Den Beitrag entnehmen wir dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid:
„Über Baumarten und den Erhalt der Artenvielfalt“, überschrieb der Waterbölles am 3. September eine Pressemitteilung, in der die FDP vor dem Hintergrund des Insektensterbens von der Verwaltung wissen wollte, welche Rolle die Bäume künftig für die heimische Insektenwelt in der ökologischen Waldwirtschaft in Remscheid spielen werden. Zur Sitzung des Betriebsausschusses für die Technischen Betrieben Remscheid (TBR) am 6. Dezember hat die Verwaltung nun ihre ausführliche Stellungnahme vorgelegt.
Frage: In welcher Weise werden insektenfreundliche Eigenschaften von Baumarten im Rahmen des ökologischen Waldumbaus berücksichtigt? Antwort: Für den TBR-eigenen Stadtwald wurde mit der Einführung der naturgemäßen Waldbewirtschaftung grundsätzlich die natürliche Verjüngung der vorhandenen Laub- und Laub-/Nadelmischwälder priorisiert und damit die Anpassung der sich verjüngenden Baumarten an die sich ändernden Umwelt- und Standortfaktoren beschlossen. Zentrale Maßnahme im Zuge des ökologischen Waldumbaus sowie bei sämtlichen Wiederbewaldungsaktivitäten ist daher zunächst die aktive Steuerung und Begünstigung einer sich zumeist im Wald und auf Schadensflächen natürlich einstellenden Verjüngung verschiedener Baumarten. Durch die sich auf den Freiflächen entwickelnde insektenfreundliche Pioniervegetation aus Weiden, Vogelbeeren und Holunder bildet sich ein sogenannter auch von Birken geprägter Vorwald, in dessen Schutz die gebietsheimischen Hauptbaumarten sukzessive und später eingebracht werden. Hierdurch entwickelt sich bereits in einem frühen Waldstadium eine aus vielen Baumarten zusammengesetzte gemischte und insektenfreundliche Baumartenpalette.
Dieses Verfahren wurde auf den umfangreichen Kyrill-Flächen im Remscheider Wald bereits in den Jahren nach 2007 erfolgreich praktiziert und wird auch durch das Land NRW in seinen aktuellen Waldbau- und Wiederbewaldungskonzept grundsätzlich auch zur Bewältigung der aktuellen Waldschadenssituation empfohlen. Insofern erlangen insbesondere die sich auf lichtbegünstigten Flächen je nach Wildbestands- bzw. Verbiss-Situation einstellenden Weiden, Vogelbeeren und Holunder als insektenfreundliche Baumarten sowie Birken eine waldökologisch zentrale Bedeutung. Neben den aktiv eingebrachten Hauptbaumarten Eiche, Buche, Hainbuche, Ahorn, Vogelkirschen und Erlen spielen allerdings auch verschiedene Nadelbaumarten (außer Fichte) im ökologischen Waldumbau weiterhin eine Rolle beim zukünftigen Baumartenmix, deren natürliche Verjüngung sich je nach örtlichen Standortsbedingungen, d.h. Licht-, Boden-, Nährstoff-, Wärme- und Feuchtebedingungen gezielt oder auch ungewollt entwickelt.
In eher geschlossen zu haltenden Waldbeständen stößt dagegen die Einbringung und Förderung lichtbedürftiger insektenfreundlicher Baumarten durch die gleichzeitige Notwendigkeit einer eher geschlossenen Waldstruktur zur Begünstigung eines entsprechend kühl-feuchten Waldinnenklimas vielfach an naturgegebene Grenzen. In geschlossenen Waldbeständen werden lichtbedürftige Baumarten auf natürliche Weise langfristig aus weniger lichtdurchfluteten, z.B. von Buchen und Eichen dominierten Waldbeständen an die Waldränder zurückgedrängt. Lediglich im Bereich permanent offen zu gestaltender Lichtkegel in ansonsten dunkleren Waldpartien lassen sich lichtbedürftige Baumarten langfristig erhalten, was allerdings im Zuge des fortschreitenden Klimawandels für eher geschlossene Wald-Ökosysteme nicht überall empfehlenswert ist. Hier gilt es jeweils sorgfältige Abwägungen zur Vermeidung zu starker Einstrahlung in die Waldbestände mit möglichen Nachteilen (Hitze, Austrocknung etc.) für verschiedene Baumarten und das gesamte Waldökosystem zu treffen.
Frage: Welche Baumarten werden bei Maßnahmen zur Aufforstung und zur Verjüngung vor dem Hintergrund des Klimawandels und seinen Auswirkungen verstärkt eingesetzt?
Antwort: Bei der Förderung der natürlichen Verjüngung sowie bei zugleich stattfindenden aktiven Pflanzungen werden je nach Pflanzenverfügbarkeit eine Vielzahl an gebietsheimischen Baumarten im Zuge des ökologischen Waldumbaus, allen voran Buchen, Eichen, Ahorne und Vogelkirsche aus empfohlenen klimatisch angepassten Herkunftsgebieten verwendet. Diese Auswahl wird um Baumarten wie der Esskastanie, der Douglasie und der Weißtanne ergänzt, die im Zuge des Klimawandels und sich verändernder Umweltbedingungen empfohlen werden. Insbesondere in Naturschutzgebieten und bei öffentlich geförderten Aufforstungsmaßnahmen und im betreuten Privatwald ist allerdings die Auswahl der Baumarten von z.T. recht eng gefassten Vorgaben der Schutzgebietsverordnungen bzw. öffentlicher Fördergeber wie dem Land NRW abhängig. Die Schutzgebietsverordnungen orientieren sich dabei an langfristigen Entwicklungszielen für das jeweilige Waldnaturschutzgebiet und geben i. d. R. gebiets- und standortheimische Baumarten, häufig Buchen dominierte Waldbestände für entsprechende Nachpflanzungen vor. Ansonsten hat das Land NRW für öffentliche Förderungen sogenannte Waldentwicklungstypen für die heimischen Waldstandorte entwickelt, die z.T. umfangreiche Vorgaben für die zu verwendende geförderte Baumartenpalette beinhalten. Insofern ist die Auswahl der zu verwendenden Baumarten z.T. an sehr umfangreiche Vorgaben gebunden. Weitere Informationen zu den Vorgaben des Landes NRW hierzu können über den nachfolgenden Link im Internet auf den Seiten des Landesbetriebes Wald und Holz NRW eingesehen werden. https://www.wald-und-holz.nrw.de/aktuelle-meldungen/2018/neue-instrumente-fuer-diekuenftige-waldbewirtschaftung-in-nordrhein-westfalen .
Frage: Welche gebietsfremden Baumarten werden gezielt in den städtischen Wäldern gepflanzt? Wird bei der Auswahl dieser Baumarten deren Wert für die heimische Tierwelt berücksichtigt?
Antwort: Gebietsfremde, aktuell in der Wissenschaft diskutierte Baumarten, wie z.B. die Libanonzeder spielen im zukünftigen Baumartenmix in den städtischen Wäldern weiterhin keine Rolle. Die TBR-eigenen Wälder werden auch zukünftig von gebietsheimischen Laubbaumarten insbesondere von Buche, Eiche und Ahorn und wenigen Nadelbaumarten (außer Fichte) dominiert werden. Allerdings wurden ab 1960 bis in die 1980er Jahre hinein umfangreiche Aufforstungen mit grundsätzlich als gebietsfremd eingestuften Baumarten wie der japanischen Lärche, der Douglasie, der Küstentanne und weiteren nordamerikanischen Baumarten angelegt, die im Zuge des laufenden ökologischen Waldumbaus langfristig zu klimastabileren Nadel- /Laubmischbeständen entwickelt werden sollen.
Dieser Umbauprozess ist ein noch Jahrzehnte andauernder laufender und auch von Rückschlägen geprägter Weg. Stellenweise haben sich diese Baumarten in den vergangenen Jahren allerdings durchaus auch als klimastabil erwiesen. Bei der Baumartenauswahl spielen selbstverständlich neben vielen weiteren Aspekten der Klimaanpassungsfähigkeit, zu erwartender Holzeigenschaften, Wuchsentwicklungen sowie die Standortgerechtigkeit auch die Eignung und Bedeutung für das gesamte Waldökosystem incl. der heimischen Fauna eine wichtige Rolle.
Frage: Werden die Waldränder gleichwertig in den ökologischen Waldumbau einbezogen und wie werden sie ggf. weiterentwickelt? Antwort: Außen- und Innenränder werden beim ökologischen Waldumbau soweit möglich durch die bereits aufgeführten waldbaulichen Maßnahmen und vielfältig geförderten insekten-freundlichen Baumarten gezielt mit entwickelt. Insbesondere wurde bei den in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführten Erstaufforstungen landwirtschaftlicher Flächen in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde zudem ein breiter Mix aus insektenfreundlichen heimischen Sträuchern und Wildobst zur Förderung des besonderen ökologischen Wertes der Waldaußenränder mit angelegt.
Beitragsfoto: Waldweg Remscheid Richtung Hofschaft Hohenhagen. Archivfoto (23014) © Lothar Kaiser