Remscheid: Thema „Steuerbetrug“ brachte SPD-Senioren volles Haus

Die Pressemitteilung der Remscheider SPD entnehmen wir dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid

Komplett voll war am Freitagabend die Stadtbibliothek Remscheid. Mit Anne Brorhilker, ehemalige Oberstaatsanwältin in Köln, bekannteste CumEx-Ermittlerin, und Norbert Walter-Borjans, ehemaliger NRW-Minister und SPD-Parteivorsitzender, hatte die SPD AG 60 plus zwei kompetente Referenten zu Gast. Das von Corinna Schlechtriem moderierte Thema: „Achtung Steuerraub, milliardenschwere Steuerhinterziehung durch Cum-Cum und Cum-Ex Aktien-Geschäfte“. Und dabei ist ein Ende noch nicht abzusehen

Die Zahlen sind beeindruckend: Allein 1.700 Beschuldigte, so Anne Brorhilker, seien seitens der Justiz seit 2013 vernommen worden. Ermittelt habe man gemeinsam mit Steuerfahndern in 14 Ländern und bisher 135 Verfahren eingeleitet. Geschätzter Steuerschaden für den deutschen Staat: rund zehn Milliarden durch Cum-EX und 28,5 Milliarden durch Cum-Cum Geschäfte. Das Dunkelfeld sei jedoch wesentlich höher zu bewerten, so Brorhilker.

CumCum und CumEx sind hoch lukrative Aktiengeschäfte bei Großbanken, Investment- oder Fondsgesellschaften. Dabei werden Aktien oder ähnliche Finanzprodukte um den Dividendenstichtag gehandelt mit einem einzigen Ziel: Steuergelder, d.h. Kapitalertragssteuer abzugreifen. Deutschland sei bei diesen Geschäften besonders beliebt, sagte Brorhilker. Durch das Verschieben der Aktien an unterschiedliche Käufer könnten sich diese mehrfach bei den Finanzbehörden die Steuer zurückerstatten lassen, da die Finanzämter untereinander nicht vernetzt seien. Diese Milliarden, gezahlt von vielen ehrlichen Steuerzahlern, werden dem Gemeinwesen, dem Staat, den klammen Kommunen aus reiner Gier entzogen, so der ehemalige NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Auf seine Initiative – mit dem Kauf der sogenannten Steuer-CD (2012) durch das Land NRW – konnte der Staat Milliarden an Steuergeldern zurückfordern. Leider sei die Aufmerksamkeit in Deutschland zum Thema “Steuerhinterziehung” sehr gering, betonten beide. Zu kompliziert, zu viele strukturelle Probleme, zu wenig spezialisiertes Personal in den unterschiedlichen Aufklärungsbehörden, schlechte Vernetzung sowohl deutschland- als auch europaweit, dies bedürfe dringend einer Veränderung auf politischer Ebene. Noch hinkten Regierung und Behörden den steuergetriebenen, illegalen Geschäften immer einen Schritt hinterher. Gewollt? Der Steuerraub ist keineswegs gestoppt, er läuft munter weiter.

Seit sie ihre Tätigkeit bei der Kölner Staatsanwaltschaft aufgegeben hat, arbeitet Anne Brorhilker als Geschäftsführerin beim Verein „Finanzwende“ mit Norbert Walter-Borjans als ehrenamtlichem Vorstand. Gemeinsam wollen sie (und viele andere engagierte Fachleute) aufklären und bei der Politik Druck machen. Für alle Anwesenden ein absolut spannender Abend, der zwischen entsetzter Stille ob so viel krimineller Energie und vielem Zwischenapplaus, der dank vieler aufklärender Informationen mit einer gemeinsamen Spende von rund 1.100 Euro für den Verein „Finanzwende“ zu Ende ging.

Beitragsfoto © Thomas E. Wunsch

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