NACHRICHTEN AUS DER CORONA-PANDEMIE (CCXXXVIII)
Die Infektionslage in Deutschland verschärft sich weiter. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag laut Robert Koch-Institut (RKI) zuletzt bei 124,9 und ist damit so hoch wie seit dem 19. Januar nicht mehr. Damals lag sie bei 131,5. Zuletzt meldeten die Gesundheitsämter dem RKI 20.472 neue Corona-Infektionen und 157 weitere Todesfälle. Vor einer Woche waren es 16.033 Neuinfektionen und 207 Todesfälle. Die Daten geben den Stand des RKI-Dashboards von 05.00 Uhr wieder, nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen des RKI sind möglich. Auch die Zahl der Intensivpatienten mit Covid-19 steigt weiter an. Laut Divi-Register werden in Deutschland derzeit 3334 Covid-19-Patienten intensivmedizinisch behandelt, 1820 davon werden beatmet. 4146 Intensivbetten sind in den deutschen Kliniken derzeit noch frei. In der aktuellen Virus-Lage ist die Zahl der Bundesländer unterhalb der 100er-Schwelle bei der Sieben-Tage-Inzidenz von fünf auf drei gesunken. Laut aktuellen RKI-Datenstand weisen nur noch Rheinland-Pfalz (97,3), das Saarland (69,7) und Schleswig-Holstein (65,5) ein Fallaufkommen unter der “Notbremsen”-Marke von 100 neu registrierten Corona-Infektionen binnen sieben Tagen je 100.000 Einwohner auf. Demnach haben Mecklenburg-Vorpommern (100,8) und Niedersachsen (103,4) diese Marke im Laufe des Freitags überschritten. Thüringen weist laut RKI mit 217,8 (Vortag: 221,5) das deutlich höchste Fallaufkommen im Ländervergleich auf und liegt als einziges Land über der 200er-Marke. Immer mehr Regionen müssten die “Notbremse” ziehen: 261 Regionen weisen aktuell eine Sieben-Tage-Inzidenz von mindestens 100 auf. Dem Wert, an dem es laut Bund-Länder-Beschluss zurückgehen sollte in einen Lockdown. Vier Regionen haben sogar eine Sieben-Tage-Inzidenz von 400 – Greiz und der Saale-Orla-Kreis in Thürigen sowie der Vogtlandkreis in Sachsen und Hof in Bayern. Nur noch 20 Regionen liegen unter der ursprünglichen Obergrenze von 50. Die deutschen Intensivmediziner fordern einen Verzicht auf geplante Lockdown-Lockerungen nach Ostern wie etwa im Saarland. “Die Beschlüsse für Modellprojekte nach Ostern sind völlig unpassend und müssen von Bund und Ländern sofort zurückgenommen werden”, sagte der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis. Ohne einen bundesweiten harten Lockdown von zwei Wochen, sei bald mit einer “historischen Spitzenbelastung der Intensivstationen mit Covid-19 rechnen”, sagte Karagiannidis. Die Politik bat er, “das Krankenhauspersonal nicht im Stich zu lassen”. Mehr als zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind seit heute mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft. Das geht aus den Daten des Robert-Koch-Instituts hervor. RKI-Präsident Lothar Wieler ruft dazu auf, an Ostern zu Hause zu bleiben. “Mobilität und Kontakte, das sind die Treiber dieser Pandemie”, sagt Wieler in Berlin. Deshalb sei es wichtig, Treffen mit anderen Menschen zu minimieren und nicht zu verreisen. Die Landesregierung von Brandenburg plant eine Verschärfung der Corona-Beschränkungen. In Kreisen, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage hintereinander über 100 liegt, soll es während der Osterzeit vom 1. bis 6. April eine Ausgangsbeschränkung von 22.00 bis 05.00 Uhr geben. Nach dem Tod einer Krankenschwester der Uniklinik Rostock 12 Tage nach ihrer Corona-Impfung stoppt die Einrichtung die Verwendung des Astrazeneca-Vakzins für gewisse Risikogruppen. Menschen mit Bluthochdruck, Übergewicht und Frauen, die die Pille nehmen, sollen vorerst nicht geimpft werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert, es müsse “so schnell wie möglich über die Zulassung von Sputnik V entschieden werden”. “Und wir sollten aus den schlechten Erfahrungen bei der ersten Bestellung gelernt haben”, mahnt Söder. “Deshalb sollte die EU diesmal zügig alle nötigen Verträge abschließen, um so viel Impfstoff wie möglich zu bekommen.” Die Corona-Pandemie werde schließlich nur durch Impfen besiegt, so Söder. Das Aufholen coronabedingter Lernrückstände von Schülern erfordert nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zusätzliche öffentliche Mittel von rund 1,5 Milliarden Euro. Die Studie des arbeitgebernahen Instituts geht von rund 1,5 Millionen Schülern aus, bei denen durch die Krise ein stark erhöhter Förderbedarf entstanden ist. Die Autoren rechnen mit einem durchschnittlichen Förderbedarf von rund 100 Stunden pro betroffenem Schüler und kommen so auf die Milliardensumme. Das sei “gut angelegtes Geld, um die Verschärfung der Ungleichheit der Bildungschancen und deutlich größere Folgekosten zu vermeiden”. Bund und Länder beraten bereits seit einigen Wochen über ein entsprechendes Förderprogramm. Bei Kulturveranstaltungen mit Coronatests fallen pro Ticket Kosten von etwa 20 Euro an. Das ist eines der ersten Ergebnisse aus einem Pilotprojekt mehrerer Bühnen, das derzeit in Berlin läuft. Bei dem Konzert in der Philharmonie vor einer Woche war die Hälfte der 1000 Besucher zentral getestet worden. Zusammen mit den Tests für das Personal entstanden dabei Kosten von 23.000 Euro. Die errechneten Kosten von 35 Euro pro Test könnten bei Optimierung der Abläufe auf knapp unter 20 Euro gesenkt werden, heißt es. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker schreibt trotz Corona-Pandemie den Kneipenkarneval im kommenden Jahr nicht ab. “Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst eine Impfquote erreicht haben, die für eine Herdenimmunität ausreicht und uns wieder große Möglichkeiten gibt”, sagt die Rathaus-Chefin der Karnevalsmetropole dem “Kölner Stadt-Anzeiger”. Sie halte den Kneipenkarneval für vorstellbar. Es gebe Licht am Ende des Tunnels, “auch wenn wir gerade noch einmal eine Kurve fahren”. Sie verstehe, dass es die Menschen langsam satt hätten. “Aber es ist jetzt eine Frage des Durchhaltens”, sagt Reker. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hat Zweifel an einem Oktoberfest in diesem Jahr. Auf die Frage: “Kann die Wiesn heuer stattfinden?” antwortete der SPD-Politiker in einer digitalen Bürgersprechstunde: “Man darf sehr skeptisch sein.” Spätestens im Mai solle die Entscheidung fallen, sagte Reiter. “Aber ich würde keine Wetten auf ein Oktoberfest 2021 abschließen.” Schon im vergangenen Jahr war die Wiesn wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden – ein schwerer Schlag für München. Serbien hat mit der Impfung von Migranten begonnen. In einem Flüchtlingslager bei Belgrad haben sich mehr als 500 Menschen für eine Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin angemeldet. Die serbischen Behörden bieten auch den Menschen aus Nachbarländern wie Bosnien und Nordmazedonien Impftermine an. Serbien hat sieben Millionen Einwohner, bislang wurden über zwei Millionen Imfpdosen verabreicht. Der größte Teil kommt vom chinesischen Hersteller Sinopharm. In Tschechien wird der Corona-Notstand um zwei weitere Wochen bis zum 11. April verlängert. In Tschechien darf man seinen Wohnbezirk – vergleichbar einem Landkreis – derzeit nur in Ausnahmefällen verlassen. Eine Mehrheit der Abgeordneten forderte die Regierung auf, diese Maßnahme spätestens nach Ostern aufzuheben. Zudem solle die Maskenpflicht entfallen, wenn man allein auf der Straße ist. Die Corona-Lage in dem Land verbessert nur langsam. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt immer noch bei über 500. In Frankreich erreicht die Zahl der Corona-Erkrankten auf den Intensivstationen mit 4766 den höchsten Stand in diesem Jahr. Die Zahl der Neuinfektionen liegt mit 41.869 deutlich höher als vor einer Woche mit 35.088. Präsident Emmanuel Macron hat mit Blick auf die Lage in den Krankenhäusern erklärt, vermutlich würden wegen der dritten Welle neue Beschränkungen notwendig werden. Die italienische Regierung will nach den Osterferien landesweit alle Schulen für jüngere Kinder wieder öffnen. Alle Schüler bis zur sechsten Klasse sollen dann wieder ganz normal Präsenzunterricht haben. Dies gelte unabhängig davon, ob die Schulen in Regionen mit niedrigem oder hohem Infektionsrisiko liegen. Im Kampf gegen die dritte Corona-Welle sind die Schulen in ganz Italien seit dem 15. März wieder geschlossen, was bei Schülern, Eltern und einigen Lehrern zu massiven Protesten führte. Allein am Freitag gab es Demonstrationen in mehr als 60 Städten. Wegen der Pandemie hatte Italien im vergangenen Jahr die höchste Zahl an Sterbefällen seit dem Zweiten Weltkrieg zu beklagen. Nach den nun veröffentlichten Zahlen der Statistikbehörde Istat wurden 2020 insgesamt 746.146 Todesfälle registriert, mehr als 100.000 Todesfälle mehr als sonst im jährlichen Durchschnitt. Zugleich ging die Zahl der Geburten in Italien im vergangenen Jahr auf 404.104 zurück, was einem Minus von 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Somit gab es binnen Jahresfrist gut 342.000 mehr Todesfälle als Geburten. Dies sei, als wäre eine Stadt von der Größe von Florenz “verschwunden”, erklärt die Statistikbehörde. Die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen in Polen steigt weiter steil in die Höhe. Zuletzt werden mehr als 35.000 neue Corona-Fälle gemeldet. Die Zahl der neuen Todesfälle wird mit 443 angegeben. Der türkische Ärztebund TTB fordert angesichts hoher Fallzahlen einen Kurswechsel der Regierung. Es müssten Bewegungs- und Kontaktbeschränkungen verhängt werden, heißt es in einer Erklärung. Die Türkei stehe “wie viele andere Länder in Europa vor einem Tsunami”. Die Regierung sei nicht in der Lage, die Pandemie zu bewältigen, die Verantwortlichen im Gesundheitsministerium sollten zurücktreten. Die Regierung in Ankara hat eine langsame Rückkehr zum normalen Leben angekündigt. Die Zahl der neuen Fälle betrug zuletzt gut 29.000, knapp unter dem bisherigen Jahreshöchstwert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bittet um Spenden von insgesamt zehn Millionen Impfdosen für die ärmsten Staaten. Das weltweite Covax-Impfprogramm stehe bereit zu liefern, “aber wir können keine Impfdosen liefern, die wir nicht haben”, sagt WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Bilaterale Verträge, Exportverbote und Impf-Nationalismus hätten den Markt verzerrt und zu großen Ungleichheiten bei Angebot und Nachfrage geführt. “Zehn Millionen Dosen sind nicht viel und es sind nicht annähernd genug.” Erneut erreicht Brasilien einen Tageshöchstwert bei den Corona-Toten. Das Gesundheitsamt meldet 3650 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19. Am Dienstag hatte Brasilien erstmals mehr als 3000 Corona-Tote an einem Tag erfasst, insgesamt sind es nun 307.112. Mehr als 12,4 Millionen Menschen haben sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Brasilien hat 210 Millionen Einwohner und ist 24 Mal so groß wie Deutschland. Das Gesundheitssystem ist vielerorts zusammengebrochen oder steht kurz davor. Jüngste Daten deuten auf eine Zunahme der Krankheit bei Jüngeren hin. Der frühere brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat die Folgen der Corona-Pandemie in seinem Land als “Völkermord” bezeichnet. “Am Dienstag sind in Brasilien 3158 Menschen an Covid gestorben, es ist der größte Genozid unserer Geschichte”, sagte Lula dem “Spiegel”. Dem amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro warf er vor, das Virus ein Jahr lang nicht ernst genommen und die Brasilianer angelogen zu haben. Wegen der dramatischen Corona-Lage in Brasilien schickt die Bundesregierung einen Hilfsflug in das südamerikanische Land. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes und des Bundesgesundheitsministeriums sollen 80 Beatmungsgeräte in die besonders schwer von der Pandemie getroffene Region Manaus gebracht werden.