So stehen die Bundestagskandidaten zu Migration und Brandmauer

Die Statements des nachfolgenden Beitrags sind Bestandteil eines größeren Artikels des Bürgerportal Bergisch Gladbach. Wir veröffentlichen hier die Antworten der Bundestagskandidaten im Rheinisch-Bergischen Kreis.

Wie positionieren sich die Politiker:innen aus Rhein-Berg im heftigen Streit zwischen CDU und FDP sowie SPD und Grünen über die Begrenzung der Migration sowie zur AfD? Wir haben sie in Bund, Land und Stadt gefragt – und dokumentieren die zum Teil sehr deutlichen Antworten.

Die Debatten im Bundestag am Mittwoch und an diesem Freitag über Entschließungsanträge und ein Gesetz zur Begrenzung der Migration sowie zur Haltung gegenüber der AfD zeigen einen tiefen Riss der demokratische Mitte des Landes. Wir haben Mandatsträger und Bewerber:innen für wichtige politische Ämter in Stadt, Land und Bund gefragt, wo sie stehen – und dokumentieren ihre Antworten.

Dabei bestätigen sich die deutlichen Unterschieden zwischen den Lagern, bis hinunter auf die kommunale Ebene. Auch in der Frage, ob Mehrheiten mit der AfD im Stadtrat möglich sind.

Inhaltsverzeichnis:

  • Hermann-Josef Tebroke, MdB der CDU
  • Maik Außendorf, MdB der Grünen
  • Christian Lindner, MdB der FDP
  • Hinrich Schipper, Kandidat der SPD für den Bundestag
  • Caroline Bosbach, Kandidatin der CDU für den Bundestag
  • Alexander Becker, Kandidat Volt für den Bundestag

Alle Angesprochenen haben ähnliche Frage erhalten; einige beantworten sie einzeln, andere antworten in einem Rutsch. Die Antworten weiterer Politiker:innen stehen noch aus.

© Thomas Merkenich

Hermann-Josef Tebroke
Mitglied des Bundestags, CDU. Tritt bei der Wahl am 23.2. nicht erneut an

Sind die Maßnahmen, die in den Entschließungsanträgen sowie im Zustrombegrenzungsgesetz genannt werden, notwendig, rechtlich möglich, umsetzbar und effektiv?
Die Maßnahmen sind rechtlich möglich. Die im Zustrombegrenzungsgesetz vorgesehenen Regelungen waren bereits Gesetz. Sie wären ein erster wichtiger Schritt und notwendig als Signal einer Politik, die endlich glaubwürdig die Probleme der Fluchtmigration angeht.

Welches konkretes Ziel kann mit einer Umsetzung dieser Maßnahmen erreicht werden?
Sie sollen zeigen, dass der Betroffenheit und Analyse offensichtlicher Überforderung konkrete Schlussfolgerungen zu mehr Ordnung in der Asylpolitik folgen. Die gezielte Begrenzung von illegaler Fluchtmigration schafft Entlastung überforderter Kapazitäten und mehr Möglichkeiten für nachgewiesen bedürftige Schutzberechtigte. 

Haben Sie Vorbehalte bei diesen Maßnahmen?
Die Maßnahmen zielen auf die Begrenzung illegaler Migration. Menschen mit Migrationshintergrund, die sich in unserem Land engagieren, sind willkommen. Das darf nie in Frage gestellt werden. 

Wie definieren Sie vor dem Hintergrund der Ereignisse dieser Woche die „Brandmauer gegen die AfD“?
Wichtig: Wir wollen als Union nicht nur die „Brandmauer sichern“, sondern vor allem das „Feuer dahinter löschen“. Und das resultiert aus Unzufriedenheit von Wählern und aus Unzulänglichkeiten in der Politik. Demokratie gerät in Gefahr, wo sie nicht liefert, weil Parteien Probleme nicht benennen oder nicht entscheiden können/wollen.

Sehen Sie Raum für Kompromisse mit SPD und Grünen?
Nicht mehr. In den letzten Monaten hat es zahlreiche und intensive Gespräche gegeben. Zuletzt hat sich die FDP heute um Kompromisse bemüht; Grüne und SPD waren dazu nicht bereit.

War es richtig, diese Maßnahmen im Bundestag zur Abstimmung zu stellen, auch wenn klar war, dass eine Mehrheit nur mit der AfD zu erreichen ist?
Im Vordergrund stand die Sachentscheidung. Bei der Abstimmung über die unverbindlicheren Anträge am Montag war nicht klar, dass sich die Mitglieder der Grünen und der SPD sämtlich nicht anschließen würden.

Sind Sie grundsätzlich damit einverstanden, dass die Union im Bundestag auch in Zukunft Anträge einbringt, die nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit erhalten können?
Die Frage stellt sich nicht. Die Union wird auch in Zukunft mit der AfD weder kooperieren und auch nicht koalieren. Problematisch ist, wenn andere Fraktionen in der Mitte des Parlamentes Kompromisse einzugeben, nicht bereit sind.

© Thomas Merkenich

Maik Außendorf
Mitglied des Bundestags, Grüne. Tritt am 23.2. erneut an

Sind die Maßnahmen, die in den Entschließungsanträgen sowie im Zustrombegrenzungsgesetz genannt werden, notwendig, rechtlich möglich, umsetzbar und effektiv?
Das Gesetz enthält ausschließlich Maßnahmen, die gegen Migration gerichtet sind. Sie lenken die notwendige Debatte über Maßnahmen, die die Sicherheit im Land erhöhen, weg von den eigentlichen Fragen, hin zu Migration. Es wird damit der Eindruck erweckt, allein Migration sei die Ursache für Gewalt.

Vor allem der Familiennachzug gilt als Integrations-fördernd, vor allem Kinder und Frauen fallen unter diese Nachzugsregeln. Ich kann nicht nachvollziehen, wie das gegen Gewalt helfen sollte. 

Wir haben heute vorgeschlagen, den Gesetzentwurf zurück in den Innenausschuss zu überweisen, dort hätten dann die Fachpolitiker:innen über Details und mögliche Kompromisse verhandeln können.

Es gab im letzten Jahr auch Messerattacken in Recklinghausen, Moers, Siegen. Allesamt begangen von Deutschen ohne Migrationshintergrund. Gegen diese Fälle von Gewalt helfen Gesetze gegen Migration gar nichts. Jede Form von Gewalt gegen Menschen muss unterbunden werden.

Gewalt tritt in vielfältigen Konstellationen auf. Eine möchte ich hier exemplarisch herausstellen: fast jeden Tag gibt es in Deutschland einen Mord an Frauen (Femizid), meist im häuslichen Umfeld. Die Täter finden sich in allen gesellschaftlichen Schichten und Herkunftsnationalitäten. Wir müssen als Staat gegen alle Formen von Gewalt besser vorgehen. 

Bei welchen dieser Maßnahmen könnten Sie mitgehen?
Siehe oben, das wäre im Zuge von Detail-Verhandlungen zu klären gewesen, leider haben CDU/CSU + FDP + AfD gemeinsam die Rücküberweisung in den Ausschuss abgelehnt.

Was schlagen Sie / Ihre Partei alternativ vor?
Wir haben bereits im letzten Sommer ein umfangreiches Sicherheits-Paket vorgelegt und uns auf europäischer Ebene für ein Gemeinsames Europäisches Asyl System (kurz GEAS) eingesetzt. Erstmals wurde so europäisch ein Verteilmechanismus vereinbart. Leider haben Unions-geführte Länder dieses Gesetz im Bundesrat blockiert.

Weiterhin gibt es über 170.000 Haftbefehle in Deutschland, davon über 14.000 wegen Gewaltdelikten, die nicht vollstreckt werden. Hier gibt es ein eklatantes Vollzugsproblem und nicht hinnehmbares Sicherheitsrisiko. Außerdem müssen wir die Kapazitäten und Prozesse zur Betreuung von gewaltbereiten Menschen mit psychischen Erkrankungen verbessern.

Sehen Sie Raum für Kompromisse mit CDU und FDP?
Ja, die wären dann durch die Fachpolitiker:innen auszuhandeln. Am Ende müssen es Lösungen sein, die wirklich helfen, rechtskonform sind und Europa nicht zerstören.

Was bedeutet es, dass die CDU diese Maßnahmen im Bundestag zur Abstimmung gestellt hat, auch wenn klar war, dass eine Mehrheit nur mit der AfD zu erreichen ist?
Das bedeutet zunächst: Friedrich Merz hat sein Wort vom 13.11.2024 gebrochen. Damals hat er wörtlich im Deutschen Bundestag erklärt, genau dies nicht zu tun, sondern nur Anträge zur Abstimmung zu stellen, für die vorher eine demokratische Mehrheit vereinbart wurde. Dass ein Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat der Union sein Wort so eklatant bricht ist einmalig. Damit sind seine Erklärungen zur AfD nicht einschätzbar. Welches Wort bricht er womöglich als nächstes?

Friedrich Merz hat damit erstmals einer rechtsextremen Partei seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht, eine Macht-Option auszuüben.

Gibt es darüber hinaus Aspekte zu diesem Themenkomplex, die Sie gerne noch erläutern möchten?
Am Mittwoch hat die Union das erste Mal mit der FDP und AfD gemeinsam einen Antrag durchgestimmt. Darin ging es um dauerhafte Grenzkontrollen und Zurückweisung von Geflüchteten an den Grenzen. Beides ist rechtswidrig und schadet dem Ansehen von Deutschland in Europa und der Welt massiv. Dazu habe ich noch am Mittwoch Abend im Deutschen Bundestag gesprochen. Die ganze Rede gibt es in der Mediathek des Deutschen Bundestages.

Foto: Thomas Merkenich

Christian Lindner
Bundesvorsitzender der FDP und Bundestagsabgeordneter der Liberalen

„Kontrolle und Begrenzung der Einwanderung nach Deutschland muss ein Anliegen der politischen Mitte sein, wir dürfen das nicht Rändern überlassen. Wenn die Demokratie hier nicht liefert, suchen sich die Menschen im Zweifel eine autoritäre Alternative zur Demokratie.

Leider haben SPD und Grüne heute unser Kompromissangebot im Deutschen Bundestag ausgeschlagen und haben so zu verantworten, dass es keine Mehrheit für die Migrationswende in der politischen Mitte gibt. Grüne und SPD wollen offensichtlich lieber mit der Angst vor der AfD Wahlkampf machen, anstatt an einer Lösung mitzuwirken.

Für die FDP gilt immer: Wir entscheiden nach der Sache. Deswegen haben wir dem Gesetz heute auch zugestimmt, die geforderten Maßnahmen sind richtig. Ein neuer Bundestag hat die vordringlichste Aufgabe, aus der politischen Mitte endlich für mehr Kontrolle und Steuerung in der Einwanderungspolitik zu sorgen.“

Foto: Thomas Merkenich

Hinrich Schipper
Kandidat der SPD für die Bundestagswahl

Sind die Maßnahmen, die in den Entschließungsanträgen sowie im Zustrombegrenzungsgesetz genannt werden, notwendig, rechtlich möglich, umsetzbar und effektiv?
Viele der von der CDU/CSU geforderten Maßnahmen sind populistisch motiviert und rechtlich fragwürdig. Pauschale Zurückweisungen an den Grenzen verstoßen gegen das EU-Recht und die Genfer Flüchtlingskonvention. Jeder Mensch hat das Recht auf eine individuelle Prüfung seines Asylgesuchs. Nationale Alleingänge an den Grenzen würden das europäische Asylsystem weiter destabilisieren und Chaos verursachen.

Das Migrationsproblem lässt sich nicht durch nationale Symbolpolitik lösen. Kein Land in Europa kann Migration allein steuern. Eine langfristig tragfähige Lösung braucht ein gemeinsames, funktionierendes europäisches Asylsystem, das Schutzsuchende gerecht auf die EU-Staaten verteilt. CDU und CSU haben gegen das deutsche Umsetzungsgesetz zum Gemeinsamen Europäische Asylsystem (GEAS) gestimmt. Eine rein deutsche Lösung wird nicht effektiv sein!

Bei welchen dieser Maßnahmen könnten Sie mitgehen?
Die SPD steht für eine klare und geregelte Migrationspolitik, die legale Wege stärkt – rechtsstaatlich und europäisch abgestimmt.

Beschleunigte Asylverfahren sind sinnvoll, um schneller zu entscheiden, wer bleiben darf und wer nicht. Mehr EU-weite Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern müssen geschlossen werden, um Abschiebungen praktikabler zu machen. Die Sicherung der EU-Außengrenzen muss verbessert werden, damit Migration geordnet abläuft – aber mit menschenwürdigen Standards. Was nicht geht: Alle Lösungen, die EU- und Völkerrecht ignorieren oder nur auf nationale Alleingänge setzen.

Was schlagen Sie / Ihre Partei alternativ vor?
CDU und CSU haben in den vergangenen Wochen unter anderem ein Sicherheitspaket mit mehr Befugnissen für die Behörden und eine Reform des Bundespolizeigesetzes blockiert. 

Deshalb setzt die SPD auf: 

  • Ein funktionierendes EU-Asylsystem, das vor kurzem von Bundeskanzler Olaf Scholz auf EU-Ebene verhandelt und beschlossen wurde: Eine faire Verteilung von Geflüchteten auf alle Mitgliedsstaaten, damit nicht nur einzelne Länder die Hauptlast tragen.
  • Sichere und legale Einwanderungswege: Klare Regeln für Arbeitsmigration, damit sich weniger Menschen auf gefährliche illegale Wege begeben müssen.
  • Mehr Rückführungsabkommen mit Drittstaaten: Wer nicht bleiben darf, muss zurückgeführt werdenkönnen – aber nur mit rechtsstaatlichen Mitteln.
  • Stärkere Kontrollen der EU-Außengrenzen: Schutz und Registrierung müssen dort erfolgen, nicht erst an den deutschen Grenzen.

Was wir definitiv nicht tun: Auf Populismus setzen und europäisches Recht ignorieren. Deutschland kann Migration nicht allein steuern, – das geht nur in Zusammenarbeit mit unseren EU-Partnern. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen würden den Schengen-Raum zerstören und wären darüber hinaus Gift für die Wirtschaft!

Sehen Sie Raum für Kompromisse mit CDU und FDP?
Ich hoffe es, mache mir hier aber große Sorgen. Es ist Herr Merz, der verkündet hat, bei diesem Thema seien keine Kompromisse mehr möglich. Im Parlamentarismus ist aber der Kompromiss der Kitt, der das politische System zusammenhält. 

Ja, wir sind natürlich immer zu Kompromissen mit allen demokratischen Parteien bereit, aber nur dort, wo Maßnahmen umsetzbar, rechtsstaatlich und mit europäischem Recht vereinbar sind. Eine Einigung ist möglich, wenn es um schnellere Asylverfahren, stärkere EU-Rückführungsabkommen oder Arbeitsmigration geht. 

Was bedeutet es, dass die CDU diese Maßnahmen im Bundestag zur Abstimmung gestellt hat, auch wenn klar war, dass eine Mehrheit nur mit der AfD zu erreichen ist?
Das ist ein wirklicher Tabubruch und ein beispielloser Vorgang in der Geschichte unseres Landes. Die CDU wusste, dass ihre Anträge nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit haben würden – und hat es trotzdem darauf angelegt. Merz hat die Zustimmung einer in weiten Teilen rechtsradikalen Partei benutzt, um die Parteien der demokratischen Mitte zu erpressen. 

Das ist eine bewusste Normalisierung der AfD, keine taktische Panne. Es ist ein unverantwortliches Spielen mit der Demokratie und ein Angriff auf den demokratischen Grundkonsens der Bundesrepublik. 

Das zeigt: Die CDU ist bereit, mit Rechtsextremen gemeinsame Sache zu machen, wenn es ihr politisch nützt. Das ist unverantwortlich. Und das werden wir nicht hinnehmen. Herr Merz hat gezeigt, dass er nicht die Größe hat, Bundeskanzler zu werden!

Gibt es darüber hinaus Aspekte zu diesem Themenkomplex, die Sie gerne noch erläutern möchten?
Ja! Wie viele Bürgerinnen und Bürger bin ich sehr besorgt und alarmiert. Das Handeln demokratischer, verantwortlicher Kräfte unterscheidet sich von dem von Populisten darin, dass sie auch in aufgeheizten, emotionalen Zeiten, auch im Angesicht schrecklicher akuter Ereignisse an Werten orientierte Politik anbieten müssen.

Vernunft, Verstand und Rechtsstaatlichkeit müssen immer Maßstab demokratischer Politik sein, nicht Emotionen und aktionistische Impulse. Auch wenn das manchmal viel von uns allen abverlangt, das ist unsere Verantwortung. Ich fordere CDU/CSU auf, sich hieran zu erinnern.

Und wir müssen aufhören, Migration nur als Bedrohung zu sehen. Deutschland braucht Zuwanderung – für den Arbeitsmarkt, für den Wohlstand, für die soziale Sicherung. Die SPD setzt auf kluge Steuerung statt Panikmache. Wer echte Lösungen will, muss europäisch denken – und nicht in nationalen Alleingängen.

Foto: Thomas Merkenich

Caroline Bosbach
Kandidatin der CDU für den Bundestag

Sind die Maßnahmen, die in den Entschließungsanträgen sowie im Zustrombegrenzungsgesetz genannt werden, notwendig, rechtlich möglich, umsetzbar und effektiv?
Ja. Die Zurückweisungen an den Landesgrenzen trotz Asylbegehren wären nur dann europarechtlich strittig, wenn kein „nationaler Notstand“ gemäß Art. 72 der Geschäftsordnung über die Arbeitsweise der EU festgestellt werden könnte. Gerade dies ist/wäre aber beabsichtigt.

Die Erweiterung des Gesetzeszwecks in Paragraph 1 des AufenthaltG durch das Wort „Begrenzung“ WAR BEREITS geltendes Recht bis 2023. Rechtliche Bedenken wurden nie erhoben. Warum auch

Rechtliche Bedenken gegen die Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei sind mir nicht bekannt. 

Die temporäre Aussetzung des Familiennachzuges zu nur subsidiär Schutzbedürftigen WAR BEREITS geltendes Recht.

Die letztgenannten Maßnahmen wurden von allen 16 Ministerpräsidenten verlangt. Selbstverständlich sind diese Maßnahmen umsetzbar und wären auch effektiv.

Verfassungsrechtlich alleine fraglich wäre unbegrenzte Aussetzung des Familiennachzuges, daher hatte die Union Befristung angeboten. Rot-Grün hat das abgelehnt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind zur Reduzierung der irregulären Migration dringend notwendig. 

Welches konkretes Ziel kann mit einer Umsetzung dieser Maßnahmen erreicht werden?
Die dringende und deutliche Begrenzung der irregulären Migration

Haben Sie Bedenken bei diesen Maßnahmen?
Nein, sie sind überfällig 

Sehen Sie Raum für Kompromisse mit SPD und Grünen?
SPD und Grüne haben gezeigt, dass sie die Bekämpfung der illegalen Migration nicht mittragen wollen. 

War es richtig, diese Maßnahmen im Bundestag zur Abstimmung zu stellen, auch wenn klar war, dass eine Mehrheit nur mit der AfD zu erreichen ist?

Rot-Grün hat die Asylwende blockiert. Mir gefällt es persönlich nicht, dass wir die Stimmen der AfD Fraktion gebraucht haben, um dem Entschließungsantrag zu einer Mehrheit zu verhelfen – die Restampel hätte zustimmen können, aber sie hat sich verweigert. 

Sind Sie grundsätzlich damit einverstanden, dass die Union im Bundestag auch in Zukunft Anträge einbringt, die nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit erhalten können?
Ich bin damit einverstanden, dass die Restampel endlich ihre Blockadehaltung aufgibt und die SPD aufhört, jetzt plötzlich sogar solche Regelungen abzulehnen, die sie früher mit der Union selber beschlossen hatte. 

Wie definieren Sie vor dem Hintergrund der Ereignisse dieser Woche die „Brandmauer gegen die AfD“. Anders gefragt: Was geht aus Ihrer Sicht auf keinen Fall?
Jedwede Zusammenarbeit, Kooperation oder gar Koalition, deshalb macht das die Union auch nicht.

Gibt es darüber hinaus Aspekte zu diesem Themenkomplex, die Sie gerne noch erläutern möchten?
Es ist schlichtweg unbegreiflich ist, dass die SPD jetzt plötzlich sogar solche Regelungen ablehnt, die sie früher mit der Union selber beschlossen hatte.

Foto: Thomas Merkenich

Alexander Becker
Bundestagskandidat der Partei Volt

Sind die Maßnahmen, die in den Entschließungsanträgen sowie im Zustrombegrenzungsgesetz genannt werden, notwendig, rechtlich möglich, umsetzbar und effektiv?
Eine komplexe Thematik wie das Aufenthaltsgesetz im Hauruck- Verfahren und ohne breite Mehrheit zu ändern, wie es mit Hilfe des Zustrombegrenzungsgesetzes heute geschehen sollte, halte ich für fragwürdig. Die Maßnahme die gestrichenen Wörter „und Begrenzung“ in § 1.

Absatz 1 Satz 1 AufenthG wieder aufzunehmen ist in meinen Augen reine Symbolpolitik und wirkungslos. Den Familiennachzug subsidiär Schutzberechtigter, einem Personenkreis dem laut § 36a Aufenthaltsgesetz ohnehin nur 1000 Visa im Monat zustehen, komplett zu stoppen ist auch eine ganz kleine Stellschraube, die außerdem vor allem Menschen trifft, die ohnehin kein Recht auf den Familiennachzug haben und humanitäre Gründe nachweisen müssen, was im Einzelfall sicher schwer genug ist. Auch hier sehe ich keine große Wirkung. 

Einzig die erweiterten Befugnisse der Bundespolizei in ihren örtlichen Zuständigkeitsbereichen könnten eine direkte Wirkung auf die öffentliche Sicherheit haben. Ich habe zu geringe Kenntnisse über die Rechte der Bundespolizei, um dazu wirklich urteilen zu können.

Die Punkte des Entschließungsantrags von Mittwoch (Grenzkontrollen, Zurückweisung, Abschiebehaft, Unterstützung bei Abschiebungen, Ausreisearrest) halte ich für rechtlich schwierig, die Wirksamkeit im Vergleich zum Aufwand – Grenzüberwachung – nicht gesichert und da der gesamte Entschließungsantrag keine bindende Wirkung für die Regierung hat, auch für unnötig. 

Bei welchen dieser Maßnahmen könnten Sie mitgehen?
Wir befürworten Vereinbarungen mit aufnehmenden Staaten wie Afghanistan oder Syrien. Personen, die erhebliche Straftaten begehen, sollen abgeschoben werden. Auch Personen, die nachweislich als Gefährder einzustufen sind, sollen kein Aufenthaltsrecht und keine Duldung erhalten. Dabei sieht Volt Abschiebung immer als letzte Maßnahme.

Was schlagen Sie / Ihre Partei alternativ vor?
In Bezug auf die aktuellen Ereignisse fordern wird eine starke, unabhängige Justiz, sowie mehr Personal und Digitalisierung von Polizei und Ordnungsbehörden. Diese fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt und bekämpfen Kriminalität, Extremismus und Gewalt konsequent. Unser Staat muss auf allen Ebenen effizienter werden und die Sicherheitserwartungen der Menschen ohne Abstriche erfüllen.

Grundsätzlich wollen wir eine gesamteuropäisch geregelte, menschliche Migrationspolitik, die Fachkräfte gezielt nach Deutschland bringt. Wir fördern Weiterbildung und Sprachkurse und setzen uns für Anerkennung von ausländischen Qualifikationen ein. Seenotrettung und beschleunigte Bearbeitung von Asylanträgen in „Asylkammern“ werden verpflichtend. Asylbewerber erhalten mit einem „Chancenjahr“ die Möglichkeit durch Beschäftigung und Integration den Aufenthaltstitel zu erwerben. Abschiebung bleibt das letzte Mittel, freiwillige Rückkehr wollen wir allerdings fördern.

Was bedeutet es, dass die CDU diese Maßnahmen im Bundestag zur Abstimmung gestellt hat, auch wenn klar war, dass eine Mehrheit nur mit der AfD zu erreichen ist?
Ich bin erschrocken über die Ereignisse der letzten Tage. Die Wirksamkeit der Maßnahmen bezweifle ich und die Art der Kommunikation betrachte ich als sinnlos eskalierend und demokratiegefährdend. Ich habe das Gefühl, dass es sich um reinen Wahlkampfaktionismus handelt, der unserer Gesellschaft Schaden zufügt, weil ein Thema über-emotionalisiert wird, bei dessen Lösung wir vor allem besonnen bleiben und gemeinsam handeln sollten. 

Leider werde ich auch das ungute Gefühl nicht los, dass die CDU in diesen Tagen die gesellschaftliche Akzeptanz einer schwarz-blauen Koalition testet. Ich hoffe, ich irre mich da. Die letzten Konservativen, die in Deutschland gedacht haben, sie könnten Rechtsextremisten in einer Regierung „entzaubern“ haben sich gründlich getäuscht. Nie wieder ist jetzt!

Beitragsfoto: Maik Außendorf und Hermann-Josef Tebroke bei einer Debatte im BürgerClub © Thomas Merkenich

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