Buchtipp: Kapuzenmänner: Der Ku-Klux-Klan in Deutschland

„Der Ku-Klux-Klan ist kein Hirngespinst. Er existiert auch hierzulande, mal klein und kümmerlich, dann klein und gefährlich – und mitunter mit weit größerem Gewaltpotenzial, als Polizei und Politik eingestehen wollen“. Mit diesem Fazit endet die journalistische Analyse von Frederik Obermeier und Tanjev Schultz über die Umtriebe des Klans in Deutschland. Bislang wurde nur in sehr unregelmäßigen Abständen über seine Aktivitäten hierzulande berichtet. 

Besonders schockiert war die Öffentlichkeit als sich im Zuge der Selbstenttarnung des NSU 2011 herausstellte, dass Polizisten aus Baden-Württemberg in einer Klan-Gruppe aktiv waren. Zuletzt wurde im Januar 2019 ein deutscher Ableger mit dem Namen „National Socialist Knights of the Ku-Klux-Klan“ von der Polizei zerschlagen. Die Razzien in acht Bundesländern richteten sich gegen 17 Personen, bei denen mehr als 100 Waffen sichergestellt wurden. Bisher gab es aber keine systematische Darstellung von Aktivitäten des Klans in Deutschland. Diese Lücke haben Obermaier und Tanjev mit ihrem Buch nun geschlossen.

Bislang unbekannt war beispielsweise, dass es in Deutschland eine erste Gruppe unter dem Namen „Ritter zum feurigen Kreuz“ bereits in den 1920er Jahren gab. Diese wurde von zurückgekehrten Migranten aus den USA gegründet und war nur kurzlebig. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Ideologie des Klans durch amerikanische GIs wieder nach West-Deutschland. In den 1950er Jahren wurde er zum ersten Mal in Berichten des Verfassungsschutzes erwähnt. 

Eigenständige Gruppen gab es ab den 1980er Jahren, die ab den 1990er Jahren mit vernetzten Ortsgruppen, bundesweiten Treffen und eigenen Publikationen aktiv waren. Auch wenn viele dieser Gruppen klein und unbedeutend waren, verübten Personen aus ihrem Umfeld zum Teil schwere Gewalttaten bis hin zu Tötungsdelikten. Dabei bestanden durchgängig Kontakte in die USA, von wo man auch einen Teil des Merchandise bezog.

Zwei zentrale Figuren der deutschen Klanszene beleuchtet das Buch in eigenen Kapiteln: Carsten Szczepanski aus Brandenburg war in den 1990er Jahren die zentrale Figur, die versuchte, Klan-Strukturen in Deutschland aufzubauen. Wegen versuchten Mordes saß er eine mehrjährige Haftstrafe ab, während der er begann als V-Person für den Verfassungsschutz zu arbeiten. Nach der Haft baute er das Netzwerk „Blood and Honour“ in Deutschland mit auf, über das er Kontakte zum Umfeld des NSU hatte.

Die zweite Person ist Achim Schmid aus Baden- Württemberg. In seiner Klan-Gruppe war auch jener Polizist aktiv, der später Gruppenführer des NSU-Mordopfers Michèle Kiesewetter wurde und dessen Zeit im Klan erst während der NSU-Ermittlungen öffentlich wurde. Eine Verbindung zwischen der Gruppe Schmids und dem NSU konnte bis heute nicht nachgewiesen wer- den. Auch Schmid arbeitete später als V-Person und stieg wie auch Szczepanski nach der Enttarnung aus der Szene aus. Wobei die Autoren beiden Ausstiegsgeschichten wie auch der Sinnhaftigkeit ihrer Spitzelarbeit mit der nötigen Skepsis begegnen.

Das Buch „Kapuzenmänner“ ist eine Pionierarbeit, die einem breiten Publikum Ursprünge, Ideologie, Verbreitung und Gefahr des Ku-Klux-Klans in Deutschland verständlich machen möchte. Es spart dabei nicht mit Kritik an Polizei und Verfassungsschutz und der mehr als zweifelhaften Praxis des V-Personen-Systems. Aber auch den Hang der Behörden zur Verharmlosung rechter Gewalt und Ignoranz gegenüber deren Opfern, wie es einmal mehr beim Umgang mit Klan-Strukturen deutlich wird, unterziehen die Autoren einer scharfen Kritik. Dabei verkneifen sie sich trotz (oder gerade wegen?) der teilweise dünnen Quellenlage schrille Theorien oder Mutmaßungen. (fe)

Frederik Obermeier/Tanjev Schultz • Kapuzenmänner. Der Ku-Klux-Klan in Deutschland • dtv Premium, München 2017 • 260 Seiten • 17,40 Euro • 978–3–423–26137–1

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