DER MALER DER TAUSEND GESICHTER
Sonntag, 24. März 2024, 16:45 Uhr auf ARTE
„Im Gesicht offenbart sich das Universum“, schreibt der berühmte Maler des Expressionismus Alexej von Jawlensky (1864–1941). Weit über 1000 Gesichter und Figurenbilder hat er gemalt – ein einzigartiges Phänomen in der Kunst der Moderne.
In Russland geboren und aufgewachsen, zieht es Jawlensky Ende des 19. Jahrhunderts nach München, wo er eng mit Wassily Kandinsky, Marianne von Werefkin und Gabriele Münter zusammenarbeitet. Drei Sommer (1908–1910) verbringen sie gemeinsam im kleinen Städtchen Murnau am Staffelsee, wo sie zu ihren ganz eigenen expressionistischen Stilen finden. Der Film erkundet die Zeit des Aufbruchs und der künstlerischen Neuorientierung im Umfeld des „Blauen Reiter“.
Jawlenskys frühe, in leuchtenden Farben gemalten Köpfe bringen ihm schnell den Namen „russischer Fauve“ ein. In diesen expressiven „Vorkriegsköpfen“ wird die Welt noch intensiv mit weit geöffneten Augen wahrgenommen – wie in den Porträts des berühmten Tänzers Alexander Sacharoff. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs siedelt Jawlensky in die Schweiz über, wo er 1918 seine Werkserie “Abstrakte Köpfe” mit jetzt verschlossenen Augen beginnt. In Wiesbaden, wo er ab 1921 lebt, entsteht seine späte Serie der „Meditationen“, bei denen nur noch die Augen-, Nasen- und Mundlinie auf das Gesicht verweisen. Dieses innere Schauen ist das letzte große Thema für Jawlensky, dessen durch eine chronische Arthritis verursachte Lähmung ihn immer stärker körperlich einschränkt. Nur noch unter starken Schmerzen kann er die „Meditationen“ malen. Diese letzten Gesichter zeigen ein tief verinnerlichtes, religiöses Menschenbild.