Den Beitrag von Georg Watzlawek entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung dem Bürgerportal Bergisch Gladbach:
Was zunächst nur eine vage Idee war, ist sehr rasch konkret geworden. Der Bürgermeister der ukrainischen Stadt Butscha hat Bergisch Gladbach offiziell eine Städtepartnerschaft angeboten. Der Hauptausschuss votierte einstimmig dafür, das Angebot anzunehmen und die Partnerschaft Schritt für Schritt aufzubauen.
Kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine war das Wort „Butscha“, der Name des inzwischen weltweit bekannten Orts bei Kiew, zum ersten Mal im Bergisch Gladbacher Rathaus gefallen. Bürgermeister Frank Stein hatte mit Dariusz Skrobol telefoniert, seinem Amtskollegen in der polnischen Partnerstadt Pszczyna, der wiederum von der seiner Partnerschaft zu Butscha berichtet hatte.
Schon damals bracht brachte Stein die Perspektive einer trilateralen Partnerschaft ins Gespräch – ohne zu ahnen, dass Butscha wenige Tage später zum Symbol der russischen Gewalttaten an der ukrainischen Zivilbevölkerung wurde. Dann ging alles sehr schnell, mehrere große Hilfstransporte wurden über Polen nach Butscha geschickt.
Danach hätten sich, das berichtete Stein jetzt im Hauptausschuss, die Kontakte per Telefon und Videokonferenz rasch intensiviert. Den Vorschlag einer Partnerschaft habe er dabei nicht offensiv vorgetragen, weil sich Bergisch Gladbach nicht aufdrängen wollte.
Daher kam die Initiative jetzt vom Stadtrat in Butscha. Die Stadt baue derzeit ein Netzwerk von Partnerschaften in Europa aus – und würde sich freuen, wenn Bergisch Gladbach dabei Deutschland vertritt, heißt es in dem Schreiben von Bürgermeister Anatoliy Fedoruk. Der Stadtrat bereite gerade die Kooperationen vor, wünsche sich zunächst aber ein Votum aus Bergisch Gladbach.
Das fiel am Dienstag im Hauptausschuss klar aus: einstimmig votierten die Mitglieder dafür, die endgültige Abstimmung im Stadtrat ist nur eine Formsache.
Diese Partnerschaft, das betonte Stein, werde nicht mit den anderen Partnerschaft in Europa zu vergleichen sein. Allerdings hat die Stadt im Fall von Beit Jala in Palästina und Ganey Tikva in Israel bereits rund zehn Jahre Erfahrung im Umgang mit komplizierten internationalen Kooperationen.
Bei der neuen Partnerschaft mit Butscha sei der übliche Ablauf einer sich anbahnenden Verbindung mit gegenseitigen Besuchen im Moment nicht angesagt, erläuterte Stein. Er plädierte dennoch dafür, die Partnerschaft erst einmal zu schließen und dann Schritt für Schritt mit Leben zu füllen. Es sei für Bergisch Gladbach eine Ehre, um diese Partnerschaft gebeten worden zu sein.
Zur Sache: Butscha (diese deutsche Schreibweise und Aussprache ist korrekt, „Bucha“ ist die englische Schreibweise, die im internationalen Schriftverkehr verwendet wird) hatte vor dem Angriff Russlands rund 35.000 Einwohner und liegt 25 Kilometer nordwestlich von Kiew. Butscha war zeitweise von russischen Truppen besetzt, nach ihrem Abzug wurden mehrere hunderte Tote entdeckt, die zum Teil wahllos erschossen worden waren. Selbst in den vergangenen Tagen waren noch Opfer gefunden wurden, die offenbar gefoltert und im Wald verscharrt worden waren.
Eine Partnerstadt in Russland?
Fabian Schütz, für die AfD in den Rat gewählt und jetzt Mitglied der zweiköpfigen Fraktion „Bergische Mitte“ plädierte zudem dafür, das sich Bergisch Gladbach mittel- und langfristig auch um eine Partnerschaft mit einer Stadt in Russland bemüht. Irgendwann, wenn Putin nicht mehr an der Macht sei und sich die Verhältnisse in Russland grundlegend geändert hätten.
Bei Städtepartnerschaften gehe es um die Versöhnung ehemaliger Kriegsgegner, da stehe auch Bergisch Gladbach vor dem Hintergrund des Angriffs Deutschlands auf Russland im 2. Weltkrieg in der historischen Verantwortung. Dem widersprach niemand.
Beitragsfoto: Bürgermeister Frank Stein mit Viktor Krupp (r.) und einem weiteren Abgesandten aus Butscha bei der Übergabe von Hilfsgütern an der Grenze (c) Feuerwehr GL