NACHRICHTEN AUS DER CORONA-PANDEMIE (CCXLII)

Das Robert-Koch-Institut (RKI) registriert binnen eines Tages 17.051 Corona-Neuinfektionen und 249 neue Todesfälle. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 15.813 Neuinfektionen und 248 neue Todesfälle verzeichnet. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) liegt laut RKI bei 132,3 – und damit etwas unter dem Niveau des Vortags (135,2). Die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten in Deutschland steigt weiter. In deutschen Kliniken werden derzeit 3595 Covid-19-Patienten intensivmedizinisch behandelt, wie aus dem aktuellen DIVI-Intensivregister hervorgeht. Im Vergleich zum Vortag ist das ein Anstieg um 22 Patienten. Demnach müssen 1977 Patienten invasiv beatmet werden, das sind 16 mehr als am Vortag. Insgesamt sind den Angaben zufolge noch 4393 Betten in den deutschen Kliniken frei. Der Anteil der belegten Intensivbetten steigt auf 83,6 Prozent. Die deutschen Amtsärzte fordern einen harten Lockdown. “Die Impfungen werden diese dritte Welle noch nicht brechen können”, sagt die Vorsitzendes des Bundesverbands der deutschen Amtsärzte, Ute Teichert. Nur mit einem konsequenten Lockdown seien die Ansteckungszahlen zu drücken. “Parallel müssen wir konkrete Konzepte entwickeln, wie mit einer vernünftigen Test- und Impfstrategie und Apps zur Kontaktpersonenverfolgung Lockerungen möglich sind – aber erst, wenn die Fallzahlen unten sind.” Zu dieser Strategie gehöre auch, genau zu erklären, wie Menschen und Institutionen vorgehen sollen, wenn ein Schnelltest eine Infektion anzeigt. “Der lapidare Hinweis ‘Melden Sie sich bei Ihrem Hausarzt oder Gesundheitsamt’ reicht nicht aus und lässt viele hilflos zurück.” Angesichts der steigenden Corona-Zahlen mahnt der Berliner Virologe Christian Drosten schärfere Maßnahmen an. “Ich glaube, es wird nicht ohne einen neuen Lockdown gehen, um diese Dynamik, die sich jetzt ohne jeden Zweifel eingestellt hat, noch einmal zu verzögern”, sagte der Charité-Wissenschaftler. Die Situation sei leider “sehr ernst und sehr kompliziert”. Deutschland habe viel verpasst an Gelegenheiten, die Werkzeuge zu optimieren. “Ich habe das Gefühl, dass wir eigentlich im Moment immer noch die gleichen Werkzeuge benutzen müssen, die wir schon in der ersten Welle benutzt haben.” Es bleibe nur noch der Holzhammer, der Lockdown. “Es ist klar, es müssen die Kontakte reduziert werden.” Dazu zählten der Privatbereich, der Erziehungs- und Bildungsbereich sowie die Arbeitsstätten. 11 Bundesländer melden steigende Werte bei der 7-Tage-Inzidenz, 14 von ihnen weisen unverändert einen Wert von mindestens 100 auf. Das Saarland liegt noch darunter, aber dort ist die 7-Tage-Inzidenz am stärksten gestiegen und liegt aktuell bei 87. Den stärksten Rückgang hingegen verzeichnet Sachsen, das somit wieder unter die Marke von 200 registrierten Fällen pro 100.000 Einwohner gefallen ist. Damit ist Thüringen momentan das einzige Bundesland, das mit einem Wert von 237,5 über der Marke von 200 liegt. Nach Angaben der Länder liegen aktuell nur noch 14 der 412 Regionen unter der bisherigen Obergrenze von 50 Fällen pro 100.000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen. 289 Regionen liegen bei einem Wert von mindestens 100. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach geht davon aus, dass die Entscheidung zur Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen bei unter 60-Jährigen kaum Auswirkungen auf die Impfkampagne in Deutschland haben wird. “Wir werden eine kleine Delle haben von ein paar Tagen, wo es Verwirrung gibt, aber dann wird das Impftempo wieder voll anziehen”, sagt Lauterbach in der ARD. “Ich rechne nicht damit, dass wir auf dem Impfstoff sitzen bleiben.” Generell überwiege bei über 60-Jährigen der Nutzen über möglichen Risiken. “Es ist ein sehr guter Impfstoff, den ich weiter empfehlen kann”, so Lauterbach. Weitgehend unter dem öffentlichen Radar hat der britisch-schwedische Impfstoffhersteller Astrazeneca sein Covid-19-Vakzin umbenannt. Auf der Website der Europäischen Arzneimittelbehörde wird der Impfstoff inzwischen nicht mehr unter dem Namen “Covid-19-Vaccine Astrazeneca” – oder kurz: Astrazeneca – geführt, sondern unter “Vaxzevria”. Den Angaben zufolge erfolgte die Umbenennung bereits am 25. März. Eine Stellungnahme des Unternehmens zu den Hintergründen dieses Schrittes gibt es bisher nicht. Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca soll nach einem Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern ab Mittwoch nur noch für Personen ab 60 Jahren eingesetzt werden. Unter 60-Jährige sollen sich “nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung” weiterhin damit impfen lassen können, wie aus dem Beschluss hervorgeht. Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hat einen sofortigen Impfstopp für den Wirkstoff von Astrazeneca für Männer und Frauen unter 60 Jahren erlassen. Das sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums auf Anfrage. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach plädiert dafür, die Astrazeneca-Impfungen für alle Menschen unter 55 Jahren in Deutschland auf den Prüfstand zu stellen. “Es sollte aufgrund der Datenlage noch einmal geprüft werden, die Impfung mit Astrazeneca auf Menschen über 55 Jahren vorerst zu begrenzen”, sagt Lauterbach der “Rheinischen Post”. Er begründet dies mit der Häufung der Verdachtsfälle von Hirnvenenthrombose nach einer Impfung. Der SPD-Politiker hatte Gesundheitsminister Jens Spahn von der CDU kürzlich dafür kritisiert, dass dieser nach den ersten Verdachtsfällen die Impfung bis zu einer Prüfung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA für drei Tage ausgesetzt hatte. Thüringen will Impfungen mit dem Impfstoff des schwedisch-britischen Herstellers Astrazeneca vorerst nicht einschränken. Für Thüringen sei bisher keine Klinik bekannt, die das Impfen eingestellt habe, hieß es aus dem Gesundheitsministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Der Erlanger Virologe Klaus Überla, der Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko) ist, rechtfertigt die Entscheidung des Gremiums für eine Einschränkung des Astrazeneca-Impfstoffs. “Denn die Daten sprechen für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung von unter 55-jährigen Frauen mit Astrazeneca und dem Auftreten von Hirnvenenthrombosen bei diesen Frauen – auch wenn das seltene Ereignisse sind”, sagt Überla dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Für diese Frauen sei das Risiko schwerer Covid-19-Erkrankungen moderat, wenn sie keine Vorerkrankungen hätten. “Insgesamt wäre es deshalb besser, diese Gruppe mit anderen Covid-19-Impfstoffen zu schützen.” Dagegen überwiege in der Gruppe der über 60-Jährigen das Covid-19-Risiko bei weitem das Risiko der Hirnvenenthrombosen. “Das belegen auch Daten aus England”, ergänzt Überla. Biontech-Mitbegründer Ugur Sahin hat sich für ein flottes Verwenden des vorhandenen Impfstoffs ausgesprochen. “Man sollte alle Impfstoffe, die man hat, möglichst schnell verimpfen. Auch im Vertrauen darauf, dass neue Impfstoffe wöchentlich geliefert werden”, sagte er in einem Interview. Es solle kein Impfstoff für zweite Impfungen zurückgelegt werden. “Ich schätze das Risiko, dass Impfstoffe jetzt nicht geliefert werden und die zweite Impfung bei Menschen aufgeschoben werden muss, als gering ein”, sagte der Chef des Mainzer Unternehmens Biontech, das einen der Impfstoffe gemeinsam mit dem US-Partner Pfizer herstellt. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sieht private, abendliche Treffen als großes Problem in der dritten Welle. “Wir sehen anhand von teilanonymisierten Handydaten, dass viele Leute abends ins Taxi oder in ihre Autos steigen”, so der Epidemiologe in der “Zeit”. “Die gehen zu Freunden, entkorken vielleicht die eine oder andere Weinflasche, essen zusammen.” Er wisse von Restaurantbesitzern, die jeden Abend Speisen für bis zu acht Leute in kleine Wohnungen brächten. Lauterbach fordert deshalb eine bundesweite Ausgangssperre ab 20 Uhr. Für die Corona-Müdigkeit der Menschen macht er auch die Bundesregierung verantwortlich. “Die Leute sind nicht dumm”, sagt er. “Wenn die EU das besser gemacht hätte, wäre ganz Europa bis Ende April geimpft. Wir hätten jetzt schon kaum noch Corona-Fälle, wir wären beim Impfen bei den 30- bis 40-Jährigen. Das wäre technisch möglich gewesen.” Die Tübinger Ärztin Lisa Federle hält trotz des Erfolgs des “Tübinger Modells” eine Rückkehr zu stärkeren Corona-Einschränkungen für möglich. “Die Zahlen steigen auch bei uns in Tübingen”, sagt Federle. Eine wichtige Erkenntnis der vergangenen Tage sei, “dass sich die Menschen teilweise wirklich nicht an die Regeln halten”. Deshalb müsse künftig stärker kontrolliert werden. “Ich sehe das Projekt dann gefährdet, wenn die Menschen nicht mitmachen. Das Virus verbreitet sich nicht von alleine”, so die Medizinerin. Ein Problem sei, dass viele im Moment das Gefühl hätten, in Tübingen gebe es kein Virus mehr und deshalb “lassen wir jetzt einfach die Masken weg”, kritisiert Federle. Die aktuelle 7-Tages-Inzidenz im Landkreis Tübingen ist auf 104 gestiegen. Vor einer Woche lag sie noch bei 71,3. Der Start der Corona-Modellprojekte in Brandenburg wird verschoben. Das teilte Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD mit. “Das ist aus meiner Sicht das falsche Signal, wo wir einen massiven Anstieg der Infektionen haben”, sagte der Regierungschef in Potsdam über die zunächst geplanten Projekte. “Verschoben heißt, dass wir uns auf der Grundlage der bereits vorliegenden Vorschläge mit dem Thema erneut befassen werden, wenn es die Infektionslage zulässt.” Modellprojekte in Kreisen oder Städten sollten Lockerungen ermöglichen – für die nötigen Spielräume sollten Corona-Tests und eine App zur Kontaktverfolgung schaffen. Mehrere Kommunen hatten ihr Interesse signalisiert, darunter Potsdam und Cottbus. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Brandenburg liegt aktuell bei einem Wert von 145,4. Brandenburg führt über Ostern angesichts deutlich steigender Corona-Infektionszahlen eine nächtliche Ausgangsbeschränkung ein. Das Kabinett in Potsdam beschloss, dass sie vom 1. bis 6. April von 22 bis 5 Uhr gelten soll. Bedingung ist eine regionale Sieben-Tage-Inzidenz von 100 oder mehr an drei Tagen in Folge. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet bringt eine Corona-Testpflicht für Schüler ins Spiel. Im ZDF verweist Laschet darauf, dass ein Teil der Eltern einen Test für ihre Kinder in der Schule verweigern. “Jetzt werden wir überlegen müssen, ob wir eine Testpflicht einführen. Denn es kann natürlich nicht jedes Kind für sich sagen, ich lasse mich einfach nicht testen”, sagt Laschet. Der CDU-Chef ergänzt: “Wenn es so weiter geht, wird es eine Testpflicht geben.” Man merke jetzt – anders als im letzten Jahr – dass Kinder viel stärker von Mutationen des Virus betroffen seien. “Deshalb brauchen wir da klare Regeln.” Der Weimarer Oberbürgermeister Peter Kleine beantragt die Verlängerung des Modellversuchs “Testen und Shoppen” für Gründonnerstag und Ostersamstag bei der Thüringer Gesundheitsministerin. Bis jetzt ist der dreitätige Modellversuch nur bis zum morgigen Mittwoch genehmigt. In Weimar haben seit gestern Einzelhandelsgeschäfte, Museen und Gedenkstätten geöffnet. Voraussetzung für Kunden und Besucher ist neben dem Tragen einer medizinischen Schutzmaske ein tagesaktueller negativer Corona-Schnelltest oder ein PCR-Test, der maximal 48 Stunden alt ist. Zur Kontaktverfolgung müssen sich die Menschen registrieren – entweder per Luca-App oder manuell. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nennt auf Twitter neue Zahlen zum Stand der Impfungen in Deutschland. Danach wurden bis zum Morgen elf Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft. Das entspreche mehr als 9,2 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Knapp vier Millionen hätten bereits die zweite Dosis verabreicht bekommen und damit den vollen Schutz. Verimpft wurden demnach bisher etwa 9,9 Millionen Dosen Biontech, 0,6 Millionen Dosen Moderna und 2,7 Millionen Dosen Astrazeneca. Rund 30,7 Millionen Menschen haben in Großbritannien eine erste Impfdosis gegen das Coronavirus erhalten. Das geht aus offiziellen Daten hervor. In Großbritannien leben rund 66 Millionen Menschen. Innerhalb von 24 Stunden wurden 4040 neue Positiv-Tests gemeldet nach 4654 einen Tag zuvor. Weitere 56 Menschen starben in Verbindung mit dem Virus. Zur Eindämmung der Corona-Pandemie verhängt Italien eine Quarantänepflicht bei Einreisen aus anderen EU-Ländern. Reisende aus EU-Ländern müssten vor ihrer Einreise einen Corona-Test machen, nach ihrer Ankunft in Italien fünf Tage lang in Quarantäne bleiben und am Ende dieser Zeit wieder einen Corona-Test machen, heißt es aus Kreisen des Gesundheitsministeriums in Rom. Das Auswärtige Amt in Berlin rät bereits von nicht notwendigen touristischen Reisen nach Italien ab. Deutschland verlängert die wegen der Pandemie eingeführten stationären Grenzkontrollen zu Tschechien um weitere 14 Tage und beendet die Kontrollen zum österreichischen Bundesland Tirol. Das teilt Bundesinnenminister Horst Seehofer in Berlin mit. Die Infektionslage in Tirol habe sich gebessert, so Seehofer. In Tschechien sei die Lage dagegen noch nicht stabil. Die USA und Deutschland sind bei der Entwicklung von Corona-Impfstoffen mit Abstand die größten Geldgeber. Die beiden Länder haben zusammen umgerechnet 3,7 Milliarden Dollar investiert, wie aus einer Aufstellung des Genfer Hochschulinstituts für internationale Studien und Entwicklung hervorgeht. Die USA stellten fast 2,2 Milliarden Dollar und Deutschland 1,5 Milliarden Dollar aus der Staatskasse bereit. Danach folgt mit großem Abstand Großbritannien, das auf 500 Millionen Dollar kommt. Zwar kamen 98 Prozent der Forschungsgelder aus öffentlichen Quellen. Allerdings betont das Zentrum, dass nicht genügend Informationen über Investitionen von Pharmafirmen vorliegen. Deren Beitrag dürfte in der Aufstellung unterrepräsentiert sein. Die größten Empfänger seien Moderna, Johnson & Johnson, Biontech/Pfizer, CureVac und die Universität von Oxford gewesen, die den Astrazeneca-Impfstoff mit entwickelt hat. Brasilien registriert erneut einen Tageshöchstwert bei den Corona-Toten: 3780 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 innerhalb nur eines Tages meldet das Gesundheitsministerium in Brasília. Am Dienstag vergangener Woche hatte Brasilien erstmals mehr als 3000 Corona-Tote an einem Tag erfasst. Insgesamt sind 317.646 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben, mehr als 12,6 Millionen Menschen haben sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Nur in den USA sind die Zahlen noch höher. Brasilien hat 210 Millionen Einwohner und ist 24 Mal so groß wie Deutschland. Das Gesundheitssystem ist vielerorts zusammengebrochen. Medikamente, unter anderem zur Intubation von Covid-19-Patienten, drohen zur Neige zu gehen.

Beitragsfoto © Nataliya Vaitkevich

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