2. Update | Preiswillkür und hohes Risiko

Rheinisch-Bergischer Kreis | Die Bergisch Gladbacher Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW rät zur Vorsicht bei Käufen auf der Online-Ticketbörse Viagogo, wie aus einer Mitteilung der Verbraucherzentrale hervorgeht. Nach einer langen Corona-Pause lebt die Veranstaltungsbranche langsam wieder auf. Neben kleinen Konzerten, Theatervorstellungen und Festivals werden auch Großveranstaltungen wieder geplant – zumeist für das Jahr 2022. Der Ticketverkauf läuft auf Hochtouren und viele Konzerte beliebter Bands sind innerhalb von Minuten ausverkauft. Um doch noch eines der begehrten Tickets zu ergattern, landen viele Verbraucher:innen auf der Online-Ticketbörse Viagogo.

Warum der Ticketkauf auf der Plattform mit einem hohen Risiko verbunden ist, erklärt Brigitte Becker, Leiterin der Beratungsstelle Bergisch Gladbach der Verbraucherzentrale NRW.

• Kein offizielles Ticket-Verkaufsportal Bei Viagogo handelt es sich um eine Ticketbörse und nicht um ein offizielles Verkaufsportal. Das bedeutet, dass Viagogo die Tickets nicht selbst verkauft, sondern lediglich zwischen privaten Anbieter:innen und Käufer:innen vermittelt. Das ist auf den ersten Blick beim Kauf von Tickets auf Viagogo jedoch nur schwer erkennbar. Da die Schweizer Ticketbörse eine konkrete Ticketauswahl ermöglicht, ohne die jeweiligen Verkäufer:innen anzugeben, vermittelt sie den Eindruck einer offiziellen Kartenverkaufsseite. Auf die reine Vermittlung weist Viagogo nicht transparent genug hin und damit auch nicht auf den fehlenden Käuferschutz. 

• Kein Schutz vor Betrug und keine Erstattungen Wer ein Ticket über Viagogo kauft, trägt das volle Risiko für den Fall, dass das Ticket nicht geliefert wird oder die Preise höher sind als der Originalpreis beim Veranstalter. Käufer:innen können gegenüber Viagogo keine Ansprüche geltend machen. Auch bei abgesagten Veranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie bleiben Betroffene häufig auf den Kosten sitzen, da die Tickets bei Dritten erworben wurden, die zumeist völlig unbekannt bleiben. 

• Hohe Ticketpreise Tickets auf Viagogo werden zu deutlich höheren Preisen als den Originalpreisen angeboten. Oft lockt die Ticketbörse auch mit Karten, die bei offiziellen Vorverkaufsstellen bereits ausverkauft sind. Besonders gefragte Tickets können bei Viagogo das Achtfache kosten. Wer von den Preisaufschlägen profitiert, ist nicht ersichtlich, weil die Verkäufer:innen anonym bleiben. 

• Undurchsichtige Gebühren Kurz vor Abschluss des Buchungsvorgangs überrascht Viagogo die Käufer:innen mit zusätzlichen Gebühren: Leicht zu übersehende Buchungs- und Abwicklungskosten sowie die Umsatzsteuer lassen den Gesamtpreis nochmal in die Höhe schießen. 

Hintergrund
Die Verbraucherzentrale Bayern hat die Schweizer Ticketbörse Viagogo im April 2018 vor dem Landgericht München verklagt. Zuvor hatte das Unternehmen auf eine Abmahnung nicht reagiert. Hierbei kritisierten die Verbraucherschützer:innen vor allem, dass das Unternehmen nicht als Ticketbörse, sondern als offizielles Ticket-Verkaufsportal auftritt. Das Landgericht München ist der Ansicht der Verbraucherzentrale gefolgt und hat entschieden, dass Viagogo die Verkäufer:innen transparent machen muss. Außerdem darf nicht mit einer Garantie für gültige Tickets geworben werden, wenn auch personalisierte Eintrittskarten vermittelt werden, die keinen Einlass zur Veranstaltung ermöglichen. Die Entscheidung ist jedoch nicht rechtskräftig, da Viagogo Berufung eingelegt hat. 

Weiterführende Infos und Links: Weitere Informationen zur Online-Ticketbörse Viagogo gibt es auf der Homepage der Verbraucherzentrale NRW unter.

Update 23. Juni 2021:

Nachdem ich gestern eine umfangreiche Mitteilung mit den Positionen von Viagogo zusätzlich zu den Presseinformationen der Verbraucherzentrale eingestellt hatte, erreichte mich die Absenderin dieser Mitteilung heute telefonisch und bat mich darum, Ihren Namen sowie den Namen der Agentur, für die sie handelt, aus der Mitteilung zu löschen. Sie handelten zwar im Auftrag von Viagogo, das sei vertraglich vereinbart, es gebe aber derzeit keinen deutschen Pressesprecher von Viagogo. Ob ich nicht schreiben könne: Wie ein Pressesprecher von Viagogo mitteilt? Nein, Frau N.N., das kann ich nicht, weil mich kein deutscher Pressesprecher kontaktiert hat. Ich belasse das ganze Update von gestern lediglich aus dem Grund in dem Beitrag, um die doch ausgesprochen merkwürdige Vorgehensweise des Unternehmens und einer wahrscheinlich vertraglich verbundenen Agentur zu dokumentieren. Hätte mich gestern das Schreiben erreicht auch mit der Bitte, den Namen der Agentur und den der Mitarbeiterin der Agentur nicht zu nennen, hätte ich das Update überhaupt nicht eingestellt, weil ich das Verfahren für nicht seriös halte.

Wolfgang Horn

Update 22.Juni 2021:

Am 22. Juni hat N.N. von einer nicht mehr genannt werden wollenden Agentur dem Forum Wermelskirchen “im Namen des Kunden viagogo” mitgeteilt, daß “viagogo (…) substantielle Teile der von der Verbraucherzentrale über das Unternehmen geteilten Informationen für falsch bzw. irreführend” hält. Das betreffe insbesondere den Konsumentenschutz bzw. die viagogo-Garantie. Um diese Punkte zu klären, befinde sich viagogo derzeit im Austausch mit der Verbraucherzentrale.

Insbesondere lege viagogo Wert darauf, dass der folgende Absatz nicht den Tatsachen entspricht, und bittet daher um dessen Streichung.

Kein Schutz vor Betrug und keine Erstattungen Wer ein Ticket über Viagogo kauft, trägt das volle Risiko für den Fall, dass das Ticket nicht geliefert wird oder die Preise höher sind als der Originalpreis beim Veranstalter. Käufer:innen können gegenüber Viagogo keine Ansprüche geltend machen. Auch bei abgesagten Veranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie bleiben Betroffene häufig auf den Kosten sitzen, da die Tickets bei Dritten erworben wurden, die zumeist völlig unbekannt bleiben. (siehe oben)

Zudem offeriert Frau N.N. das Statement eines namentlich nicht genannten viagogo-Pressesprechers:

„viagogo ist ein globaler Marktplatz, der Verkäufer und Käufer weltweit verbindet. Unsere Nutzer sind durch die viagogo-Garantie geschützt. Im sehr seltenen Fall eines Problems springen wir ein, um vergleichbaren Ersatz zu finden, oder bieten eine volle Rückerstattung an. Im Jahr 2019 verzeichneten unsere Nutzer jedoch nur bei einem Bruchteil, ungefähr 1%, aller Transaktionen weltweit ein Problem. Darüber hinaus haben wir zahlreiche andere Sicherheitsfunktionen implementiert, um Nutzer zu schützen. Zum Beispiel werden Verkäufer nur ausbezahlt, wenn der Käufer erfolgreich Zutritt zum Veranstaltungsort erhalten hat.

Wenn eine Veranstaltung abgesagt wird, haben Nutzer Anspruch auf eine Rückerstattung. Zusätzlich haben wir unseren Nutzern direkt zu Beginn der Pandemie 125%-Gutscheine als Alternative angeboten. Wenn eine Veranstaltung verschoben wird, behalten Tickets gemäß unserer viagogo-Richtlinie ihre Gültigkeit. Es besteht daher kein Anspruch auf Rückerstattung. viagogo kontaktiert Käufer proaktiv, um sie über alle Änderungen an ihren Veranstaltungen zu informieren.

Nicht viagogo bestimmt die Preise für die Tickets auf der Webseite – die Verkäufer legen ihre eigenen Preise fest, welche unter oder über dem Originalpreis liegen können. Tickets zu extrem hohen Preisen finden nur sehr selten Abnehmer. Wie bei jeder Markttransaktion werden Käufer nur bezahlen, was sie als einen angemessenen Preis für die Ware empfinden.

viagogo erhebt eine marktübliche Buchungsgebühr. Das ermöglicht uns, die Webseite zu betreiben, einen erstklassigen Kundenservice und unsere viagogo-Garantie zu bieten. In den letzten Jahren haben wir stets daran gearbeitet, dass Fans, die unsere Webseite besuchen, umfassende und transparente Informationen – einschließlich der Buchungsgebühren und eventuell anfallender Steuern – über die Tickets erhalten, bevor sie ihren Kauf abschließen.“

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.