Buchtipp. Die Bücherdiebin

VON MICHAEL DIERKS

Ich habe gestern “die Bücherdiebin” zum zweiten Mal fertig gelesen und zwischendurch Berichte aus Washington gesehen. 

Max Vandenburg hinterlässt Lisa ein selbstgeschriebenes Buch mit dem Titel „Die Worteschüttlerin“. In diesem Buch ist auch eine Passage enthalten, die die Instrumentalisierung der Sprache durch Hitler beschreibt: „… der Führer beschloss, dass er die Welt mit Worten regieren würde. ‚Ich werde niemals eine Waffe abfeuern‘, entschied er. ‚Das ist überhaupt nicht nötig.‘ (…) Sein erster Angriffsplan war, die Worte in möglichst vielen Gebieten seines Vaterlandes einzusäen. Er pflanzte sie bei Tag und bei Nacht, und er hegte und pflegte sie. Er schaute zu, wie sie wuchsen, bis sich schließlich riesige Wälder aus Worten über ganz Deutschland ausgebreitet hatten … Eine Nation aus gezüchteten Gedanken. Während die Worte wuchsen, pflanzte unser junger Führer Setzlinge von Symbolen, und auch diese gediehen prächtig. Jetzt war die Zeit gekommen. Der Führer war bereit. Er lud sein Volk in sein eigenes, glorreiches Herz ein, lockte sie mit seinen schönsten, hässlichsten Worten, die er aus seinen Wäldern pflückte. Und das Volk kam.“ (DIE BÜCHERDIEBIN, S. 478f.)

Die Handlung des Buches spielt in Deutschland, vor und während des Zweiten Weltkriegs. Erzähler des Romans ist der Tod, der die Seelen der Menschen mitnimmt und dem sein Beruf zutiefst zuwider ist. Erzählt wird die Geschichte des zu Beginn des Romans neunjährigen Mädchens Liesel Meminger. Aus der Perspektive des Todes werden die Erlebnisse des Kindes in dem fiktiven Ort Molching bei München geschildert.

Eine zentrale Rolle spielen die – zumeist fiktiven – Bücher, die Liesel entweder geschenkt bekommt, bei günstigen Gelegenheiten mitgehen lässt oder sich heimlich ausleiht: Das Handbuch für Totengräber, Faust, der Hund, Der Leuchtturm, Das Schulterzucken, Der Pfeifer, Die Menschen aus Lehm, Der Überstehmann, Die Worteschüttlerin, Der Traumträger, Die letzte menschliche Fremde, Ein Lied im Dunkeln, Duden Bedeutungswörterbuch. Ein Buch steht düster über allen Geschehnissen: Mein Kampf.

Die Geschichte endet mit Liesels Tod. Als alte Frau. In Australien. Der Tod bekennt, dass er von den Menschen heimgesucht werde, eine ungewöhnliche, ironische Perspektive, da sich in der Regel die Menschen vor dem Tod fürchten und nicht umgekehrt. 

Wer das Buch gelesen hat, für den ist “Nie wieder!” und “Wehret den Anfängen” keine Phrase.

Markus Zusak: … Diese widersprüchliche Natur des Menschen! Ein bisschen gut, ein bisschen böse. Man muss nur einen Schuss Wasser dazugeben und umrühren.

Markus Zusak • Die Bücherdiebin. Roman • Aus dem Englischen von Alexandra Ernst • cbt 2009 • 587 Seiten • Ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2009 • 9783570306277 • ab 10,99 Euro •

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