VON WOLFGANG HORN
Nicht heimlich, aber still und leise verschwindet aus Wermelskirchen demnächst eine sozialpolitisch unersetzbare Einrichtung. Die Schuldnerberatung hat länger als ein Vierteljahrhundert lang Menschen in Gelddingen beraten, bei Kreditangelegenheiten und Versicherungsfragen, Ratenkrediten oder Handyverträgen. Sie hat Menschen geholfen, die in der Konsumfalle steckten und sich aus eigener Kraft nicht mehr zu befreien wußten.
Constanze Hempel und Jutta Paulig werden Ende 2025 in Rente gehen und dann ist die Schuldnerberatung in Wermelskirchen Geschichte. Weil die AWO, Trägerin der Beratungsstelle, die Kosten nicht mehr schultern kann. 1998, als die Schuldnerberatung in Wermelskirchen eingerichtet wurde, gab es noch eine Vollfinanzierung durch die Stadt Wermelskirchen.
Mehr als 4000 Bürgerinnen und Bürger haben die Hilfe der Schuldnerberatung in Anspruch genommen. Zwischen 25.000 und 30.000 telefonische Kontaktaufnahmen zeigen eindeutig, daß die Schuldnerberatung gebraucht wird. Sie gehört zum Kernbestand sozialpolitischer Einrichtungen. Denn immer mehr Menschen erliegen den Lockungen der glitzernden Konsumwelt. Und es glitzert und blinkt auf immer mehr Kanälen, in Presse- und TV-Werbung, in den sozialen Medien, im Radio, überall in der Stadtlandschaft.
Zur Schuldnerberatung kommen aber auch zwischen 40 und 60 Menschen im Jahr, die eher wohlhabend sind und dennoch Beratungsbedarf haben. Diese Personengruppe kann nicht wirklich abgerechnet werden. Für sie steht allenfalls ein relativ kleiner städtischer Zuschuss zur Verfügung. Auch Asylbewerber werden beraten, obwohl auch das ursprünglich nicht vorgesehen war. Und schließlich war die Schuldnerberatung an 1.400 Insolvenzverfahren beteiligt.
Kurzum: Viele Menschen in Wermelskirchen brauchten und brauchen die Schuldnerberatung. Wermelskirchen braucht die Schuldnerberatung. Es ist hohe Zeit für die Politik und die Verwaltung, gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten, die die soziale Schieflage vermeidet, in die Stadt und Bürgerinnen und Bürger zu geraten drohen, wenn die Schuldnerberatung sang- und klanglos verschwindet.
Da die Mitglieder des Sozialausschusses am letzten Donnerstag auch sehr überrascht waren von der Ankündigung, muss man den politischen Gremien (gerade in diesen Zeiten) auch etwas Zeit geben für die Reaktion. Zumal der Anteil der Stadt Wermelskirchen der kleinste ist. Mag sich jetzt doof anhören, aber zuständig für die Schuldnerberatung ist der Rheinisch-Bergische-Kreis. Und der streicht gerade gehörig sein Budget zusammen (nicht zuletzt wegen der fehlenden 11 Mio, die nach dem Abbau des Blitzers auf der A1 weggefallen sind).
So, wie wir das auch werden tun müssen. Machen wir uns nichts vor.
Der Vorsitzende des Sozialausschusses ist jedenfalls dran am Thema!