Rheinisch-Bergischer Kreis | Im laufenden Landtagswahlkampf hätten manche Parteien im Rheinisch-Bergischen Kreis angekündigt, auf Wahlplakate zu verzichten, um den Müll zu reduzieren und die Umwelt zu schonen. So der Sprecher der Partei Die Linke im Rheinisch-Bergischen Kreis, Tomás M. Santillán in einer Pressemitteilung. Die eine oder andere Partei habe aber die Anzahl der Großplakate deutlich erhöht. Darunter dann auch Großplakate, die in Naturschutzgebieten aufgestellt wurden, obwohl sie dort nicht stehen dürfen.
In Bergisch Gladbach habe der ehemalige CDU-Bürgermeister 2012 Plakate einer Bürgerinitiative in Moitzfeld-Herkenrath aus Landschaftsschutzgebiet entfernen lassen, weil für diese keine Baugenehmigung vorgelegen hätten. Eine ähnliche Plakat-Diskussion habe es auch schon bei der Kommunalwahl 2009 gegeben. Damals hatten CDU, FDP und SPD im gesamten Kreisgebiet zahlreiche Großplakate ohne Genehmigung im Landschaftsschutzgebiet aufgestellt. Die zuständige Kreisbehörde und die betroffenen Parteien versprachen damals, sich zukünftig an die Nutzungsregeln zu halten und die notwendigen Anträge zu bearbeiten.
Tomás M. Santillán ist skeptisch, ob für alle Großplakate die notwendigen Genehmigungen vorliegen, und will beim Landrat nachfragen: „Viele Parteien geben zwar vor, für den Landschafts- und Naturschutz einzutreten, aber im Wahlkampf werden sie immer dreister. In den nun vorliegenden Fällen stehen die Plakate nicht nur in Landschaftsschutzgebieten, sondern auch in mit Schildern ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Während der Kreis für Großplakate im Landschaftsschutzgebiet temporäre Genehmigungen erteilen kann, sind diese Aufbauten in Naturschutzgebieten tatsächlich nicht genehmigungsfähig, sondern nach dem Bundesnaturschutzgesetz rechtswidrig. Selbst eine ‚parteipolitisch wohlwollende‘ Naturschutzschutzbehörde kann solche Aufbauten nicht ‚nachträglich‘ genehmigen, da diese schon Teile der darunter liegenden Pflanzen und den Boden beschädigt haben. Tatsächlich muss sie umgehend durchgreifen und empfindliche Strafen erheben.“
Im Bereich der Grube Cox seien Sonnenbaden und das Fahrradfahren wegen „Beeinträchtigung der Natur“ verboten. Aber offenbar dürften bestimmte Parteien in Wahlkämpfen Großplakate in den Wald stellen und dabei nicht unerheblichen Schaden erzeugen. Santillan habe wenig Hoffnung, daß der Rheinisch-Bergische Kreis mit einer CDU-GRÜNEN Koalition eingreifen werde. „Wir dürfen gespannt sein, wieviel Großplakate in den letzten Wahlkämpfen im Landschaftsschutzgebiet genehmigt wurden. Die Anfrage dazu ist raus“, so Santillan.
Solche Großplakate haben übrigens eine Größe von 356cm x 252cm. Auch das Papier, was dort verklebt wird entspricht dieser Fläche. Tatsächlich braucht also ein Großplakat soviel Fläche wie 18 A1-Plakate. Viele der Großflächen werden während einer Wahlkampagne doppelt mit Papier beklebt. Also gleich 36x.
Wir alle können beobachten, wie die Parteien ihre Großflächen ausweiten und immer mehr von diesen im Wahlkampf einsetzen. Vielleicht setzt sich mal jemand hin und rechnet aus, ob der Müll wirklich weniger damit wird, oder ob das nur eine Wahlkampfschau ist und am Ende sogar mehr Müll entsteht. 20 Großplakate sind also durchaus mit 720 A1 Plakaten zu vergleichen und wir müssen uns nur in der Nachbarschaft umschauen und zählen.
An dieser Stelle sei übrigens angemerkt, dass die kleinen Parteien sich die teuren Großplakate nicht leisten können, denn sie werden teuer gemietet und von Firmen mit viel Aufwand und hohen Kosten aufgestellt werden. Von den meisten Parteien, die zur NRW-Wahl antreten sehen wir nur A1-Plakate (oder keine).
Zum offenkundigen “Greenwashing” und der damit verbunden Heuchelei kommen die erheblichen CO2-Emissionen, die durch den Transport der Aufbauten entstehen, hinzu. Denn Großplakate und die dazugehörigen Aufbauten werden nicht nur mit Lastwagen montiert und aufgestellt, sondern auch von wahlkämpfenden Bundesland zu dem nächsten Bundesland quer durch die Republik transportiert.
Die A1 Plakate dagegen werden oft auch von Fußgängern oder Fahrradfahren und von Partieaktiven vor Ort montiert. Die Aufstellung der Großflächen im Naturschutzgebiet ist dabei die Spitze des Eisbergs.
Es geht bei dem Thema aber auch um die Chancengleichheit im Wahlkampf. In machen Kommunen im Rheinisch-Bergischen Kreis haben die Räte in Satzungen die Anzahl der A1 Plakate in Wahlkämpfen pro Partei begrenzt. Die gleichen Parteien, die diese Einschränkung im Wahlkampf in den Räten beschlossen haben, haben ihre Anzahl der Großflächen-Plakate in den letzten Jahren erheblich erhöht und haben jetzt sogar mehr Werbefläche als vorher. Das Ziel, dass weniger Plakate die “Landschaft” und Städte verschandeln, wurde umgangen und konterkariert, denn jetzt hängen die Plakate nicht nur an Laternen, sondern stehen auch auf der grünen Wiese und falls genehmigt auch im Landschaftsschutzgebieten.
Die Maßnahme die A1-Plakate an Laternen zu reduzieren hat damit die Chancen für kleiner Parteien deutlich verschlechtert und die großen Parteien nutzen ihre Macht und “Amigos” in den Räten und bei den Genehmigungsbehörden schamlos aus. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass sich da etwas ändern wird.