Eintauchen in 300 Jahre Alltag im Bergischen

Wie haben Menschen des 17. Jahrhunderts im Bergischen geschrieben – und worüber? Wer dieser Frage bislang auf den Grund gehen wollte, musste der lateinischen Sprache mächtig sein, in der sich gebildete, sprich Lese- und Schreibfähige, über Jahrhunderte hinweg austauschten. So wie die Forschenden der sogenannten „Altphilologie“ an der Bergischen Universität Wuppertal. Jetzt veröffentlichen sie ein Buch mit regionalen lateinischen Texten aus dem Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert und ihren Übersetzungen. „Montes Latini“, Lateinisches aus dem Bergischen Land: eine Fundgrube – nicht nur für Forschende, sondern auch für Geschichtsbegeisterte!

„Du spielst Karten? Leidenschaftlich? Oh Zeiten, oh Sitten! (…) Sie sind zum Teufel hin!“, frotzelt 1839 Friedrich Engels in einem Brief an seinen Freund in Berlin – und das ursprünglich auf Latein. Keine Überraschung für den Klassischen Altphilologen an der Bergischen Universität Wuppertal, Prof. Dr Stefan Freund, gemeinsam mit Anna Stöcker Herausgebende des gerade erschienenen Buches „Montes Latini“ – eines zweisprachigen Streifzugs durch das Bergische, Geschichte, Literatur und Kultur vom Mittelalter bis Friedrich Engels.

„Für ihn und seine Zeitgenossen sind die griechisch-römische Antike und deren Sprachen ebenso wie biblische Motive Teil ihrer Lebenswelt und Formulierungen“, erläutert Freund. Dasselbe gelte auch für deutlich frühere Autor:innen, in deren Texten, Gedichten und Inschriften außerdem oft politische und auch tief religiös motivierte Inhalte miteinflössen. 

Neben Reformation, dem Dreißigjährigen Krieg und vielen anderen teils regionalen, teils europäisch bedeutsamen Ereignissen, gewähren manche Beiträge aber auch ganz private Einblicke in das Leben der Menschen. So etwa die „Historische Darstellung des Caspar(us) Sibel(ius) über seinen ganzen Lebenslauf und seine Pilgerschaft“, eines 1590 bei Elberfeld geborenen, bedeutenden reformierten Theologen. 

Übersetzungen von Briefen, Grab- Weihe-, Kloster- und Kircheninschriften aus der Region runden die Darstellung ab und ordnen diese historisch ein. Interessierte sollten also etwas Zeit mitbringen, um sich einzulesen und sich auf die im Vergleich zu heute oft fremd anmutenden, weitschweifenden Sätze einer anderen Zeit einzulassen. Viel Hilfe und Hintergrundwissen bieten dabei die umfassend recherchierten Einführungen und Anmerkungen der Herausgeberinnen. Das Buch ist mit 574 Seiten im Polyphem Verlag erschienen und kostet 49,99 Euro.

www.polyphem-verlag.de

Beitragsfoto: Die Herausgeber:innen des Buches: Anna Stöcker und Stefan Freund © Friederike von Heyden

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