VON WOLFGANG HORN
Stiekum. Ein Wörtchen, das kaum noch jemand nutzt. Vermutlich, weil man es nicht mehr kennt. Es stammt aus dem Jüdischen und bedeutet unbemerkt, lautlos, heimlich. Der Kölner würde es am ehesten noch mit „höösch“ übersetzen. Aber wer spricht noch Kölsch? Stiekum, also leise, irgendwie die wahre Absicht im Unklaren lassend, sozusagen heimlich pirschen sich Leser an den Beitrag mit den 25 Fragen an die Bürgermeisterkandidaten heran. Einer, der sonst nie schreibt, über den wir auch nicht viel erfahren können, würde sich über „Ausgewogenheit und Neutralität“ freuen, schreibt er im Kommentar. Nachdem er zuvor unter Beweis gestellt hat, daß er allenfalls bis drei zu zählen bereit ist, schreibt er doch, „warum hier nur 3 Bürgermeisterkandidaten“ erschienen, in den Zeitungen seien es doch mehr? Ich habe vier Kandidaten befragt und die Antwort aller vier Bewerber auch veröffentlicht. In der Tat, in der Zeitung gibt es mehr. Offenbar will darauf auch ein Leser bei Facebook hinaus, der mich fragt, wie wichtig mir „Fairness, neutraler Journalismus und Gleichberechtigung“ seien. Ja, die Zeitungen haben einen mehr als das Forum Wermelskirchen. Nämlich den Kandidaten der AfD. Was kann das sein, neutraler Journalismus? Daß man außer Acht läßt, daß mit der AfD ein Partei in den Bundestag und leider auch in den Stadrat eingezogen ist, deren beträchtlicher Teil, Flügel geheißen, vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird? Deren Jugendorganisation für den Verfassungsschutz ein Verdachtsfall ist? Ist es neutraler Journalismus, wenn man ignoriert, daß diese Partei die Gesellschaft zu spalten versucht, daß sie mit Ressentiments gegen Flüchtlinge und Minderheiten hetzt, daß sie politische Gegner beleidigt und herabwürdigt, daß sie einen Ton und eine widerwärtige Wortwahl in der öffentlichen politischen Debatte eingeführt hat, die zu verwenden vor geraumer Zeit noch jeder Anstand und jede gute Erziehung verboten hätte? Nein, das wäre nun genau das Gegenteil von neutralem Journalismus. Sagen, was ist. Ein berühmter Satz von Rudolf Augstein. Ein journalistisches Credo. Und wenn die AfD von dieser Art ist, dann hat sie gleichberechtigt neben den Kandidaten der demokratischen Parteien nichts zu suchen. Auch nicht stiekum. Fairness? Mit denen, denen die Wahrheit nichts gilt? Die die Lüge und die Unwahrheit salonfähig zu machen versuchen? Wie soll man mit Fake-News fair umgehen? Man kann sie allenfalls entlarven, überführen. Gleichberechtigung? Gleiches Recht für Rechtsextreme? Für Schläger, Terroristen, Hooligans, für Rassisten, für Antisemiten? Nein. Hier gilt der demokratische Konsens. Diese Partei hat sich durch die Aussagen ihrer Führer, ihre Programme, ihre öffentlichen Äußerungen, durch die Wahl ihrer Bundesgenossen und Mitarbeiter, durch ihre menschenverachtende Sprache aus diesem Konsens selbst herausgenommen. Sie und ihre Mitglieder befinden sich außerhalb des demokratischen Sektors. Und sie wollen das so. Das ist kein Unfall, kein Zufall. Es ist Absicht. Keine Gleichberechtigung, auch nicht stiekum. In Wermelskirchen kandidieren vier Bewerber von demokratischen Parteien. Und das Mitglied einer rechtsextremistischen Partei. Nicht stiekum.
Danke
Aus der Seele gesprochen!!
So ist es. Genau das fehlt den Zeitungen: Etymologie, die Herkunft und Bedeutung von Worten. Weiter so.
Brillant+Klartext=Wolfgang. Danke!
Nun streiten meine Frau und ich nur noch darum, ob “stiekum” ohne “e” oder gar mit “ck” geschrieben wird. Über den Rest sind wir uns einig.
Hallo Michael. Anja und ich tendieren zu stickum mit ck. Sie aus Radevormwald und ich als Dellmann.
Der Duden tendiert nicht. Stiekum. That’s it.
Ha ha der Wolfgang hat einen plattdeutschen Duden.