Kinderstube und gesunder Menschenverstand

VON WOLFGANG HORN

Die Bahn hat große Mühen, ihren Betrieb aufrecht zu erhalten. Personalmangel. Vor allem hervorgerufen durch die Corona-Sommerwelle. Mein Freund Lothar auf der Rückreise aus dem Urlaub strandet jetzt im Essener Bahnhof. Kein Zug fährt mehr nach Remscheid. Hunderte Passagiere auf dem Bahnsteig. Keine einzige Schutzmaske. In vielen Krankenhäusern und Intensivstationen fehlt das Personal zur Behandlung und Pflege von Patienten. Wegen der Corona-Pandemie. Daum in Wermelskirchen auf der Eich macht den Laden für eine Woche dicht. Es fehlt das Personal. Wohl auch wegen der Infektion von Mitarbeitern. Zugleich aber im Telekomladen auf der Telegrafenstraße, als nur ein Beispiel von so vielen, die sich in diesen Tagen allenthalben beobachten lassen, eine lange Schlange von Kunden, die etwas kaufen oder sich informieren lassen wollen. Allesamt ohne Mundschutz. Dicht an dicht im kleinen Laden. Ohne jeden Abstand. Kein Wunder, daß Corona fröhlich Urständ feiert. Mitten im Sommer, mitten in der Hitzeperiode. Mal ganz ehrlich: Ist es wirklich so schwer, ein wenig Abstand zu halten dort, wo viele Menschen aufeinander treffen? Ist es wirklich so mühsam, eine Maske aufzusetzen in Innenräumen, in denen sich viele Menschen begegnen, in Geschäften, bei Behörden, in Arztpraxen oder Apotheken, in Bus und Bahn? Ist es wirklich so unverschämt, ein wenig Rücksicht einzufordern auf gefährdete Menschen, Ältere, Kranke, Behinderte, die eine Coronainfektion weniger leicht wegstecken können als die Mehrheit der Bevölkerung? Ist es wirklich so verwegen, an die Solidarität zu appellieren, an die Nächstenliebe, an die Verantwortung für die Nachbarn? Ich mag mir nicht ausmalen, wie sich die Coronalage entwickeln wird, wenn das Wetter wieder virenfreundlicher, also kälter wird, im Herbst, allerspätestens im Winter. Soviel Freiheitsnachholbedarf kann doch niemand haben, daß ihm die Folgen verantwortungslosen Handelns vollkommen gleichgültig sind. Kinderstube und Gesunder Menschenverstand – eigentlich sollte das reichen. Eigentlich.

Beitragsfoto © Juan Pablo Serrano Arenas (Pexels)