Zum Gedenken an das mutige Radevormwalder Ehepaar Martha und Emil Guth werden ihnen am 13. Oktober um 10:30 Uhr vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Bredderstr. 9 zwei Stolpersteine gewidmet
Zum zweiten Mal werden am Freitag in Radevormwald Stolpersteine – kleine quaderförmige Gedenktafeln aus Messing – für Opfer des NS-Terrors verlegt. Dabei wird dem Ehepaar Martha und Emil Guth gedacht, welches die berüchtigten Konzentrationslager Ravensbrück bzw. Buchenwald überlebt hat.
Eingerahmt von einer Musikdarbietung werden ab 10.30 Uhr Bürgermeister Johannes Mans, der Initiator T. Martin Krüger, sowie Uwe Langhals, Vorstand der Arnold-Liebster-Stiftung und Iris Kausemann, die Vorsitzende des Vereins Bergische Zeitgeschichte e. V. ein Gedenkwort halten.
Das Ehepaar Guth wohnte in Radevormwald zunächst in der Leimholer Straße 5, dann im Grünenbaum 70, in der Siepenstraße 43 und schließlich im Haus in der Bredderstraße 9, vor dem die Stolpersteine nun verlegt werden. Und sie hatten eine Geschichte, die lange kaum jemand kannte. Beide wurden im Jahr 1882 geboren und heirateten am 22. Oktober 1920. Im Jahr 1924 konvertierten sie zu den Bibelforschern, wie Jehovas Zeugen bis 1931 genannt wurden.
Schon wenige Monate, nachdem die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, wurden Jehovas Zeugen im ganzen Reich verboten. Doch Ehepaar Guth setzte sich weiterhin für seine christliche Überzeugung ein. Weil Emil Guth eine aus der Tschechoslowakei eingeschmuggelte Zeitschrift „Der Wachtturm“ gelesen und weitergegeben hatte, wurde er im Oktober 1936 zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Essen und Bochum verbüßen musste.
Nach Emils Haftentlassung führte das Ehepaar weiter Bibelbesprechungen durch, was dazu führte, dass sich eine Frau als Zeugin Jehovas taufen ließ. Darauf wurden beide im März 1942 erneut verhaftet. Emil wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, Martha zu einem Jahr. Weil sie sich weigerten, eine Erklärung zu unterschreiben, durch die sie ihren Glauben verleugnet hätten, wurde Emil in das thüringische Konzentrationslager Buchenwald überführt, wo er in einem Steinbruch Zwangsarbeit leisten musste. Martha wurde in das brandenburgische Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert, wo sie wie alle Zeugen Jehovas durch einen lila Winkel an ihrer Kleidung stigmatisiert wurde.
Die Befreiung im Jahr 1945 verhinderte die bereits geplante Vergasung von Martha Guth. Im Oktober 1945 trafen sich beide endlich in Radevormwald wieder – völlig entkräftet, doch froh darüber, dass sie der menschenverachtenden Ideologie widerstanden und ihrer christlichen Überzeugung treu geblieben waren.
Die Verfolgung von Jehovas Zeugen im Bergischen Land in der Zeit des Nationalsozialismus
Im Auftrag des Vereins Bergische Zeitgeschichte e. V. erforschte der Initiator der Stolpersteinverlegung, T. Martin Krüger, die Geschichte der Verfolgung von Jehovas Zeugenim Bergischen Land in der Zeit des Nationalsozialismus und veröffentlichte dazu im letzten Jahr ein Buch mit 61 zeitgenössischen Fotos und Dokumenten. Sein Titel ist einem im KZ verfasstem Gedicht entnommen: „Eine Bibel schön und groß, haben sie gefunden, diese Sünde, denkt euch bloß, kostet viele Arbeitsstunden.“ Das Buch enthält ein Vorwort der Bürgermeister von Radevormwald, Hückeswagen und Wermelskirchen, ist im Bergischen Verlag erschienen und ist beim Verein Bergische Zeitgeschichte e. V., sowie im Buchhandel erhältlich.
Beitragsfoto: In seinem 2022 veröffentlichtem Buch recherchiert T. Martin Krüger die Geschichten von 22 verfolgten Zeugen Jehovas aus Radevormwald in den Jahren 1933 bis 1945