Der zwölfte Stolperstein ist für Karl Noske

VON KATHRIN KELLERMANN

Der zwölfte Stolperstein in Wermelskirchen ist für Karl Noske. Er überlebte das KZ Buchenwald. Am Dienstag, 25. Oktober, wird der Gedenkstein um 14 Uhr vor der letzten Adresse Noskes Im Wolfhagen 24 verlegt. Bei der feierlichen Gedenkfeier werden neben Bürgermeisterin Marion Lück auch Thomas Martin Krüger, der gerade das Buch „Die Verfolgung der Zeugen Jehovas 1933 bis 1945 in Hückeswagen, Radevormwald und Wermelskirchen“ herausgebracht hat, und Iris Kausemann, Vorsitzende des Vereins Bergische Zeitgeschichte e.V. anwesend sein. Der Verein hat die Kosten für die Verlegung des Stolpersteins übernommen. Bereits im vergangenen Jahr war ein Stolperstein für Ludwig Bischoff, den Großvater von Thomas Martin Krüger, vor der Berliner Straße 112 in Wermelskirchen verlegt worden. Bischoff und auch Karl Noske waren Angehörige der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas.

Karl Josef Anton Noske wurde 1900 in Guhrau (Schlesien) geboren und katholisch erzogen. Er diente im Ersten Weltkrieg als Soldat und heiratete 1922 Anna Hollstein im schlesischen Bunzlau. Das Ehepaar hatte zwei Söhne: Hans Karl Wilhelm und Alfred Paul Gerhardt. Noske war von Beruf Tapezierer und Polsterer. Seine Anstellung verlor er jedoch am 27. April 1935, weil er den Hitler-Gruß verweigerte. Ein Jahr darauf ließ er sich als Zeuge Jehovas taufen und beteiligte sich fortan daran, heimlich Exemplare der Zeitschrift „Der Wachtturm“ mit Hilfe von Matrizen anzufertigen. Ein gefährliches Unterfangen, denn gegen die Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas wurden ab 1933 erste Verbote erlassen. Damit gehörten sie zu den ersten Opfern der Nazi-Herrschaft. Kaum eine andere Religionsgemeinschaft hat sich derart unbeugsam dem NS-Regime widersetzt.

Im Mai 1937 wurde Karl Noske verhaftet und im Juli zu 27 Monaten Haft verurteilt, die er zunächst in Breslau und später im Straflager V Neusustrum im Emsland verbrachte. Dort mussten die Häftlinge unter primitiven Verhältnissen das Moor entwässern und Torf stechen. Frühere Nachbarn reichten eine Petition für Noskes Freilassung ein. Die wäre auch bewilligt worden, wenn er sich schriftlich von seinem Glauben losgesagt hätte, was Noske jedoch ablehnte.

Deshalb wurde er im Oktober 1939 in das KZ Buchenwald überführt, wo er nach drei Monaten in der Strafkompanie im Steinbruch Schwerstarbeit leisten musste und dennoch mit Essensentzug bestraft wurde. 1941 wurde Noske in die SS-Schuhmacherei versetzt und 1944 in den Block 42 verlegt, in dem sich viele Zeugen Jehovas befanden.

Ab 1939 musste Karl Noske im KZ Buchenwald in der Strafkompanie im Steinbruch sechs Jahre lang Schwerstarbeit leisten © T. Martin Krüger

Ein Jahr nach der Befreiung des KZ Buchenwald durch amerikanische Truppen, die ihn im Mai 1945 entließen, reiste Karl Noske als reisender Beauftragter Gemeinden der Zeugen Jehovas an verschiedenen Orten an. Dadurch entging er 1950 seiner geplanten Verhaftung durch den DDR-Staatssicherheitsdienst, nachdem die Zeugen Jehovas im August 1950 in der DDR verboten wurden. Stattdessen wurde sein Sohn Hans Noske (1927–1994) für zwei Jahre inhaftiert. Karl Noske und Ehefrau Anna flohen daraufhin nach Berlin und zogen 1951 auf Einladung ihres Freundes Friedrich Brosius, den Karl Noske im KZ Buchenwald kennengelernt hatte, nach Wermelskirchen. Zunächst wohnte das Paar in Tente und seit den 60er Jahren in der Straße Im Wolfhagen 24.

Karl Noske starb 1973. Für seinen Freund Friedrich Brosius, der ihm und seiner Frau Anna ein Zuhause in Wermelskirchen ermöglichte, wurde 2002 ein Stolperstein verlegt. Der erste von bald nunmehr 12 Stolpersteinen in Wermelskirchen, mit denen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert werden soll.

Hintergrund: Die Idee der quadratischen, knapp zehn mal zehn Zentimeter großen Steine mit aufgeschlagenem Messingschild hatte der Kölner Künstler Gunter Demnig. Den ersten Stolperstein verlegte er 1992 vor dem Kölner Dom. Bis heute sind europaweit mehr als 75.000 Gedenksteine verlegt worden und gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Ihren außergewöhnlichen Namen haben die Steine von ihrem Erfinder aus einem ganz bestimmten Grund bekommen: „Man stolpert nicht und fällt hin, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.“

Beitragsfoto: Für Karl Noske wird in der kommenden Woche ein Stolperstein in Wermelskirchen verlegt. Das Foto zeigt den Zeugen Jehovas 1945, noch gezeichnet von der Haft im KZ Buchenwald © Jehovas Zeugen, Archiv Zentraleuropa

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