uns das große Bauschild an der Remscheiderstraße an. „Hier entstehen 10 Eigentumswohnungen …“ ist dort zu lesen. Die neuen Häuser verfügen über drei Ebenen, Erdgeschoss plus zwei Stockwerke.

Der Bau wuchs, der Bauarbeiter waren richtig fleißig und so ging es schnell voran. Dann wurden wir stutzig. „Müssten die denn nicht mal aufhören? Das Haus wird ja immer größer“. Aktuell sind wir bei fünf Ebenen, Erdgeschoss plus vier Etagen, also zwei mehr als auf dem Bauhinweisschild. Stimmt das denn? Oder gibt es vielleicht für bestimmte Firmen Narrenfreiheit? Ob ein oder zwei Etagen mehr – was macht das schon.

Das Bauschild und den aktuellen Bau habe ich fotografiert und die Bilder an die Stadtverwaltung geschickt mit der Bitte um Prüfung. Gehört habe ich noch nichts, bin auch nicht sonderlich zuversichtlich. Die Antwort, wenn sie denn kommt, wird sicher lauten, dass alles in Ordnung sei, alles genehmigt und geprüft. Und dann wird sich mein ursprüngliches Gefühl wieder einstellen: Warum werde ich als Bürger dieser Stadt wieder verarscht? Ich stehe mittendrin und staune.

Kommentare (2) Schreibe einen Kommentar

    • Richard Kranz
    • 15.12.18, 15:26 Uhr

    Ich verstehe es nicht ganz, warum sich der Herr Schubert “verarscht” fühlt.

    Wegen der fehlenden Gestaltungssatzung ? Das ist erstens seit gefühlt 100 Jahren so und spiegelt zweitens die realen Machtverhältnisse im Städtchen wider; angeregt und beantragt wurde eine solche Satzung schon wer weiß wie oft. Da das aber mit dem Interesse örtlicher Bauträger wie z.B. “hoch3” unvereinbar ist, “kommt” sie nicht – der Ratsmehrheit ist das ökonomische Interesse der Bauträger wichtiger als das Ortsbild. So ist das ganz einfach : Geld regiert die Welt.

    Weil das Baustellenschild nicht das zeigt, was da tatsächlich gebaut wird ? Aber lieber Herr Schubert, haben Sie jemals eine ehrliche Reklame gesehen oder gehört ? Auch das ist doch schon seit undenklichen Zeiten bekannt, daß Werbegeschrei und (künftige) Wirklichkeit nichts mit einander zu tun haben, z.B. das Tabaksucht das exakte Gegenteil von Freiheit ist und abenteuerlich allein der Umgang mit der eigenen Gesundheit.

    Verarscht fühlen würde ich mich, wenn dieses Baustellenschild mit einer hübschen, spärlich bekleideten jungen Dame für diese SeniorInnenwohnungen werben würde. Aber so ? Ganz normale Alltagsmärchen!

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    • Walter Schubert
    • 15.12.18, 17:31 Uhr

    Hallo Herr Kranz,
    vielleicht war meine Wortwahl “verarscht” nicht gut gewählt. Aber veralbert und veräppelt fühle ich mich schon. Und unsere Ansichten sind ja auch nicht weit voneinander entfernt. Manchmal fällt es einem eben schwer zu akzeptieren, dass Geld die Welt regiert und die verantwortlichen Personen nicht im Sinne der Bürger handeln. Ein Bauschild sehe ich nicht als Werbung sondern als Information. Und da dieses Schild eben nicht die Wahrheit sagt, werde ich als Bürger ganz bewußt falsch informiert.

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