Die Pressemitteilung des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ entnehmen wir dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid
Die finanzschwachen Städte und Gemeinden haben viel geleistet, um Schulden abzubauen. Weil ihnen das Land und der Bund aber nicht ausreichend helfen, kämpfen sie mit neuen Haushaltslöchern und Krediten. Das ist umso bitterer, als es gleich eine Hand voller Wege gibt, die Probleme zu lösen.
Einen städtischen Etat zu planen hat sich gravierend verändert. In den vergangenen Jahren konnten viele Kämmerinnen und Kämmerer in NRW so gut haushalten, dass sie einen Teil ihrer Schulden abtrugen und etwas mehr investierten. Seit 2023 und für die folgenden Jahre sieht es hingegen düster aus: Die Kosten für die laufenden Ausgaben steigen deutlich, deshalb wachsen die Defizite. Eine der Folgen: Investitionen in Schulen und Straßen, Klimaschutz und Digitalisierung können wieder nicht erfolgen. Die Kommunen geraten in eine Finanzkrise. Nach Wahrnehmung des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ haben die NRW-Landes- und die Bundesregierung das Problem in seiner Dimension bisher nicht erkannt. Passende Prioritäten sind in Düsseldorf und Berlin nicht auszumachen – weder in Form einer fairen Finanzverteilung noch bei der Übernahme der Verantwortung für die Altschulden. Das Aktionsbündnis „Für die Würde unsere Städte“ hat deshalb fünf Lösungen für die kommunale Finanzkrise in NRW entwickelt:
- Altschuldenregelung
- Halbierung der zweckgebundenen Fördermittel zugunsten pauschaler Mittel
- Infrastruktur- und Instandsetzungsfonds
- Erhöhung der Verbundquote
- Übernahme eines höheren Anteils an den Soziallasten
Die Vorschläge im Detail
- Altschuldenregelung: Nordrhein-Westfalen ist das einzige Bundesland, das bisher keine Lösung für die Kommunen gefunden hat, die weitgehend unverschuldet finanzschwach geworden sind. Positive Beispiele gibt es unter anderem in Hessen und im Saarland. Die jetzige Landesregierung hat eine Altschuldenregelung im Koalitionsvertrag festgehalten. Ihr erster Vorschlag im Sommer 2023 wurde aber von allen Sachverständigen und dem Bundesfinanzminister als unzureichend kritisiert. Der Ansatz enthielt keinen substanziellen finanziellen Beitrag des Landes zur Lösung. Ein solcher Anteil ist eine zentrale Voraussetzung für die Beteiligung des Bundes. Er muss deshalb im nächsten Vorschlag enthalten sein. Anschließend muss auch die Ampel ihre Zusage aus dem Koalitionsvertrag einhalten.
- Reform der Förderpolitik: Der Bericht der Transparenzkommission hat gezeigt, dass die Verteilung von Fördermitteln dringend reformiert werden muss. Es gibt zu viele Programme, und der bürokratische Aufwand ist so hoch, dass die Effizienz mindestens zweifelhaft erscheint. Für die finanzschwachen Städte und Gemeinden ist die Situation zusätzlich erschwert: weil sie nicht die personellen Kapazitäten für die umfangreichen Anträge haben, weil sie kein Geld für den Eigenanteil haben und weil sie die personellen Folgekosten nach einem Förderprogramm nicht tragen können. Deshalb fordert „Für die Würde unserer Städte“ pauschal eine Halbierung der zweckgebundenen Fördermittel des Landes zugunsten einer kommunalen Investitionspauschale. Das wäre ein wichtiges Zeichen des Vertrauens in die kommunale Ebene und ein starkes Signal für den Bürokratieabbau. In Zeiten des Fachkräftemangels muss hochqualifiziertes Personal für andere Aufgaben eingesetzt werden.
- Infrastruktur- und Instandsetzungsfonds: Die finanzschwachen Kommunen haben viele Sanierungen und Investitionen in Straßen und Gebäude aufgeschoben. So gelingt zwar der Haushaltsausgleich. Die Schäden aber tragen alle: Schüler in kaputten Schulen, Pendler und Handwerker auf kaputten Straßen und Brücken. Ein „Weiter so“ würde den nachfolgenden Generationen die Folgen einer kaputten Infrastruktur hinterlassen. Je früher dieser Trend umgekehrt wird, desto geringer sind die Kosten. Deshalb braucht es jetzt einen Fonds, der über 10 bis 15 Jahre die kommunale Investitionstätigkeit anhebt und verstetigt. Mit dieser Forderung stehen die Kommunen nicht allein. So sieht etwa Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, den Bedarf für einen schuldenfinanzierten Infrastrukturfonds.
- Erhöhung der Verbundquote: Nordrhein-Westfalen hat die sogenannte Verbundquote in den 1980er Jahren von 28,5 auf 23 Prozent abgesenkt. Deshalb beteiligt es die Kommunen deutlich geringer am Landessteuer-Aufkommen. Diese Entwicklung muss nun dringend umgekehrt werden – mit regelmäßigen Schritten von jeweils einem Prozentpunkt. Damit können dann der Nachholbedarf bei Instandhaltungen und Investitionen in die Infrastruktur, die steigenden Ausgaben für laufenden Aufgaben sowie die Zukunftsthemen Klimaschutz und Digitalisierung finanziert werden.
- Übernahme eines höheren Anteils an den Soziallasten: In allen Kommunen steigen die Kosten für Sozial- und Jugendhilfeleistungen. Die finanzschwachen Städte und Gemeinden sind dabei aufgrund der sozialen Lasten überdurchschnittlich betroffen. Da diese Aufgaben von Land und Bund an die Kommunen delegiert wurden, müssen beide ihrer Verantwortung mit einem höheren Anteil an den Soziallasten gerecht werden. Insbesondere die Beteiligung an den Kosten der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung muss dringend erhöht und der seit 2018 bestehende Festbetrag von bundesweit fünf Milliarden Euro an die Entwicklung angepasst und für die Zukunft dynamisiert werden.
Beitragsfoto: Eine Delegation des Aktionsbündnisses “Für die Würde unserer Städte” traf Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag in Berlin