“Anordnung des Landes widerspricht Infektionsschutzgesetz des Bundes”
Rheinisch-Bergischer Kreis | Die Landesregierung NRW hat am Freitag verfügt, dass ab Montag die Schulen im Rheinisch-Bergischen Kreis in den Wechselunterricht gehen und die Schulen geöffnet werden, da der Inzidenz-Wert unter 165 liege. Der Sprecher der Linken im Kreis, Tomás M. Santillán, sieht Handlungsbedarf für die Kreisverwaltung, wie auf der Website der Partei zu lesen ist.
An fünf aufeinanderfolgenden Werktagen muß die Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis unter 165 liegen, damit die Schulen wieder geöffnet werden dürfen. Noch am 20.4.2021 aber, so Santillán, habe die Inzidenz 168 betragen, also über dem Grenzwert, und es lägen seither nur Werte für vier Werktage inkl. gestern vor. ” ‘Die fünf Werktage’ unter 165 sind und waren für den Kreis also noch nicht erreicht. Trotzdem hat die Landesregierung am Freitag die Öffnung der Schulen im Kreis für Montag verfügt. Da Sonntag kein Werktag ist, steht die Anordnung der Landesregierung NRW, die die Schulen im den Kreis öffnen will, im Widerspruch zum Bundesgesetz, da es schon am Freitag klar war, dass sie Fünftageregelung für den Rheinisch-Bergischen Kreis nicht eingehalten werden kann.”
Nach der Veröffentlichung der Erstmeldung des Landeszentrum Gesundheit lag die Inzidenz im Rheinisch-Bergische Kreis am Samstag bei 143. Santillán allerdings hält es für möglich oder wahrscheinlich, “dass eine nachträgliche Korrektur die Inzidenz für den 24.4.2021 über 165 setzen wird. Das zeigen alle Korrekturen der letzten Tage, dass man wohl mit ca. 20% Korrekturen rechnen muss.” Auch die Zahlen des Robert-Koch-Instituts zeigten, dass der für den Rheinisch-Bergischen Kreis korrigierte Wert für Samstag bei 163 liegen könnte. Vor allem am Wochenende seien Labore und Gesundheitsamt nicht voll besetzt und es würden erheblich geringere Infektionszahlen gemeldet. Deshalb sei der jetzt schon hohe Wert der Erstmeldung von 143 mehr als ein Hinweis dafür, dass die gesetzliche Linie nach der Korrektur von 165 überschritten werden könnte, sobald die Meldungen der PCR-Tests im Kreis erfasst wurden.
Die Bundesregierung habe, so Santillán weiter, klargestellt, dass die Landkreise schärfere Maßnahmen beschließen und verfügen können. Köln habe das bereits getan. “Landrat Stephan Santelmann ist aufgefordert die Zahlen zu prüfen und eine Allgemeinverfügung des Kreises zu erwägen, dass die Schulen am Montag im Kreis vorsorglich geschlossen bleiben sollten, so wie es das Bundesgesetz vorsieht”.
Ein „Auf und Zu“ bei den Schulöffnungen erzeuge Verunsicherung und richte vermeidbare Schäden an. Man solle abwarten, bis die Inzidenz deutlich unter 165 liegt.
Nachtrag und Konkretisierung zum Infektionsschutzgesetz – IfSG:
“Was sind fünf Tage?”
Da es Rückfragen zu den fünf Werktage gab hier ein Hinweis dazu:
Die 5 Werktage werden vom Bundesministerium selbst genannt.
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/guv-19-lp/4-bevschg-faq.html
Dort heißt es: “Sinkt in dem entsprechenden Landkreis oder der kreisfreien Stadt die 7-Tage-Inzidenz unter den Wert von 100 bzw. 165 an fünf aufeinanderfolgenden Werktagen, treten dort ab dem übernächsten Tag die Maßnahmen wieder außer Kraft.”
Auch andere Quellen beziehen sich auf Aussagen des Bundesministeriums und Werktage.
Am Dienstag lag die Inzidenz bei 168 im Kreis. Tatsächlich haben wir aber eh nur Inzidenzwerte von 4 Tage und nicht fünf Tage. Fünf Tage schreibt das Gesetz aber vor.
Nach der Korrektur für Samstag könnte es auch über 165 liegen. Und der Sonntag ist heute und ohne jeden Wert! Es fehlt klar die Rechtgrundlage, um die Schulen zu öffnen.
Im Gesetzestext zu den 5 Tagen in § 28b steht in Satz 2 steht da allerdings auch, das Sonn- und Feiertage die Zählung der Tage nicht unterbrechen. Damit sind diese Tage also ausgenommen, denn auch da stehen “Werktage” im Gesetzestext, so unsere Auslegung.
Wörtlicher Tex aus § 28b: 2) Unterschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt ab dem Tag nach dem Eintreten der Maßnahmen des Absatzes 1 an fünf aufeinander folgenden Werktagen die Sieben-Tage-Inzidenz den Schwellenwert von 100, so treten an dem übernächsten Tag die Maßnahmen des Absatzes 1 außer Kraft. Sonn- und Feiertage unterbrechen nicht die Zählung der nach Satz 1 maßgeblichen Tage. Für die Bekanntmachung des Tages des Außerkrafttretens gilt Absatz 1 Satz 3 und 4 entsprechend. Ist die Ausnahme des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 Halbsatz 2 Buchstabe b wegen Überschreitung des Schwellenwerts von 150 außer Kraft getreten, gelten die Sätze 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend, dass der relevante Schwellenwert bei 150 liegt.”
Es fehlt klar die Rechtgrundlage, um die Schulen zu öffnen, da die Zählung HEUTE seit Dienstag mit einer Inzidenz von über 168 nur vier Tage unter 165 umfasst.
Wir alle wissen, dass diese Text mit der heißen Nadel gestrickt wurde, aber die 5 Tage unter 165 fehlen eindeutig, ob mit oder ohne “Werk”.
Es ist schon eine ziemliche Spitzwindigkeit, wie sich nun der Landkreis, auf die Landesregelung zu beruft, die eine Aussetzung des Distanzunterrichts im RBK für nur 7 Tage vorsah. Mit dieser Begründung will der Kreis die Öffnung der Schulen nun umsetzen, obwohl sie dem Sinn des Bundesgesetzes widerspricht. Der Name des Gesetzes ist: “Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen.”
Das Land hatte Anfang der Woche den Distanzunterreicht für 7 Tagen angeordnet. In diesem Zeitraum trat das neue Bundesgesetz und eine andere Regelung in Kraft und setze Landesrecht , was im Gesundheitsschutz weniger restriktiv war, damit aus. Das waren auch Sinn und Ziel des Gesetzgebers.
Noch am Freitag, als das Bundesgesetz schon in Kraft war, schob die Landesregierung NRW eine Anordnung zur Schulöffnung im Kreis nach, in der sich offenkundig versucht das Bundesgesetz aufzuweichen. Trotz klarer und rechtverbindlicher Öffnungsregeln soll dies so unterlaufen werden! Soviel Dreistigkeit macht einen fast fassungslos.