Vertrackt

VON WOLFGANG HORN

Heikel, kniffelig, verzwickt, das bedeutet vertrackt; und mit vertrackt ist die Debatte um die Zukunft des Freizeitareals im Eifgen gut beschrieben.

Vertrackt, weil sich erstens die Verwaltung der Stadt in eine Lage manövriert hat, die viele Bürger in der Stadt nicht mehr nachvollziehen können. Klar ist, daß Wermelskirchen dort ein Denkmalschutzproblem hat und die Stadt das unter den obwaltenden finanziellen Bedingungen nicht selbst lösen (will und) kann. Aber wenn die Denkmäler seit Anfang der achtziger Jahre vor sich hin gammeln, ist es den Bürgern nur schwer zu vermitteln, daß es jetzt unbedingt die erste und beste, weil schnellste Lösung sein muß, die man anstrebt. Wie eine gewerbliche Bebauung und Nutzung dort mit der Pflicht zum Naturschutz korrespondieren kann, bedarf gewiß noch einiger Argumentationskunststückchen.

Vertrackt, weil sich die politischen Parteien ebensowenig mit Ruhm bekleckert haben wie die Verwaltung. Daß viele Bürger, als sie zum ersten Mal sehen konnten, mit welchen Entwürfen die präferierte Projektentwicklung für das Areal aufgewartet hatte, das von vielen Menschen in der Stadt als Erholungs- und Freizeitgebiet in der Natur aufgesucht und geschätzt wird, mit gehöriger Ablehnung reagierten, kann eigentlich kaum verwundern. Man muß sich schon die Brille der Verwaltung aufsetzen und die Sanierung der maroden Immobilien auf Teifel komm heraus im Eiltempo durchpeitschen wollen, um nicht mehr wahrzunehmen, daß die vorgelegte Planung für eine gewerbliche Nutzung an dem Ort an Scheußlichkeit und und mangelnder Einpassung kaum zu überbieten ist. Hier rächt sich auch, daß der ganze Vorgang, Pandemie sei Dank, höösch, wie man in Köln sagt, also heimlich und leise an den Bürgern der Stadt vorbeigemaggelt worden ist. Es gab keine öffentliche Debatte, die Bürger wurden nicht gefragt, was denn ihre Ansichten und Nutzungsüberlegungen für dieses seit annähernd 150 Jahren der Freizeit und Erholung dienende Areal sein könnten. Daß jetzt Rumor entsteht, daß Menschen sich veräppelt fühlen, daß sie dem Prozess der politischen Meinungsbildung nicht mehr trauen, all das haben in dieser Causa alle politischen Parteien gemeinsam verursacht und auch versemmelt.

Vertrackt, weil erst danach, als Bürger erkennbar verärgert waren wegen der, sagen wir: inadäquaten Projektplanung, sich eine Gruppe junger Menschen aus dem freikirchlichen Bereich, die Bowl Church, aufgemacht hat, eine eigene und selbst im ersten Entwurf deutlich besser angepaßte Projektstudie für die Eifgennutzung vorzulegen, die viel ehrenamtliche Mitarbeit und eine Finanzierung auf der Basis von Spenden vorsah und -sieht. In sehr kurzer Zeit ist es diesen jungen Leuten gelungen, bereits eine erhebliche Spendensumme anzuhäufen, so daß es mittlerweile nicht mehr wirklich als unrealistisch erscheint, daß sie ihre Projektidee wirklich in die Tat umsetzen könnten.

Vertrackt ist jetzt, nachdem Bowl Church sich und die Projektidee bei allen Fraktionen vorgestellt hatte, die ersten Parteien auf dem Rückzug ausschließlich auf die Verwaltungslogik sind und sich für den Investorenplan aussprechen, da die Bowl Church ja formal nicht im Verhandlungs- und Entscheidungsvorgang steckt. Sie kamen ja zu spät. Wie man mit diesem Argument eine Lösung aus der Stadt, einen Vorschlag aus der Mitte der Bürgerschaft mit rein formaler Begründung torpedieren kann, muß man mir wirklich noch einmal erklären. Es gäbe gewiß die Möglichkeit, ein Verfahren zu entwickeln, in dem beide Anbieter ihre Vorstellungen in einem fairen Wettbewerb den Bürgern präsentieren und es hernach zu einer wirklich demokratischen Entscheidung kommen kann.

Vertrackt ist, daß erneut das Fiasko droht, daß junge Menschen mit einem formidablen Anliegen in Wermelskirchen in eine jahrelange Warteschleife verfrachtet werden, wie es seinerzeit mit den Rollsportlern geschehen ist, die Jahre auf den Jugendfreizeitpark warten mußten und zwischenzeitlich immer wieder vertröstet wurden. Die Überlegung, der Bowl Church jetzt ein anderes Areal zu suchen und zur Verfügung zu stellen, ist in diesem Licht nicht einmal ein Trostpflaster.

Vertrackt ist, daß Flächen für Bürogebäude in Wermelskirchen viel einfacher zu finden sind, als Flächen, die die Realisierung der Projektüberlegungen von Bowl Church ermöglichen.

Vertrackt ist, daß am Ende mehr auf dem Spiel steht als “nur” der beste Plan für das Freizeitareal Eifgen. Es steht auch die Glaubwürdigkeit von Politik und Verwaltung auf dem Spiel. Diese gilt nicht nur in Richtung des Investors. Die Glaubwürdigkeit von Bürgermeisterin, Verwaltung und Fraktionen richtet sich auch auf die eigenen Bürger in der Stadt, deren Ansicht, daß es gut ist für die Stadt und die Menschen, die hier leben, wenn eine Projektidee aus der Mitte der Stadt Wermelskirchen realisiert wird, die die Interessen des Naturparks mit Aktivitäten von Jugendlichen und ehrenamtlicher Betreuung verbindet und nicht lediglich kommerziellen Interessen dient. Einmal verkauft, hat die Stadt keinen wirklichen Zugriff mehr auf das Areal. Mit Bowl Church ließe sich ohne Verkauf mit langfristigem Pachtvertrag ein Nutzungsvertrag mit Korrektureingriffen durch die Verwaltung verwirklichen, der am Ende zu einem weiteren Kleinod der Stadtentwicklung in Wermelskirchen führen könnte.

Vertrackt.

Kommentare (4) Schreibe einen Kommentar

  1. Am 21.09.2021 forderten BürgerForum und WNK UWG FREIE WÄHLER zu Beginn der Ratssitzung, dass der Punkt Eifgen aus dem nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil verlegt wird, damit dort alles offen und transparent diskutiert und entschieden werden kann.
    Verwaltung und Ratsmehrheit lehnten das ab.
    Auch das war vertrackt!

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    • Wolf
    • 31.05.21, 10:26 Uhr

    Das ist unser System. Alles ist dem Geld untergeordnet. Entsprechend fallen die Entscheidungen aus: nüchtern, sachlich, emotions- und fantasielos. In vielen Bereichen ist diese Vorgehensweise sicher richtig. Aber in vielen Bereichen ist diese Vorgehensweise eben auch komplett falsch und zeigt einigermaßen deutlich, wie weit manche Politiker von ihren Bürgern entfernt sind.
    Und genau das ist es, was in den Köpfen der Menschen hängen und übrig bleibt!

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    • Horst Rosen
    • 31.05.21, 10:46 Uhr

    Ich erinnere mich an einen Song von Bob Dylan aus dem Jahr 1964: The Times They are a-changin”. Der Inhalt gilt heute mehr denn je. Es es noch nicht zu spät. Der Point of No-Return ist noch nicht erreicht!
    Mehr Empathie, mehr Verständnis und Offenheit für das NEUE. Investoren kommen und gehen . Sie sind keine Gurus. Oder doch? Bisweilen hat der Bürger oder die Bürgerin den Eindruck.
    https://www.songtexte.com/uebersetzung/bob-dylan/the-times-they-are-achangin-deutsch-2bd6300a.html

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