Parodontitis: Neue Kassenleistung aktiv einfordern

Selbstzahlerleistungen in der Regel nicht mehr notwendig

Rheinisch-Bergischer Kreis | Parodontitis ist eines der häufigsten Leiden bei Erwachsenen, bislang mussten Betroffene die Vor- und Nachbehandlung selbst bezahlen. Das ist nun anders, denn seit dem 1. Juli übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bei einer diagnostizierten Parodontitis nicht nur die Akutbehandlung, sondern auch Vorbehandlung (Zahnreinigung) und Nachsorge.

Das hat sich anscheinend noch nicht bis in jede Zahnarztpraxis herumgesprochen, wie die Beschwerde eines Düsseldorfers zeigt, der sich hilfesuchend an die Verbraucherzentrale NRW gewandt hat. Obwohl der Patient mit einem Verdacht auf Parodontitis ausdrücklich nach einer Behandlung nach Kassenleistung fragte, erklärte ihm seine Zahnärztin, bei ihr seien immer private Zuzahlungen nötig, da die Kassensätze nicht hoch genug seien. 

Doch die seit 1. Juli gültige Richtlinie sieht vor, dass die komplette Vor- und Nachbehandlung einer Parodontitis von den Kassen übernommen wird. Zahnärzt:innen mit Kassenzulassung dürfen also diese Kassenleistungen nicht verweigern und gesetzlich Versicherte zu Privatleistungen anstelle der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung drängen. Die Düsseldorfer Zahnärztin bot ihrem Patienten statt der Parodontitisbehandlung eine privat zu zahlende professionelle Zahnreinigung an, viermal pro Jahr für jeweils 120 Euro. Die Erstellung eines Heil- und Kostenplans als nötigen Behandlungsantrag für die Krankenkasse lehnte die Ärztin ab. 

Das rät die Verbraucherzentrale NRW: 

• Als Patientin oder Patient hartnäckig sein Betroffene sollten sich von ihren Zahnärzt:innen nicht abwimmeln lassen, sondern auf ihrem Recht auf Kassenleistung bestehen. Dafür muss ein Befund erstellt werden zu Zahnfleischtaschen, Zahnlockerung und Zahnfleischbluten. Auch Röntgenbilder sind nötig. Vorleistungen wie Zahnsteinentfernen oder Beseitigung von Reizfaktoren entfallen. Wie viele Zähne betroffen sind, spielt keine Rolle. Wer mit Hartnäckigkeit keinen Erfolg hat, kann sich an die Patientenberatung der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung wenden. 

• Zahnfleischtaschen messen lassen Gesetzlich Versicherte können alle zwei Jahre kostenlos die Tiefe möglicher Zahnfleischtaschen messen lassen (sogenannter Parodontaler Screening Index). Als behandlungsbedürftig gilt eine Parodontitis ab einer Zahnfleischtaschentiefe von vier Millimetern oder mehr. 

• Bei der Krankenkasse einen Antrag stellen Damit die gesetzlichen Kassen die Kosten übernehmen, muss vor Behandlungsbeginn ein schriftlicher Antrag gestellt werden. Eine systematische Parodontitisbehandlung muss vorab von der Krankenkasse genehmigt werden. 

• Auf die neue, bindende Richtlinie verweisen Die neue Parodontitis-Richtlinie ist zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten und für Zahnärzt:innen mit Kassenzulassung verpflichtend. Über die Leistungen und Vergütungsziffern haben Zahnärzteschaft und Krankenkassen sich in Verhandlungen geeinigt. 

Weiterführende Infos und Links: Parodontitis ist keine Zahnfleischentzündung, sondern eine Entzündung des sogenannten Zahnhalteapparats. Sie greift also den Kieferknochen an und führt deshalb unbehandelt zum Zahnverlust. Mehr zur neuen Kassenleistung bei Parodontitis finden Sie hier.

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