VON WOLFGANG HORN
Ist es nicht erstaunlich, daß eine 19jährige, aus Wermelskirchen stammend und in Münster lebend und studierend, bei der Beschreibung des aktuellen Problems in der Stadt, der Zukunft des Eifgenareals, mehr Weitblick offenbart als in Wermelskirchen beheimatete Politiker? Vielleicht muß man einmal über den Tellerrand Wermelskirchens hinauskommen, um sich den richtigen Blick auf die Wermelskirchener Innereien zu bewahren. Leonie Burghoff hat am Samstag der Bergischen Morgenpost (“Politik vertröstet die Bowl Church”, Morgenpost vom 29. Mai 2021) ein Interview zur Behandlung der Projektideen der Bowl Church gegeben. Sie ist die Enkeltochter des ältesten Wermelskirchener Stadtverordneten, Friedel Burghoff, und von Frank Schopphoff, der sich in den Binnenkämpfen der Kommunalpolitik ebenfalls bestens auskennt.
Weitblick braucht man eigentlich nicht, um zu erkennen, daß das Angebot der Bowl Church “das fehlende Puzzleteil”, wie Leonie Burghoff sagt, in der Angebotspalette für Jugendliche in der Stadt sein kann. “Einen Creativ Space gibt es (…) in Wermelskirchen ja noch nicht. Dort soll jeder die Möglichkeit bekommen, seine Begabungen mit einzubringen und in verschiedenen Workshops vielleicht neue Talente entdecken zu können.” Zudem moniert Leonie Burghoff, daß die Absage einzelner Parteien erfolgt ist, bevor noch der endgültige Investititionsplan vorgelegen hat.
Eigentlich braucht man auch keine Weitsicht für die Erkenntnis, daß es richtiger gewesen wäre, “ein Meinungsbild in der Stadt” zu erfragen, wie Leonie Burghoff formuliert. Es geht ja um ein Projekt für die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt, für die Jugendlichen. Dann sollte man ihnen alle Pläne auch vorstellen, die Meinung der Menschen erfragen und ein transparentes Verfahren entwickeln. Das ist sozusagen der Mindestkanon demokratischer Prozedur. Das derzeitige Verfahren, die frühe Absage von Parteien, das “brüllende Schweigen”, wie ich heute gelesen habe, der Bürgermeisterin und der größten Fraktion im Stadtrat, das alles deutet doch eher auf schwächelnde Kurzsichtigkeit in Politik und Verwaltung hin.
Ist es wirklich sinnträchtig, einen Bürokomplex im Eifgen zu installieren? “Wenn das Eifgen einmal an den Investor verkauft ist, ist es für meine Generation für immer weg”, antwortet weitsichtiger als alle Politik die 19jährige Studentin. Und sie legt den Finger auf die Wunde: Wenn man so mit dem Engagement von Jugendlichen der Stadt umgehe, “muß man sich zumindest nicht wundern, wenn sich keiner mehr engagieren und etwas wagen möchte”.
Die Übernahme einer eher formalen Position durch die Politik, die eher auf die Einhaltung von Regeln gerichtet ist als auf die Entwicklung einer kreativen Lösung zugunsten eines Wettbewerbs, in dem auch die Bedürfnisse und Ansichten der Menschen in der Stadt eine größere Rolle spielen können, ist kurzsichtig.
Von Leonie lernen, heißt siegen lernen.
Ein letztes noch: Ich bin kein Mitglied einer freikirchlichen Gemeinde. Ich bin nicht einmal Mitglied einer anderen kirchlichen Gemeinde. Ich bin und bleibe Atheist. Aber mir ist das Projekt der Bowl Church allemal lieber als das eines Investors, weil es im Grundansatz um die Menschen in der Stadt geht, um die Jugendlichen, um ein bislang fehlendes Aktivitätsangebot, um eine große ehrenamtliche Bewegung, um die Übereinstimmung auch von gesellschaftlichen Aktivitäten mit Politik, Parteien und Verwaltung. In dem Sinne könnte der Creative Space der Bowl Church zum weiteren Magnet in der Stadt werden, zu einem kulturellen Kleinod. Es geht eben nicht lediglich um finanzielle Profitabilität. Der Creative Space könnte vertraglich seitens der Stadt in den Grundbedingungen festgeschrieben werden, man könnte eine komplette Öffnung vorsehen, so daß auch Bedenken hinsichtlich der freikirchlichen Trägerschaft zerstreut werden können. Ich bin für mehr Weitblick in der Politik.
Beitragsfoto © Frank Vincentz (Eifgenbachweg und Eifgenbach) CC BY-SA 3.0
Ein Aufreger jagt den nächsten
Nach dem Weihnachtsbaum jetzt das Eifgen.
Es ist mächtig was los in Wermelskirchen.
Ängste, Sorgen und Nöte der Bürger und Bürgerinnen werden in unserer Stadt durch “Deus ex Machina” gelöst. Sprich von “oben”. Beim Weihnachtsbaum war es der externe Gutachter. Beim Eifgen ist der externe Investor. Wenn es daneben geht, waren es die da “oben”.