NACHRICHTEN AUS DER CORONA-PANDEMIE (CCCXXXIX)

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Infektionen ist den fünften Tag in Folge gestiegen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Sonntag eine Inzidenz von 6,2 nach 5,8 am Samstag. Vor einer Woche lag der Wert, der angibt, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben, noch bei 5,0. Zudem meldet das RKI 745 Neuinfektionen. Das sind 186 mehr als am Sonntag vor einer Woche. Sechs weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Die Ansteckungsrate (R-Wert) wird vom Robert-Koch-Institut (RKI) mit 1,17 angegeben (Vortag: 1,05). Der 7-Tage-R-Wert liegt aktuell bei 1,15 (Vortag: 1,17). Laut DIVI-Register werden in Deutschland derzeit 436 Covid-19-Patienten intensivmedizinisch behandelt, 283 davon werden beatmet. Rund 4760 Intensivbetten sind in den deutschen Kliniken derzeit noch frei.

Die Fallzahlen ziehen zwar leicht an, aber die Anzahl der “coronafreien” Regionen (Sieben-Tage-Inzidenz bei 0,0) bleibt bisher nahezu stabil. Aktuell sind es 42 von 412 Regionen in Deutschland, in denen in den zurückliegenden sieben Tagen keine Neuinfektionen entdeckt wurden (am Samstag waren es 43, vor einer Woche 41).

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans von der CDU fordert eine weitere Lockerung der Corona-Regeln bei deutlich steigender Impfquote. “Wenn alle ein vollständiges Impfangebot erhalten haben und die Impfung vor schweren Verläufen auch neuerer Varianten schützt, müssen wir unsere Corona-Maßnahmen schrittweise wieder zurücknehmen”, sagte der Regierungschef der Zeitung “Welt am Sonntag”. Der CDU-Politiker sprach sich dafür aus, bei der Bewertung der Corona-Entwicklung nicht mehr nur auf den Inzidenzwert zu blicken. “Je mehr Menschen geimpft und getestet sind, desto mehr verliert der Inzidenzwert allein an Aussagekraft”, erklärte Hans. Deshalb sollte im Herbst der Fokus mehr auf die Intensivbettenbelegung in den Krankenhäusern gerichtet werden. In der Debatte um weitere Lockerungen der Beschränkungen mahnt Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier zu Vorsicht. “Zunächst sollten wir zumindest drei Monate abwarten, denn dann wissen wir besser, welche Auswirkungen die Delta-Variante und die Reiserückkehrer haben. Ich halte daher eine weitere Maskenpflicht in Abwägung zu den möglichen Auswirkungen für eine geringere Einschränkung”, sagt der CDU-Politiker der “Welt am Sonntag”. Nach Ansicht von CSU-Generalsekretär Markus Blume sollen die Regeln erst fallen, wenn alle Impfwilligen den vollen Schutz haben: “Sobald jeder Bürger ein komplettes Impfangebot erhalten hat und der Impfschutz auch wirksam bleibt, geht die Gesamtverantwortung vom Staat wieder auf den einzelnen Bürger über. Das heißt: Mit dem Impfschutz für alle endet auch die Zeit der Beschränkungen für alle. An diesem Punkt sind wir aber noch nicht”, sagt Blume dem Blatt. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat angesichts der sich ausbreitenden Delta-Variante des Corona-Virus vor zu schnellen Lockerungen gewarnt. “Wir dürfen nicht den Fehler machen, zu viel zu öffnen”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. “Wir sollten stattdessen mit möglichst wenig Brandherden in den Herbst hinein gehen. Insbesondere bei Treffen in Innenräumen wäre ich vorsichtig.” Lauterbach kritisierte deshalb insbesondere die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. “NRW ist zu schnell nach vorne gegangen”, sagte er dem RND. “Da werden Abstände nur noch empfohlen. Für Treffen im Freien gibt es keine Obergrenzen mehr. Und die Maskenpflicht ist in vielen Bereichen aufgehoben.” Die neuen Regeln an Rhein und Ruhr seien somit “eine Zwischenstufe zwischen den Maßnahmen, die wir sonst in Deutschland haben, und den Maßnahmen in England”. Dort ist die Delta-Variante besonders verbreitet, und die Inzidenz zieht im europäischen Vergleich besonders stark an. SPD-Chefin Saskia Esken hat angesichts steigender Corona-Inzidenzwerte einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen auch durch Einschränkungen seitens geimpfter Erwachsenen gefordert. “Die Gesundheit ebenso wie die Bildungs- und Entwicklungschancen der jungen Generation müssen jetzt im Vordergrund stehen”, sagte Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). “Die junge Generation hat jetzt mehr als ein Jahr aus Rücksicht auf die ältere Generation auf vieles verzichtet, jetzt darf sie dieselbe Rücksichtnahme von den überwiegend geimpften älteren Erwachsenen erwarten.”

Die Erfurter Professorin und Psychologin Cornelia Betsch fordert, die Hürden für Impfungen so niedrig wie möglich zu hängen. “Wir müssen mit dem Gesundheitsangebot dahin gehen, wo die Menschen sind”, sagte Betsch dem “Tagesspiegel am Sonntag”. “Man kann sich testen lassen bei dm – warum nicht auch impfen bei dm oder Aldi?” Natürlich handele es sich um einen medizinischen Eingriff, aber es seien ja Ärzte anwesend. Oft wüssten die Menschen ohnehin, dass sie die Impfung wollen. “Sie sind nur nicht bereit, x mal auf die Terminseite zu klicken oder ständig beim Hausarzt anzurufen.” Die Forscherin untersucht im Rahmen der Cosmo-Studie seit März 2020 Einstellungen und Verhalten in der Pandemie. Von Strafen für Impfschwänzer hält Betsch wenig, auch von materiellen Anreizen für Impfungen ist sie nicht überzeugt: “Wir haben das untersucht und haben herausgefunden, dass nur sehr hohe Anreize etwas bringen.” Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat Studenten aufgefordert, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Sie wünsche sich so viel Normalität wie möglich für das Wintersemester, sagte die CDU-Politikerin der “Welt am Sonntag”. Sie wisse, wie unbefriedigend das isolierte Lernen sei. “Um so viel Präsenz wie möglich zu ermöglichen, appelliere ich auch an die Studierenden – lassen Sie sich impfen!” Einer Umfrage der “Welt am Sonntag” zufolge haben 55 Prozent der Universitäten Studenten bereits ein Impfangebot gemacht, weitere 24 Prozent planen dies. Dabei geht es um eigene Impfzentren, mobile Teams vor Hochschulen oder geblockte Termine. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Insa geben 17 Prozent der Menschen in Deutschland an, noch nicht geimpft zu sein und sich auch nicht impfen lassen zu wollen. Am deutlichsten ausgeprägt sei diese Haltung bei Anhängern der AfD, die sich zu 44 Prozent nicht impfen lassen wollten, berichtet die Zeitung. Außerdem gebe es im Osten deutlich mehr Impfgegner (22 Prozent) als im Westen (15 Prozent). In immer mehr Kreisen und Orten Niedersachsens ist es möglich, sich ohne vorherige Anmeldung impfen zu lassen. In Hannover etwa können Bürger über 18 Jahren dieses und nächstes Wochenende zwischen 9 und 16 Uhr im Impfzentrum auf dem Messegelände vorbeikommen. Verabreicht werden dort die Impfstoffe Astrazeneca und Johnson & Johnson. In Braunschweig können sich Volljährige jeden Tag ohne Voranmeldung impfen lassen. In Göttingen wird am heutigen Samstag geimpft, solange der Vorrat reicht. Am morgigen Sonntag stellt Lohne im Landkreis Vechta jeweils 150 Dosen Johnson & Johnson für Erwachsene und 150 Spritzen mit Biontech für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren ohne Voranmeldung zur Verfügung. In den Bundesländern gibt es einer Umfrage der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” zufolge keine massenhaften Absagen von Impfterminen. Flächendeckend ließen nur wenige Deutsche ihre Termine in den Impfzentren platzen, heißt es in dem Bericht. Insgesamt ergebe sich ein entspanntes Bild. Demnach meldeten die Gesundheitsministerien verschiedener Bundesländer, “keine wesentliche Steigerung”, ein “sehr geringes” oder “gleichbleibend niedriges Niveau” oder “keine größeren Terminabsagen”. In anderen Ländern erschienen zwischen zwei und sechs Prozent der Leute nicht zum angekündigten Impftermin. Ausreißer bildeten Hessen mit rund 20 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz mit rund 15 Prozent.

Die EU-Kommission hat die Mitgliedsländer der Europäischen Union nach eigenen Angaben inzwischen mit ausreichend Corona-Impfstoff versorgt, um mindestens 70 Prozent der erwachsenen Bürger vollständig zu impfen. Kommissionschefin Ursula von der Leyen teilt mit, bis Sonntag würden insgesamt rund 500 Millionen Impfdosen verteilt worden sein. Sie rief die EU-Länder auf, die Impfkampagnen zu forcieren. In Deutschland haben mittlerweile 35 Millionen Bürgerinnen und Bürger und damit 42,1 Prozent den vollen Impfschutz, 48,4 Millionen oder 58,2 Prozent sind mindestens einmal geimpft. Von diesem Sonntag an behandelt die Bundesregierung ganz Spanien und damit auch Mallorca und die Kanaren als Corona-Risikogebiet. Das bedeutet, dass das Auswärtige Amt mitten in den Sommerferien wieder von touristischen Reisen in das beliebteste Urlaubsland der Deutschen abrät. Praktische Folgen ergeben sich für Urlauber aber kaum: Wer mit dem Flugzeug aus Spanien nach Deutschland zurückkehrt, muss wie bisher einen negativen Test oder einen Nachweis über eine vollständige Impfung oder Genesung dabeihaben. Damit entfällt dann die Quarantänepflicht. Strengere Auflagen als für Spanien gelten ab sofort für die ebenfalls sehr beliebte Urlaubsinsel Zypern, die als Hochinzidenzgebiet mit besonders hohen Infektionszahlen eingestuft wird. Wer dort Urlaub macht und nicht geimpft oder genesen ist, muss künftig für fünf bis zehn Tage in Quarantäne – auch wenn ein negativer Test vorliegt. Wegen einer starken Zunahme von Corona-Infektionen in den Niederlanden unterbricht dort das Parlament seine gerade erst begonnene Sommerpause und kommt zu einer Sondersitzung zusammen. Sie wurde für den kommenden Mittwoch angesetzt. Zuvor hatte Gesundheitsminister Hugo de Jonge Alarm geschlagen. Nach Angaben des staatlichen Gesundheitsinstituts RIVM wurden in den Niederlanden zwischen Freitag und Samstag 10.345 neue Ansteckungen festgestellt, einen Tag zuvor waren es noch knapp 7000 und am Samstag voriger Woche 1100. Angesichts dieser Entwicklung hat das Land eine Reihe von Corona-Maßnahmen wieder verschärft. In Großbritannien ist die Zahl der täglich registrierten Neuinfektionen gesunken. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden wurden am Samstag 32.367 neue Fälle gemeldet – nach 35.707 am Vortag.

Australien verzeichnet den ersten Todesfall in Zusammenhang mit dem Coronavirus im Jahr 2021 und eine Rekordzahl an Neuinfektionen mit 77 Fällen. “Ich wäre schockiert, wenn es morgen um diese Zeit weniger als 100 zusätzliche neue Fälle gäbe”, sagte die Premierministerin des Bundesstaates Neusüdwales, Gladys Berejiklian, im Fernsehen. Im größten Bundesland Australiens breitet sich zur Zeit die hochansteckende Delta-Variante aus. Die Fünf-Millionen-Stadt Sydney befindet sich in einem harten Lockdown. Australien ist es bisher gelungen, die COVID-19-Zahlen relativ niedrig zu halten. Seit Beginn der Pandemie gab es nur etwas mehr als 31.000 Fälle und 911 Todesfälle. Doch nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung ist geimpft. Zwei Tage nach Abschluss seiner Regierungsbildung muss Algeriens neuer Ministerpräsident Ayman Benabderrahmane wegen einer Covid-19-Infektion in Quarantäne. Wie das Staatsfernsehen berichtet, wird er die Geschäfte aber online weiter führen. Staatspräsident Abdelmadjid Tebboune beauftragt unterdessen die Regierung, angesichts steigender Infektionszahlen wieder eine Maskenpflicht sowie Abstandsregeln im ganzen Land einzuführen. Auch solle die Impfkampagne beschleunigt werden, ordnete der Präsident an. Das nordafrikanische Land hat bisher insgesamt gut 145.000 Corona-Infektionen und rund 3824 Todesfälle registriert. Kuba hat dem selbst entwickelten Impfstoff Abdala eine Notfallzulassung erteilt. Das Vakzin habe in der Testphase III eine Effektivität von 92,28 Prozent gezeigt, teilt das staatliche Zentrum für die Kontrolle von Medikamenten und medizinischen Geräten (Cecmed) mit. Damit ist Abdala der erste in Lateinamerika entwickelte und zugelassene Impfstoff gegen das Coronavirus. “Ein Licht am Ende des Tunnels in diesem langen Wettlauf gegen die Pandemie”, schreibt Präsident Miguel Díaz-Canel auf Twitter. Zwar verfügt Kuba über viel Erfahrung bei der Entwicklung von Impfstoffen. Bislang wurden die Studienergebnisse zu Abdala aber nicht unabhängig geprüft.

Beitragsfoto © Polina Tankilevitch (Pexels)

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.