Afghanen drittgrößte Flüchtlingsgruppe weltweit

Den Beitrag entnehmen wir dem Mediendienst Integration. Dort weitere Informationen, Links und Quellenangaben

VON FABIO GHELLI UND JONAS LEHNEN

Am 15. August 2021 übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan. Seitdem ist die Zahl afghanischer Geflüchteter weltweit gestiegen. Wie viele Personen auf der Flucht sind, wie ihre Situation in Deutschland ist und wie es um die Aufnahme afghanischer Ortskräfte steht, haben wir in einem Factsheet zusammengestellt.

Aufgrund zahlreicher Konflikte mussten in den vergangenen Jahrzehnten mehrere Millionen Afghan:innen ihre Wohnorte verlassen. Weltweit zählte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zum Jahresende 2022 rund 5,7 Millionen Flüchtlinge und Asylbewerberinnen und Schutzbedürftige aus Afghanistan. Afghan:innen bilden damit die drittgrößte Flüchtlingsgruppe der Welt – nach Syrerinnen und Ukrainer:innen.

Rund 90 Prozent der afghanischen Geflüchteten befinden sich in den beiden Nachbarländern Iran (rund 3,4 Millionen) und Pakistan (rund 1,7 Millionen). In Deutschland leben etwa 216.000 afghanische Geflüchtete und Asylbewerber:innen. Damit steht Deutschland an dritter Stelle der Aufnahmeländer.

Es ist unbekannt, wie viele Afghan:innen seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 genau geflohen sind. Der UNHCR schätzt, dass Ende 2022 im Land rund 3,25 Millionen “Binnenflüchtlinge” (Internally Displaced People) lebten. 2022 hat der UNHCR die Angaben zu afghanischen Geflüchteten in anderen Ländern stark angepasst, insbesondere hat die iranische Regierung die Zahl der afghanischen Bürgerinnen im Land neu erfasst: Demnach leben im Iran rund 3,4 Millionen Flüchtlinge. 2021 waren es noch weniger als eine Million Menschen. Darüber hinaus leben im Land rund 1,1 Millionen Afghan:innen mit unterschiedlichen Aufenthaltsstatus – darunter 500.000 Undokumentierte.

Afghanische Geflüchtete in Deutschland

Schon seit mehr als 30 Jahren zählt Afghanistan zu den Ländern, aus denen Geflüchtete nach Deutschland kommen. Etwa 420.000 Menschen mit Einwanderungsgeschichte aus Afghanistan leben in Deutschland (Stand: 31.12.2022). Etwa 377.000 haben keinen deutschen Pass.

Die meisten von ihnen sind als Flüchtlinge gekommen. Zum Stichtag 31.12.2022 lebten in Deutschland rund 286.000 Schutzsuchende aus Afghanistan. Rund 211.000 von ihnen sind anerkannte Flüchtlinge. Afghan:innen bilden die zweitgrößte Gruppe von Geflüchteten in Deutschland nach Syrerinnen. Rund ein Drittel von ihnen sind minderjährig.

Wie viele von ihnen erhalten Schutz?

Im ersten Halbjahr 2023 belief sich die sogenannte bereinigte Schutzquote (ohne formelle Entscheidungen) bei afghanischen Geflüchteten auf rund 98 Prozent.

Zum Stichtag 31.12.2022 hatten insgesamt rund 211.000 afghanische Geflüchtete Schutz in Deutschland erhalten. Die meisten von ihnen ein sogenanntes Abschiebungsverbot, weil im Herkunftsland “konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit” besteht. Sie bekommen eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr (unbegrenzt verlängerbar) und dürfen nur in Ausnahmefällen Ehepartner:innen oder Kinder nach Deutschland nachziehen lassen.

Viele afghanische Asylbewerber:innen mussten vor Gericht ziehen, um ihren Anspruch auf Schutz geltend zu machen. Wenn man “sonstige Verfahrenserledigungen” herausrechnet, haben Gerichte 2022 in 95 Prozent der Fälle zugunsten der Klägerinnen entschieden. Bei den Verfahren ging es darum, ob die Menschen Schutz erhalten oder darum, ob sie ihren Schutzstatus verbessern können.

Können afghanische Geflüchtete abgeschoben werden?

Abschiebungen nach Afghanistan sind seit August 2021 ausgesetzt. Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder (zusammen mit den Niederlanden, Dänemark, Griechenland und Österreich), das bis zur Machtübernahme durch die Taliban auf Abschiebungen nach Afghanistan bestanden hat.

Etwa 1.000 Afghan:innen wurden seit 2016 direkt nach Afghanistan abgeschoben. Diese Abschiebungen fanden im Rahmen eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und der afghanischen Regierung statt. In der selben Zeit sind etwa 2.100 Afghaninnen im Rahmen des Förderprogramms REAG/GARP “freiwillig” zurück nach Afghanistan gegangen. Etwa 24.000 Afghan:innen in Deutschland gelten als “ausreisepflichtig”. Das heißt, sie wurden aufgefordert, das Land zu verlassen.

Beitragsfoto © Ahmed akacha (Pexels)

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