Dialog im Eifgen

Gelungene Premiere mit Politikwissenschaftler
Prof. Dr. Christoph Butterwegge

VON THOMAS WINTGEN

Mehr als zwei Dutzend Interessierte kamen am Sonntagnachmittag zur Premiere von „Dialog im Eifgen“. Zu Gast war der emeritierte Politikwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Butterwegge (Köln). „Dialog im Eifgen“ ist die Fortführung des vormaligen Philosophischen Cafés in einem neuen Format.



Das heißt, die Gäste werden in gewissen Abständen – wenn’s pressiert, auch gleich – mit Fragen oder Stellungnahmen einbezogen. Durch die tisch-bedingte Zuordnung erhielten sie zudem Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen. Durch die packende zweistündige Veranstaltung führten Cornelia „Conny“ vom Stein und ihr Gatte Dr. Jörg.



Thema dieses ersten Dialogs war „Krisenmodus und Ungleichheit in Deutschland“ mit den Schwerpunkten „Wachsende Spaltung und Armut als Herausforderung“, „Ohnmacht oder Chance zum Gestalten?“ sowie „Wie stärken wir uns und die Gesellschaft?“



Christoph Butterwegge kennt die Chancen zum Gestalten oder Ansatzpunkte zur Stärkung der Gesellschaft. Aber er macht seit Jahrzehnten die Erfahrung, dass alle Vorschläge letztlich an der Politik scheitern – von Olaf Scholz bis Friedrich Merz, von der FDP gar nicht zu reden. Beispiel:



In der ach so reichen Bundesrepublik Deutschland beziehen die Rentner(innen) nicht 60, 70, 80 Prozent ihres bisherigen Bruttolohns – wie in zahlreichen anderen europäischen Staaten –, sondern 45 Prozent. Und die FDP von Christian Lindner setze alles daran, das noch einmal zu kürzen.



Prof. Dr. Christoph Butterwegge ist ein renommierter deutscher Politikwissenschaftler und Armutsforscher. Er war – nach Stationen in Potsdam und Bremen – von 1998 bis 2016 Professor für Politikwissenschaft am Institut für vergleichende Bildungsforschung und Sozialwissenschaften an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln und ist Mitglied der Forschungsstelle für interkulturelle Studien (FiSt).



Die Zahl seiner Veröffentlichungen in Form von Büchern und Aufsätzen ist schier endlos. Allein im April und Mai hat er zwei neue Werke vorgelegt, auf die er im Eifgen immer wieder Bezug nahm. In „Deutschland im Krisenmodus“ (15. Mai) beleuchtet er, weshalb die soziale Ungleichheit seit Jahren zunimmt, statt abgebaut wird. Butterwegge beleuchtet die Politik unterschiedlicher Bundesregierungen und fragt, weshalb sich die Kluft zwischen Arm und Reich nach der „Zeitenwende“ und zusätzlichen Rüstungsanstrengungen weiter vertieft.



Er nimmt den Niedriglohnsektor, den „Um“- bzw. Abbau des Sozialstaates sowie die Steuerentlastungen für Wohlhabende in den Blick. Wie lässt sich die Entwicklung aufhalten und verhindern, dass die Reichen noch reicher und die Armen noch zahlreicher werden?



Eines macht der pazifistisch orientierte Armutsforscher mehrfach deutlich: Von Gleichmacherei wie dem bedingungslosen Grundeinkommen hält er gar nichts. Auch wenn Formalismus in Deutschland gerne erdrückend raumgreifend ist – gewisse Regularien im Sinne einer gerechten Mittelverteilung hält der Pensionär für unverzichtbar.



Einen Monat zuvor war sein Buch „Deutschland im Krisenmodus“ erschienen – Untertitel „Infektion, Invasion und Inflation als gesellschaftliche Herausforderungen“. 
In den vergangenen Jahren haben sich die Lebensbedingungen eines Großteils der Bevölkerung zum Teil drastisch verschlechtert – nicht zuletzt deshalb, weil sich mehrere Krisen in kurzer Zeit häuften und überlappten:



Von der Covid-19-Pandemie gingen erste Preisschübe aus, durch welche sich die Lebenshaltungskosten hierzulande stark erhöhten. Ihnen folgten die Energiepreisexplosion aufgrund des Ukrainekrieges und westlicher Sanktionen gegen Russland sowie die von Herstellern und Händlern offenbar zur Anhebung der Lebensmittelpreise auf das höhere Preisniveau vergleichbarer Länder genutzte Inflation, die Geringverdiener(inne)n und Transferleistungs-Bezieher(inne)n besonders hart traf.



Trotzdem hätten die „Entlastungspakete“ der Ampelkoalition ebenso wie ihre Klimaschutzmaßnahmen – z.B. die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes – eine soziale Schieflage aufgewiesen: Finanziell begünstigt wurden einmal mehr eher Wirtschaftsunternehmen und Wohlhabende. Butterwegge: „SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nahmen wenig Rücksicht auf die soziale Verletzlichkeit von schlecht mit den nötigen materiellen Ressourcen ausgestatteten Bevölkerungsschichten.“



Wenn gigantische Mehrausgaben im Rüstungsbereich erfolgen, werde es kaum möglich sein, die gewaltigen Herausforderungen zu bewältigen, vor denen die Bundesregierung steht: Sie muss ihren Beitrag zum Stopp der verharmlosend „Klimawandel“ genannten Erderwärmung leisten, die Modernisierung der Infrastruktur unseres Landes vorantreiben und dessen zahlreiche soziale Probleme (Prekarisierung der Arbeit, Verarmung eines Teils der Bevölkerung, Fluchtmigration, Wohnungsnot, Mietenexplosion, Pflegenotstand, Bildungsungleichheit usw.) lösen.



Merken Sie sich für den zweiten Dialog Sonntag, den 13. Oktober (17 Uhr), vor. s.n.

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