Den Beitrag von Lothar Kaiser entnehmen wir dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid, weil er über die Stadtgrenzen hinaus von Bedeutung ist
Zur heutigen Sitzung des Rates der Stadt haben die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen, FDP, die Linke und Ratsmitglied Bettina Stamm (echt.Remscheid) die Beschlussfassung einer Resolution beantragt, die sich gegen den Plan der Bundesregierung wendet, der Arbeitsagentur die Zuständigkeit für die Betreuung unter 25jähriger zu übertragen. Beantragt werden folgende Forderungen:
- Nein zum Zuständigkeitswechsel bei der Betreuung unter 25jähriger vom Jobcenter zur Arbeitsagentur.
- Nein zu Kürzungen, die die Leistungsfähigkeit der Grundsicherung für Arbeitssuchende und der Jobcenter gefährden.
- Ja zu einer auskömmlichen Finanzierung der Jobcenter – gerade in Dauerkrisenzeiten, in denen vor allem Jugendliche und arbeitslose Menschen unter den Folgen der Corona-Pandemie und enormen Preissteigerungen zu leiden haben.
Begründung: „Das Bundesministerium für Arbeit plant zum 1.1.2025 einen Wechsel in der Zuständigkeit für die Betreuung junger Erwachsener und Jugendlicher im Alter von unter 25 Jahren. Dies halten wir aus mehreren Gründen für eine Fehlentscheidung:
- Die Betreuung arbeitsloser Jugendlicher erfolgt ganzheitlich, d.h. in den Bedarfsgemeinschaften und in den Familien. Die Agentur für Arbeit hat dagegen den einzelnen „Kunden“ im Blick und würde dabei regemäßig die komplexen Problemlagen und Lebensumstände der jungen Menschen übersehen. Im Bereich U25 geht es nicht primär um Ausbildungsvermittlung, sondern in vielen Fällen um eine Stabilisierung der jeweiligen sozialen und gesundheitlichen Situation. Es geht um Orientierung perspektivloser Jugendlicher und um Unterstützung bei einem Herantasten der jungen Menschen an den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Das Jobcenter ist mit der Kompetenz seiner Mitarbeiter hervorragend aufgestellt.
- Die Jobcenter verfügen über Strukturen und Netzwerke in der Kommune. Das hat die Agentur für Arbeit nicht, aber ohne diese Strukturen ist die komplexe Hilfestellung nicht möglich. Auch wenn zunächst keine Änderungen bei den Förderangeboten vorgesehen sind, werden möglicherweise die innovativen, nicht standardisierten und auf die kommunalen Gegebenheiten orientierten Förderangebote wie Produktionsschule, Arbeitsgelegenheiten, individuelle Aktivierungshilfen u.a. unter die Räder kommen. Somit würde die in den letzten Jahren gebeutelte Trägerlandschaft weiter destabilisiert.
- Die meisten Mitarbeitenden im Jobcenter sind kommunale Mitarbeitende. Ein umfangreicher personeller Wechsel aus unserer Stadtverwaltung zur Arbeitsagentur ist kaum vorstellbar. Der akute Fachkräftemangel verhindert, dass die Agentur zeitnah geeignetes Personal rekrutieren kann.
- Das Jobcenter wird aus Steuermitteln finanziert. Die Agentur für Arbeit aus der Arbeitslosenversicherung. Damit die Bundesregierung 900 Mio. Euro in 2025 einsparen kann, soll nun die Rücklage der Arbeitslosenversicherung herhalten. Das wäre nun an sich nicht dramatisch, wird aber mit unabsehbaren Folgen für die Unterstützung der jungen Menschen erkauft.
- Zudem sind gerade die im Bürgergeldgesetz enthaltenen Neuregelungen mit einer intensivierten Betreuungs- und Integrationsaktivität in Kraft getreten – ein solches Engagement erfordert eher ein “Mehr” als ein “Weniger” an quantitativen und vor allem qualitativem Aufwand in den Jobcentern.“