Deutscher Jugendliteraturpreis 2021

Buchtipps IV / Sparte Kinderbuch – Nominierungen der Kritikerjury VON

MARIE-LOUISE LICHTENBERG

Anke Kuhl • Manno! Alles genau so in echt passiert • Klett Kinderbuch • ISBN 978-3-95470-218-3 • 18,00 € (D), 18,50 € (A) • Ab 8 Jahren

In diesem Comicalbum präsentiert Anke Kuhl 18 pointierte Episoden ihrer erinnerten Kindheit in den 1970er Jahren. Aus kindlich-naiver Perspektive wird berichtet von großen und kleinen, witzigen, ernsten und mitunter auch traurigen Ereignissen eines ganz normalen Kinderlebens. Es geht dabei um den Zusammenhalt der Geschwister, aber auch um Streitigkeiten, um Haustiere, Leistenbrüche, Brillen und Strumpfhosen oder die Zuflucht bei Oma und Opa, wenn die Eltern streiten. Auch eklige, skurrile oder irrwitzige Kinderspiele finden ihren Platz wie Klobürstenkämpfe oder das schreckliche Quälspiel mit der Stinkvase. 

Bildliches und sprachliches Erzählen sind mit den Möglichkeiten des Comics geschickt inszeniert. Die Panelanordnung wird spannungsreich durch die Übergänge aufgebrochen. Für viel Dynamik sorgen dabei Momentaufnahmen, Perspektiven und Zooms, angereichert mit Speedlines und Soundwords. Die Ich-Erzählerin kommentiert in den teils offenen, teils geschlossenen Textkästen das generationsübergreifende Familienleben. Die Panels zeigen, dass es keine heile Welt sein muss, um Zusammenhalt zu generieren.

Die Figuren wirken durch liebevolle Details wie Omas „Warzn af der Nosen“ oder Papas „Pilzfrisur“ besonders authentisch und sympathisch unperfekt. Die Farbkontraste in Buntstiftästhetik passen hingegen perfekt zu den fabelhaft vielseitigen Kindheitserlebnissen. 

Ayşe Bosse (Text) • Ceylan Beyoğlu (Ill.) • Pembo – Halb und halb macht doppelt glücklich! • Carlsen • ISBN 978-3-551-65039-9 • 10,00 € (D), 10,30 € (A) • Ab 9 Jahren

In diesem temporeichen Kinderroman steht die Fünftklässlerin Pembo im Mittelpunkt. Gegen ihren Willen muss sie mit ihren Eltern Mustafa und Mona von der wunderschönen türkischen Mittelmeerküste ins eher regnerische, graue Hamburg ziehen. Dort hat ihr Vater einen Friseursalon geerbt. Ein großer Traum, der aber zerplatzt, als sich herausstellt, dass es sich um einen Hundesalon handelt. Die neue Situation wird für die Familie zur Zerreißprobe.

Mit einem kuriosen Einfall will „Baba“ Mustafa das Konzept des Ladens komplett erneuern und bringt die Familie damit an den Rand des Wahnsinns. Doch mit Hilfe von Pembos magischen Ideen und ihren neu gewonnenen Freunden wird die Existenzgrundlage der Familie doch noch gesichert. Ayşe Bosse zieht alle Register des Erzählens. Neben skurrilen Figuren, überraschenden Wendungen und phantastischen Elementen wird ironisch mit kulturellen Klischees gespielt. Die humorvoll-bildhafte, oft mündlich geprägte Sprache mit türkischen Worteinsprengseln zieht unmittelbar in ihren Bann.

Zu Beginn eines jeden Kapitels und im Glossar finden sich dazu zweisprachige Wörterlisten. Die kunstvollen, teils monochromen Tuschezeichnungen von Ceylan Beyoğlu verleihen dem Gefühlschaos auch bildlich treffend Ausdruck. Sie changieren durch eine aquarellierte Farbkleckstechnik zwischen Traum und Wirklichkeit.

Die Texte wurden von der Kritikerjury erstellt.

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