Ein Haus mit gutem Namen

Ein Newsletter der Kulturinitiative Wermelskirchen, für den Vorstand verfaßt vom Schriftführer Thomas Wintgen, soll die Mitglieder informieren, ihnen eine Rechenschaft geben und sie gewiß auch motivieren, in diesen der Kultur nicht so sehr gewogenen Zeiten der Initiative beizustehen und sie für die sich gewiß wieder einstellenden besseren Zeiten zu motivieren. Das gilt aber nicht nur für die Mitglieder der Initiative, sondern für alle Wermelskirchenerinnen und Wermelskirchener, soweit sie an Kultur und Musik, an Workshops und gepflegtem Gespräch, an Ausstellungen oder Theater, an Kulturstammtischen, am Deutsch-Stammtisch für Flüchtlinge, an anderen Treffen aller Art, an allen möglichen kulturellen und sozialen Events interessiert sind.

Seit gut fast 6 Jahren gibt es inzwischen unseren Verein Kulturinitiative Wermelskirchen eV, liebevoll „Kult-In“ genannt, seit 5 Jahren sind wir in unserem Haus Eifgen. Ehe uns die Covid-19-Pandemie heimsuchte, haben wir – 2019 – an mehr als 100 Veranstaltungstagen knapp 6.500 Menschen im Haus Eifgen bzw. unserem Biergarten begrüßen dürfen. Binnen kürzester Zeit hat sich Haus Eifgen einen Namen gemacht – einen ausgezeichneten, wie wir meinen.

Das haben wir uns allen zu verdanken, das heißt in erster Linie natürlich den mehr als 50 von uns, die zu fast allen möglichen Tages- und Nacht-Zeiten „den Laden schmeißen“, wie man so sagt. Da ich mich seit einigen Monaten verstärkt einbringe, bekomme ich es sehr hautnah mit: Es vergeht eigentlich kein Tag, kein Zeitpunkt, an dem ich hier etwas herbringe, abhole oder erledige, an dem ich die Tür selber öffnen müsste. Nein, sie steht meistens offen, weil irgendjemand hier aktiv ist – nicht nur unser im Haus wohnender Hausmeister und Mitstreiter Hans.

Unser Kulturbetrieb funktioniert bisher rein ehrenamtlich, was die viele Arbeit betrifft. Das bedeutet aber nicht „amateurhaft“, was man an den größtenteils höchst professionellen Ergebnissen unseres Engagements erkennt. Davon zeugen rundum zufriedene sowie rundum überzeugte künstlerische Gäste und unser Publikum. Ich bin überzeugt, dass das nur passieren kann, weil die Stimmung in unserem bunten Haufen ausgezeichnet ist. Wir können und dürfen aufeinander zählen; wir helfen einander und vor allem: Wir lachen bei unserer Arbeit, sind nicht griesgrämig oder gar missmutig, neidend. Sie macht uns Spaß, weil wir sehen, dass eigentlich alle Menschen, die fröhlich zu uns kommen, mindestens so fröhlich wieder den Heimweg antreten. Ich finde, dafür dürfen wir uns mal mindestens drei Stunden alle kräftig auf die Schultern klopfen. „Ihr seid so Klasse! Danke!“

Und nun sind wir sogar ein „Soziokulturelles Zentrum“. Was ist das eigentlich?

„Das Soziokulturelle Zentrum ist ein Ort der Zusammenkunft für Bürger:innen aller Stadtteile, um niedrigschwellige soziale kulturelle Angebote selbst zu schaffen oder zu konsumieren. Es geht also um Integration im weitesten Sinne – also die Integration all derer, die in der Stadt leben, egal ob arm oder reich, gebildet oder bildungsfern, deutschsprachig oder nicht. Es geht darum, alle Menschen zusammenzubringen, um möglichst vielen Einwohnerinnen unserer Stadt kulturelle Teilhabe zu ermöglichen und um demokratische Prozesse zu pflegen.“

Wir sind das nicht, weil wir es geplant haben, sondern weil wir es MACHEN. Wir haben zu Beginn vor fünf Jahren halt geschaut, was geht – auf der Grundlage des vom damaligen Vorstand verabschiedeten „Betriebskonzepts“ zum Haus Eifgen, das schon erstaunliche Überlegungen zu unseren möglichen Aktivitäten enthielt:

Poetry-Slam /Lesungen/Musikveranstaltungen an einem festen Tag einmal in der Woche, unterschiedliche Richtungen, verschiedene Zielgruppen, Karaoke, Mitsing- oder DJ-Abende/Musiker- und Künstlerstammtisch/Sonntags- Frühschoppen/Gourmet-Tag (z.B. Schweizer Fondue, Louisiana Food mit entsprechender Live-Musik Begleitung (Hintergrund, kein Konzert)/Musikalien- und Instrumentenflohmarkt/Klassische Konzerte (Klavier, Kammermusik)/Ausstellungen/Oldtimer- und Motorrad-Treff/Workshops/Blues- Session/Jazz-Night/‚Kneipe/Café‘ – multikulturell /Kunst gegen Bares (KGB)/Live Recording Studio/ (nur wenige wurden nicht realisiert)

Als neues Mitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) soziokultureller Zentren NRW haben wir nun Zugang zu Förderprogrammen, die uns bisher verschlossen blieben. Eines davon ist das nun Vorliegende „Neue Normalität – Diversität und Teilhabe“. Was aber haben wir mit Diversität zu tun?

Diversität kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Vielfalt und Vielfältigkeit. Synonym zu Diversität werden häufig die Begriffe Heterogenität, Unterschiedlichkeit, Verschiedenheit und Differenz verwendet. Der Begriff Diversität fokussiert auf Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Menschen. Dabei stehen historisch gewachsene gesellschaftliche Differenzierungen im Mittelpunkt, die soziale Ungleichheiten hervorgebracht haben. Der Förderbegriff „Diversität von Kultureinrichtungen“ setzt freilich nicht auf das Separieren, sondern auf das Inkludieren der Differenzen.

Und wir haben da bereits einiges zu bieten, auch wenn noch nicht alle wissen, dass ‚LGBTQ+‘ keine neue Corona Mutante ist. Dass das quasi im Alltag „kaum auffällt“, spricht dafür, dass Inklusion eine für uns bereits selbstverständliche Übung ist. Wir haben seit dem vergangenen Sommer einen barrierefreien Zugang in unseren Saal sowie in den Sanitärbereich. Bei uns finden – dank Tracey – Sitzungen insbesondere von Eltern der Schüler:innen der Schule des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) für Kinder und Jugendliche mit körperlichen und motorischen Beeinträchtigungen statt. Bei uns trifft sich vierzehntäglich ein Stammtisch mit sprachlich noch weiter zu integrierenden Menschen, die zu uns geflüchtet sind vor Krieg, Hunger und Elend. Und die gerne hierher kommen ins Haus Eifgen, um – mal ohne Kinder und Männer – einfach nur miteinander zu plaudern, über schöne Erlebnisse zu schwärmen, familiäre und individuelle Sorgen und Probleme zu reden oder sich erklären zu lassen, was es mit dem Martinszug, mit dem Schulsystem, mit Silvesterbräuchen oder mit dem System der Krankenkassen auf sich hat.

Nun müssen wir nicht über jedes Stöckchen springen, das uns hingehalten wird. Auch nicht jedes Förderprgramm, das uns über den Weg läuft, beantragen. Aber wenn wir unsere Arbeit nachhaltig absichern wollen, müssen wir uns an die neuen Entwicklungen in unserer Gesellschaft ohnehin gewöhnen, sie adaptieren und im Rahmen unserer Möglichkeiten auch annehmen.

„Soziale Kompetenz und diversitätssensible Einstellungen umfassen eine mitmenschliche Grundhaltung, Integrität, Anerkennung von Diversität als selbstverständlichen Aspekt sozialen Miteinanders, Interesse an und Offenheit in Bezug auf Vielfältigkeit, Empathiefähigkeit, Beobachtungs- und Wahrnehmungskompetenz, Kommunikationskompetenz, Kompetenz zum Aufbau von Beziehungen, Konfliktklärungskompetenz, Reflexionskompetenz, Analysekompetenz, Fähigkeit zum Perspektivenwechsel, Ambiguitätstoleranz etc.“ (Surur Abdul-Hussain und Roswitha Hofmann)

Uns zur Inklusion von Minderheiten, Andersheiten, Menschen mit Defiziten zu sensibilisieren, unser Wissen zu vertiefen und unser Verhalten zu ändern wäre mit Hilfe dieses Förderprogramms möglich. Der Antrag wird von einer Jury bewertet – wir berichten über das Ergebnis, wenn es (wahrscheinlich Ende Januar) bekanntgegeben wird. Alle sind herzlich eingeladen, sich dann dabei einzubringen. Dass es niemanden hier unter uns gibt, der damit Bedenken hätte, davon dürfen wir – dankeschön – allerbesten Gewissens ausgehen.

Kulturinitiative Wermelskirchen
Der Vorstand
i.A. Thomas Wintgen, Schriftführer

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