Einfach. Brillant.

Aufführung „Die Vermessung der Demokratie“ holte Wilhelm Leuschner nach Remscheid

Es gibt Abende, da gehen Menschen als Zuschauer ins Theater und kommen als Akteure wieder heraus. Ein solcher Abend war, zweifelsohne, die Aufführung „Die Vermessung der Demokratie“, zu der der Deutsche Gewerkschaftsbund in Remscheid, die IG Metall Remscheid-Solingen, das Katholische Bildungswerk Wuppertal / Solingen / Remscheid, die Europaparlamentarierin Petra Kammerevert und die SPD Remscheid am vergangenen Donnerstag ins Westdeutsche Tournee-Theater eingeladen hatten. Der Vorsitzende der Remscheider SPD, Jörg-Dieter Krause, freute sich im Namen aller Einladenden über das große Interesse an der Veranstaltung, wie Antonio Scarpino auf Facebook berichtet.

Im Stile von Bertolt Brecht brachten Jan Uplegger, Yumiko Tsubaki und Maria Hinze nicht nur Leben und Werke, sondern auch den Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Politiker und Privatmenschen Wilhelm Leuschner auf die Bühne: als ein Lehrstück. 

Das Bühnenbild war so einfach wie brillant: ein einfacher Holztisch mit Lampe, an denen Jan Uplegger alias Wilhelm Leuschner mal politische Ideen zu Papier und mal Einblicke in sein Gefühlsleben gab, ein Rednerpult für die großen Ansprachen, in denen er als hessischer Innenminister vor der Gefahr der Nationalsozialisten warnte – und ein Klavier. Mit Ausnahme des Klaviers waren die Gegenstände des Bühnenbildes alles – nur nicht statisch und veranschaulichten so – im wahrsten Sinne des Wortes – Zeiten der relativen Ruhe sowie Zeiten der Repression und Gefangennahme. 

Die Aufführung hatte Gäste – aber keine Zuschauerinnen oder Zuschauer. Ein „Zurücklehnen“ oder „sich unterhalten lassen“ – das war weder möglich, noch gewollt. Spätestens als die Ensemble-Mitglieder durch die Reihen gingen, um lautstark Flugblätter für eine „Fabrikationsstätte zur Produktion von Bierschankutensilien“ von Leuschner zu verteilen, welches er zur Tarnung seiner Widerstandstätigkeiten aufgebaut hatte, wurde die Leitfrage der Aufführung – welchen Preis ist man selbst bereit zu bezahlen, wenn es darum geht sich gegen eine Diktatur aufzulehnen – für alle körperlich spürbar. 

Auch wenn das Ende von Wilhelm Leuschner erahnbar war – er wurde in der Folge des gescheiterten Putsch-Versuchs gegen die Nationalsozialisten vom 20. Juli 1944 hingerichtet, blieb die Aufführung bis zur letzten Sekunde spannend, elektrisierend und einnehmend. 

Im Anschluss an die Vorstellung kamen die Künstlerinnen und der Künstler sowie die Gäste zu einem kleinen Gedankenaustausch zusammen. Hierbei wurde die Idee geboren, dass es nicht der letzte Abend gewesen sein soll, an dem man sich mit der Person „Wilhelm Leuschner“ beschäftigen möchte. „Dieser Mann hat es verdient, im politischen Bewusstsein stärker präsent zu sein!“ – darüber waren sich alle Anwesenden einig. Ein ganz großes Dankeschön gebührt dem Westdeutschen Tournee-Theater, dass die Aufführung in ihrem Hause stattfinden konnte.

Mehr Informationen: “Die Vermessung der Demokratie” Beim Theaterstück “Die Vermessung der Demokratie” – ein Wilhelm Leuschner-Portrait handelt es sich um eine Theaterstück von und mit Jan Uplegger (Schauspiel), Maria Hinze (Klavier) und Yumiko Tsubaki (Violine). Das Theaterstück feierte Premiere anlässlich des 77. Todestages vom Wilhelm Leuschner im Studiotheater Bayreuth am 29.09.2021: “Der lang anhaltende Applaus des überwiegend jugendlichen Publikums für die Theateraufführung gab Zeugnis für das erfolgreiche Eintauchen in das Leben Leuschners.” (Nordbayerischer Kurier​)

Die weiteren Aufführungen im Überblick:

22.06., Theater mon ami Weimar

15.09. Theater Komplex, Chemnitz

18.10. Projekttheater Dresden

10.11. centralkomitee Hamburg

11.11. Stadthalle Parchim ​

Mehr Informationen finden Sie auf der Internetseite von Jan Uplegger: https://www.januplegger.de/

Wilhelm Leuschner 15.06.1890 – 29.09.1944 (hingerichtet) Anführer des gewerkschaftlichen Widerstands Als Gewerkschafter und späterer hessischer Innenminister (1928 – 1933) war Wilhelm Leuschner einer der profiliertesten Verteidiger der Weimarer Demokratie. In früher Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten führte er den gewerkschaftlichen Widerstand gegen sie an und wurde mit anderen Verschwörern des 20. Juli ermordet. (…) Als (hessischer) Innenminister hatte sich Wilhelm Leuschner aktiv gegen den Aufstieg des Nationalsozialismus eingesetzt. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen, verweigerte er sich einer Vereinnahmung und der Gleichschaltung der Gewerkschaften. Stattdessen bereitete er im Verborgenen erste Strukturen für eine demokratische Neuordnung der Gewerkschaften nach der NS-Herrschaft vor. (…) Gemeinsam mit dem christlichen Gewerkschafter Jakob Kaiser arbeitete er am Aufbau verschiedener Widerstandsnetzwerke in gewerkschaftlichen Kreisen, zusammen strebten sie den Aufbau einer Einheitsgewerkschaft an. Da er sich im Kreis um Carl Goerdeler an den Vorbereitungen des 20. Juli beteiligt hatte, wurde er nach dem Scheitern des Widerstands gefangen genommen und am 5. September 1944 zum Tode verurteilt. Das Urteil gegen ihn wurde am 29. September vollstreckt.
Quelle: https://www.demokratie-geschichte.de/koepfe/

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