Deutscher Jugendliteraturpreis 2021

Buchtipps X – Nominierungen der Jugendjury

VON MARIE-LOUISE LICHTENBERG  

Alan Gratz • Vor uns das Meer. Drei Jugendliche. Drei Jahrzehnte. Eine Hoffnung • Aus dem Englischen von Meritxell Janina Piel • Hanser • ISBN 978-3-446-26613-1 • 17,00 € (D), 17,50 € (A) • Ab 14 Jahren

Was machst du, wenn deine einzige Möglichkeit die Flucht ist? Wenn du gezwungen bist, dein Zuhause von einem auf den anderen Tag aufzugeben? Schmerzliche Antworten auf diese Fragen müssen drei Jugendliche finden, als sie sich auf den langen Weg über das Meer in eine bessere Zukunft machen. Josef flieht 1933 vor den Nazis, Isabel 60 Jahre später vor Fidel Castro aus Kuba und Mahmoud muss 2015 seine Heimat Syrien verlassen. 

Alan Gratz gelingt es, das Phänomen der Flucht an sich zu erklären und ihre physischen, vor allem aber auch die psychischen Belastungen darzustellen. Am Beispiel dieser Einzelschicksale verdeutlicht der Autor in realistischer Weise das Leiden tausender Geflüchteter, sowohl im historischen als auch im aktuellen Kontext. Trotz der unterschiedlichen Ausgangssituationen haben alle das gleiche Ziel: ein neues und sicheres Leben ohne Verfolgung, ohne Hunger, ohne Leid. Das Buch verknüpft auf eindrucksvolle Art drei Fluchtgeschichten miteinander und vergegenwärtigt in ergreifender Erzählweise die damit einhergehenden Schrecken und Ängste. Als Denkanstoß animiert Vor uns das Meer zum Handeln und verdeutlicht gleichzeitig, was uns alle verbindet: die Hoffnung auf Sicherheit, Geborgenheit und Frieden.

Will Hill • After the Fire • Aus dem Englischen von Wolfram Ströle • dtv Reihe Hanser • ISBN 978-3-423-65032-8 • 15,95 € (D), 16,40 € (A) • Ab 14 Jahren

Eine Sekte. Ein Feuer. Das Leben danach. – Moonbeam wächst, von der Außenwelt abgeschottet, in der Basis der Legion Gottes auf. Nach deren gewaltsamer Erstürmung durch die Bundesbehörden und einem verheerenden Brand, werden Moonbeam und die anderen überlebenden Kinder und Jugendlichen in der Psychiatrie untergebracht, von Therapeuten betreut und vom FBI befragt. Moonbeam öffnet sich langsam und erzählt von ihrem Leben in der Sekte, an dem sie schon länger zweifelte. Sie erzählt von Menschen und Unmenschen. Der Weg in die Welt „draußen“ ist schwer. Geheimnisse, die sie unter keinen Umständen preisgeben möchte, quälen sie. Immer wieder werden Moonbeams Gedanken in die Erzählung verwoben und Andeutungen gemacht, die langsam ein Gesamtbild entstehen lassen. Dabei fragt sich Moonbeam immer, ob sie den Menschen von „draußen“ vertrauen will.

Will Hill rückt ein wenig beachtetes, unkonventionelles Thema in den Mittelpunkt. Mitreißend wird auf zwei Zeitebenen erzählt, wie Moonbeam die traumatisierenden Ereignisse zunächst erlebte und wie sie diese später verarbeitet. Die realistische Darstellung wirkt dabei niemals verharmlosend. Moonbeam ist eine sehr gut durchdachte Figur, man kann ihr Handeln ihre Gedanken, Ängste und Zweifel gut nachvollziehen und es lässt sich eine klare Persönlichkeitsentwicklung erkennen.

Die Texte wurden von der Jugendjury erstellt.

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