Den Beitrag entnehmen wir dem Waterbölles, dem kommunalpolitischen Forum für Remscheid:
„Dem Gemeinwohl zur Förderung, Dem Verkehr zur Erleichterung, Der Technik zur Anerkennung.“ – Der Richtspruch aus Anlass der Schlussfeier zum Bau der Müngstener Brücke am 22. März 1897 drückt schlicht und zurückhaltend die Gefühle und die Erwartungen der Menschen aus, die für dieses Bauwerk eingetreten waren, es herbeigesehnt, geplant und schließlich gebaut hatten. Geh. Baurat Brewitt von der Königlichen Eisenbahndirektion hatte das Anliegen beim Einschlag des „Letzten Niets“ vor 115 Jahren so komprimiert auf den Punkt gebracht, dass der Wortlaut auch heute noch Bestand hätte. Die zeitgenössischen Chronisten überschlugen sich derweil mit Begeisterung in Überschwänglichen Berichten und die Bauleute mussten zum Schluss der Bauzeit noch einmal ranklotzen, um den Termin des Bogenschlusses zum 100. Geburtstag des Namenspatrons Kaiser Wilhelm I. zu schaffen. So heißt es in einem Buch über Remscheid von ca. 1910:
“Und mit den schweren Riesenlasten rüttelten die Winterstürme, namentlich in den Märzwochen 1897, an dem großen Eisenleibe. Aber Konstrukteure und Ingenieure waren sich vollständig über das auftretende Kräftespiel klar, und die Werkleute hatten ein unbedingtes Zutrauen zum Werke und seinen Leitern. Tapfer und wacker hielten alle aus, ein Gedanke beseelte sie alle: an dem Tage der Zentenarfeier, dem Tage, der Deutschland den großen Kaiser gab …… sollte der Bogenschluß erfolgen. Und was sie sich gelobt, das Foto von Schloss Küppelstein bei Müngsten wurde in zäher Ausdauer vollendet, trotz Wetterbraus und Winterstürmen. Am 22. März 1897 wurde die letzte Niete am Schlußstück des Bogenscheitels genietet und ein Zug von 160 Personen bewegte sich unter Führung des Geh. Baurats Brewitt auf die Brückenmitte zum Schlußakt und dann zum Richtfest auf Schloß Küppelstein. …… ”

Wie es auf dem Richtfest zuging, berichtet den Schreiber leider nicht, aber dass man damals kräftig gefeiert hat, daran besteht sicher kein Zweifel. Dazu mag auch beigetragen haben, dass das Restaurant Schloß Küppelstein Eigentum der Brauerei C.W. Kipper war, die sich von der exponierten Lage dieses Anwesens auch einen Vermarktungserfolg ihrer Biere erhoffte. Wie die Hotels “Müngsten” und “Bergische Schweiz” hatten viele Investoren auf die Zugkraft der Brücke gesetzt, als es noch keinen Brückenpark, aber dafür eine Station der Barmer Bergbahn im Tale gab. Von dem “Goldenen Niet” war so zeitnah auch noch nicht die Rede; um Legenden erfolgreich in die Welt zu setzen, muss man schon etwas warten. Den “Sanierern”, die nunmehr damit beginnen sollen, die Brücke zumindest für eine Zeitlang wieder für Personenverkehr zu ertüchtigen, sei der alte Richtspruch mit auf den Weg gegeben verbunden mit dem Wunsch, es den Verkehrsteilnehmern so leicht wie möglich zu gestalten. (Zitate, Foto und Werbegrafik aus: K.Grüber und Prof. Holstein, „Remscheid, Führer durch Stadt und Umgebung“, Verlag H. Krumm Remscheid, ca. 1910)
Beitragsbild: Werbegrafik von Schloss Küppelstein bei Müngsten von Jürgen Breidenbach