Den Beitrag entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung dem Bürgerportal Bergisch Gladbach
Die Herbstumfrage der IHK Köln zeichnet ein dunkles Bild: Die Unternehmen der Region schätzen ihre Lage deutlich schlechter als noch im Frühjahr ein. Viele wollen Investitionen und Beschäftigung zurückfahren. Auch in Rhein-Berg bezeichnet jede dritte Firma ihre Lage als schlecht. Für IHK-Geschäftsstellenleiter Jörg Hausmann ist „die Deindustrialisierung längst im Gange“.
Der Blick der Unternehmen im Rheinisch-Bergischen Kreis auf ihre eigene Geschäftslage hat sich seit dem Frühjahr grundsätzlich verschlechtert, das Gesamtbild ist aber nicht ganz einheitlich.
Zwar bezeichnen inzwischen 34 Prozent der Teilnehmer der Konjunkturumfrage ihre Lage als „schlecht“, im Frühjahr waren es nur 19 Prozent. Allerdings hat sich auch der Anteil derjenigen erhöht, die eine „gute“ Lage konstatieren, von 16 auf 21 Prozent.
Die Konsequenzen sind dagegen eindeutig: 34 Prozent der Unternehmen wollen ihre Investitionen zurückfahren, nur 18 ausbauen. Bei den Beschäftigten planen nur 5 Prozent einen Aufbau, 29 Prozent wollen reduzieren.
Laut IHK sehen die Unternehmen als Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung an erster Stelle die schwache Inlandsnachfrage (60 Prozent), gefolgt von hohen Arbeitskosten (49 Prozent) und den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (47 Prozent).
„Die Deindustrialisierung ist längst im Gang“
Nach Einschätzung von Jörg Hausmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Leverkusen/Rhein-Berg, geraten die Unternehmen am Wirtschaftsstandort Köln ebenso wie in ganz Deutschland im internationalen Wettbewerb immer mehr ins Hintertreffen.
Die Folgen seien gravierend: „Die Bedingungen für die Industrie sind inzwischen so schlecht, dass immer mehr Unternehmen abwandern. Die Deindustrialisierung ist längst im Gang,“ sagt Hausmann.
Insgesamt hatten sich im gesamten Kammerbezirk 677 Unternehmen an der Herbstumfrage beteiligt. Nur ein kleiner Teil davon stammt aus Rhein-Berg, das könnte die Unschärfe der Ergebnisse für den Rheinisch-Bergischen Kreis erklären.
Geschäftslage im Kammerbezirk erstmals wieder negativ
Aussagekräftiger sind die Daten für den gesamten Kammerbezirk. Hier ist der Konjunkturklima-Indikator, der die Gesamtstimmung in der Wirtschaft ausdrückt, um sieben auf 88 Punkte gesunken. Schlechter war er nur während des Corona-Schocks 2020. Der langjährige Durchschnitt liegt bei 108 Punkten.
Die Geschäftslage fällt um mehr als acht Punkte und liegt im Kammerbezirk Köln erstmals seit Corona wieder im negativen Bereich. Eine Entwicklung, die in Rhein-Berg schon vor einem Jahr verzeichnet worden war.
Auch im Kammerbezirk haben sich die Erwartungen (auf niedrigem Niveau) verbessert: 20 Prozent (und damit so viele wie in Rhein-Berg) gehen von einer Verbesserung aus, im Frühjahr waren es 11 Prozent. Der Anteil der Unternehmen, die eine ungünstigere Entwicklung für die nächsten zwölf Monate annehmen, hat sich mit 27 Prozent (Vorumfrage 25) kaum verändert.
Dennoch hat sich der Beschäftigungsindikator zum vierten Mal in Folge verschlechtert. Mit 26 Prozent wollen erneut mehr Unternehmen Personal abbauen als andere aufbauen wollen (14 Prozent). In der Folge stieg zuletzt trotz Arbeits- und Fachkräftemangel die Arbeitslosenquote im IHK-Bezirk auf zuletzt 7,5 Prozent an.
Industrie und Handel stark betroffen
Nach Einschätzung der IHK ist die Krise zwar vor allem eine der Industrie. Aber auch der stationäre Handel sei betroffen; er leide unter dem Online-Handel und der schwachen Inlandsnachfrage.
Als Ursachen der allgemeinen Misere zählt die IHK auf: bürokratische Fesseln, hohe Energiekosten, Fachkräftemangel, marode Infrastruktur, stark gestiegene Arbeitskosten, und vor allem „die industriefeindlich wahrgenommene Wirtschaftspolitik“.
„Um aus dieser Krise zu kommen, brauchen wir wieder eine verlässliche Wirtschaftspolitik, die attraktive Rahmenbedingungen schafft und Vertrauen aufbaut, und keine, die die Unternehmen zusätzlich belastet, sagt Geschäftsstellenleiter Hausmann.
Gegen differenzierte Hebesätze bei der Grundsteuer
Das gelte auch für die Kommunen: Differenzierte und damit höhere Hebesätze bei der Grundsteuer für Gewerbegrundstücke seien eine solche zusätzliche Belastung, „die mit der aktuellen Wirtschaftslage absolut unverträglich ist und so nicht kommen darf,“ betont Hausmann.
Eine Forderung, die die Stadt Bergisch Gladbach – wenn auch aus anderen Gründen – erfüllen will. Im Gegensatz zu Haus & Grund und CDU lehnt Kämmerer Thore Eggert eine Differenzierung mit Verweis auf rechtliche Risiken und technische Umsetzungsprobleme ab. Die Entscheidung trifft der Stadtrat jedoch erst im Dezember.
Finanzlage vieler Betriebe verschärft sich
Bereits jetzt sprechen laut IHK 47 Prozent der Unternehmen von Problemen bei ihrer Finanzierung, insgesamt habe jedes fünfte Unternehmen mit Liquiditätsengpässen und dem Verzehr von Eigenkapital zu kämpfen.
„Ein Anstieg der Insolvenzen im IHK-Bezirk Köln um 20 Prozent im ersten Halbjahr zeigt, dass die Krise inzwischen immer mehr Existenzen bedroht“, analysiert Hausmann. Es sei zu befürchten, dass die Insolvenzzahlen weiter steigen.