VON YVONNE SCHWANKE
Es ist der 10. März 2020, als der erste Massageklient des Tages meine Praxis betritt und fragt, ob mein Mann denn schon aus dem Skiurlaub zurück sei.
Ich verneine und als er erleichtert sagt:”Dann ist alles klar!” frage ich ihn erstaunt, wie er das denn meine. “Hast Du noch keine Nachrichten gelesen?”, fragt er.
“Heute früh noch nicht”, sage ich.
“Dann mach das mal”, sagt er, “nicht, dass der krank zurückkommt.”
“Der ist schon kränkelnd dorthin gefahren”, sage ich,” und er rief Sonntag an und sagte, dass es ihm besser ginge.”
Erst spät am Abend, als die letzte Klientin gegangen ist, komme ich dazu “Ischgl-News” zu ergooglen.
Die Nachrichten des Tages wirken so, als würde mir mit Wucht eine imaginäre rosa Brille von der Nase geschlagen. Die Info lautet, dass
Bars und Hütten aufgrund nachweislicher Corona Infektionen geschlossen wurden.
Unsicher gehe ich nach oben in die Wohnung und mache einen Bogen um den soeben heimgekehrten und immer noch erkälteten Ischgl-Urlaub-Gatten Hardy, der daraufhin zutiefst empört und verletzt ist.
Ich weiß nicht, wie ich mich von nun an verhalten soll und wedele mit der Sterilium-Flasche herum.
Nach einem Telefonat mit dem Gesundheitsamt erhält mein Mann die Info,
dass er sich und seinen Körper bezüglich entstehender Symptome beobachten solle und erst einmal weiter keine Maßnahmen nötig seien.
Ich bin immer noch unsicher, aber nun etwas weniger in Aufruhr.
Am 11. und 12. März säubere ich nach jeder Massage, zusätzlich zu den sonstigen Gegenständen, akribisch sämtliche Türklinken und Sessellehnen und durchlüfte die Räume viel länger als sonst.
Ich weiß nicht, was ich sonst tun kann.
Am Abend des 12. gibt unser Wäschetrockner endgültig den Geist auf und ein Teil von mir ahnt, dass das nicht das einzige Ärgernis bleiben soll.
Nach getaner Arbeit, hänge ich die frische gewaschene Wäsche zum Trocknen über sämtliche Möbelstücke meines Ladens. Der Anblick erinnert mich an das abgedeckte Mobiliar einer seit langem verlassenen Villa.
Später sitze ich nachdenklich auf der Couch und frage mich, welche Überraschungen und Entwicklungen die nächste Zeit wohl noch bereithält.
Am Vormittag des 13. März bricht die bisher gekannte Normalität schließlich endgültig in sich zusammen: als eine liebe Bekannte mich informiert, daß ihre Freundinnen, allesamt Ischgl-Heimkehrerinnen, mit dem Corona-Virus infiziert seien. Sie möchte wissen, wie es meinem Ischgler denn ginge. Da mein Ischgler fitter ist als vor dem Urlaub, weiß ich nichts Außergewöhnliches zu berichten.
In meinem Innern toben die Gedanken wie ein rasender, dichter Schneesturm. Ich frage mich, was ich als Nächstes tun soll.
Schließlich habe ich eine Verantwortung gegenüber meinen Massageklienten.
Auf der einen Seite die Sorge, dass ich hysterisch überreagiere, wenn ich Termine absage, auf der anderen Seite die Angst, dass es rückblickend verantwortungslos sein könnte.
Was ist die richtige Entscheidung?
Kurzerhand beschließe ich, sämtliche Massagetermine freizustellen bzw. abzusagen.
Abby kehrt mittags, den Rucksack vollbepackt mit Büchern, aus der Schule zurück. Es heißt, die Schulen in NRW blieben ab Montag, dem 16. März, geschlossen.
Das Kind freut sich. Ich nicht.
Die Ereignisse dieses Freitag den 13. – der im Aberglauben schon lange als “schwarzer Unglückstag” gehandelt wird – krachen in unsere wohlbehütete Arbeits-und Lebensroutine wie eine dornige Abrissbirne ins Paradies.
Es wird trotzdem ein netter Abend in meinem Laden mit Nachbarin Mimi unter Abstand, Alkohol und Desinfektionsmittel und einer Verabschiedung mit Wuhan Foot Shake statt Umarmung.
Erst später wird klar, dass dies auf unbestimmte Zeit der letzte gemeinsame Abend unter einem Dach sein soll.
Samstag, 14. März:
Hardy erfährt, dass einer seiner Ischgl-Urlaubsbegleiter positiv auf das Virus getestet wur:de. Wir entscheiden uns, die Abholung des neuen alten Trockners, den wir von meiner lieben Kommilitonin Daniela bekommen sollten, bis auf Weiteres zu verschieben und ziehen uns in selbstauferlegte Quarantäne zurück.
Abby, 13, schwerst pubertierend, ist daraufhin, nun ja, sagen wir es so: mit der Gesamtsituation eher unzufrieden.
Am Nachmittag verliert das Display meines Laptops langsam die Pixel. Ein kleiner, schwarzer Streifen ist aus dem Nichts erschienen und breitet sich langsam aber sukkzessiv weiter aus. Kumpel Elmar beruhigt mich via WhatsApp: “Keine Sorge. Pixel sterben vergleichsweise langsam.”
“Ach super, immerhin … dann habe ich ja noch Zeit”, sage ich.
Mit Tränen in den Augen starre ich auf das Display, denke an die Wäsche, die ich noch für unbestimmte Zeit im Laden zum Trocknen aufhängen muss und breche in verzweifeltes Gelächter aus.
So einen Scheiss kannst Du Dir echt nicht ausdenken.
Sonntag, 15. März:
Ich habe circa 75 Mal tief durchgeatmet und beschlossen, die “neu” erworbene Zeit dafür zu nutzen, um Aufgeschobenes zu erledigen.
So gelingt es mir, unter lautem Fluchen, die Amazon-App endlich auch auf dem TV ans Laufen zu kriegen.
Problemlos switche ich nebenbei die Daten meines alten Handys auf das Neue, nähe seit Monaten herumliegende Jackenknöpfe wieder an, lese zwei Bücher aus und beginne damit, ein Erwachsenen-Malbuch auszumalen.
“Gechillt durch die Krise!” soll von nun an mein Motto sein.
Montag, 16. März:
Ich werde von Vogelgezwitscher geweckt und mache mich kurz darauf zu einem langen, genüßlichen Waldspaziergang auf.
Eine leise Ahnung keimt in mir, dass mir das in nächster Zeit eventuell verwehrt werden könnte.
Wieder daheim erfahre ich, dass ein weiterer Freund von Hardy sich schlapp fühlt. Es soll sich herausstellen, dass er ebenfalls infiziert ist. Hardy versucht derweil unermüdlich, das Gesundheitsamt dazu zu bewegen, dass er sich ebenfalls testen lassen darf.
Dieser Montag ist gleichzeitig der Startschuss für eine weitere neue Erfahrung:
“HOME-SCHOOLING”. (Man unterlege diese beiden Worten bitte gedanklich mit der Titelmelodie des weißen Hais oder eines anderen Horrorstreifens … “Psycho” oder so.)
Englisch-Hausaufgaben:
Die Ouvertüre ist ein 30minütiger Ausraster, über die Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen, die nutzlose Schule im Besonderen, die bescheuerten andauernd schlecht gelaunten Eltern und das Drecksscheiss herumfleuchende Coronavirus, das umgeht und wegen dessen man sich nun nicht mehr mit Freunden treffen darf.
1.Akt:
“Scheiss Englisch!! Ich brauch eh kein Englisch! Reicht doch, wenn ihr das könnt!”
“Du willst doch Künstlerin werden! Künstler sollten nach Möglichkeit Englisch sprechen können. Sonst kommt man für internationale Produktionen nicht in Frage!”
“Ich will Schauspielerin werden! Keine Künstlerin!!”
Ich seufze.
2. Akt: … 15 minütige Heultirade
3. Akt:
“So, dann musst Du jetzt im Text unterstreichen, was gut oder schlecht am Boxsport ist, das steht ja da:
-what’s good/bad
about boxing…!”
“Boah, good und bad vom Boxen habe ich doch schon angemarkert, Mama!
Aber was meinen die jetzt mit “about boxing”?”
“Das ist EIN Satz, Abby, das gehört zusammen!”
“Woher soll ICH das denn wissen, wenn das so komisch da steht!?!”
————-
Ab Akt 10 gegen 18:30 Uhr begann ich mit dem ersten Gläschen Sekt, daher verblassen die weiteren Dialoghighlights in der Erinnerung, für mich lief es allerdings deutlich entspannter.
Dienstag, 17. März:
Hardy darf zum Test, da zwei seiner Ischgl-Begleiter mittlerweile ebenfalls positiv auf Corona getestet wurden.
Die Spülmaschine gibt ihren Geist auf und lässt sich nicht mehr reparieren.
“Gechillt durch die Krise!” wiederhole ich gebetsmühlenartig in meinem Kopf und versuche, nicht an Laptop-Display und Trockner zu denken.
Fein. Spülen wir halt wie früher.
Gibt Schlimmeres. Kein W-Lan mit Pubertier im Haus, zum Beispiel.
Mittwoch, 18. März:
Der Tag verrinnt mit 7 oder 8 Stunden Home-Schooling.
Ich erspare uns allen die Einzelheiten, bekomme sonst das Rumpelstilzchen-Syndrom und zerreisse mich selbst in der Luft.
18 Uhr: Um mich vor dem Wahnsinn zu bewahren, treffen Nachbarin Mimi und ich uns zum leicht alkoholisierten Sit-Out an der Weltdorf Kreuzung.
Wieder können wir nicht ahnen, dass das Quarantäne Sit-Out von nun an unsere neue Tradition werden soll. Auch nach der Quarantäne.
Am 19. März, (Tag 5 der selbstauferlegten Quarantäne), stellt sich heraus, dass Hardy positiv auf Corona getestet wurde.
Abby und ich müssen nicht getestet werden, heisst es.
Die vom Gesundheitsamt angeordnete Quarantäne beginnt somit einen Tag vor meinem 44. Geburtstag.
Gesundheitlich geht es uns allerdings gut, bis auf gelegentliche Anzeichen von leichtem Lagerkoller und Kratzehals.
Das W-Lan beginnt damit, immer mal wieder zu streiken.
Dies wirft bei mir die Frage auf, wieviel der elektrischen Geräte wohl noch den Geist aufgeben werden und wie es eigentlich um die Gesellschaft bestellt wäre, wenn es kein W-Lan, bzw. kein digitales Leben mehr gäbe … huiuiui.
Nach und nach verschiebe ich fast alle Massage-Termine zunächst auf Ende April/Anfang Mai, in der stummen Hoffnung auf eine langsame Besserung der Situation.
Ich habe die Wahl, vor Sorge auszurasten, weil ich in den nächsten Wochen keine Einnahmen verzeichnen werde, oder gelassen zu bleiben und der Dinge zu harren, die da kommen.
Bewusst wähle ich die Gelassenheit, Ausrasten bringt nichts; ich kralle mich an meinem Motto “Gechillt durch die Krise” fest, wie ein Freeclimber in 4000 m Höhe an einer überhängenden Felsnase.
Und da ist auch noch das geliebte 13jährige Kind, das nach der heutigen “Corona-is-tatsächlich-in-da-House”- Nachricht in wildes Geheul ausbricht, und dabei brüllt wie uncool und scheisse doch alles sei und voll Mist und Kacke und so!! Und dass Ski fahren insgesamt scheisse sei und alles nur deswegen jetzt so ist und überhaupt …
Daraufhin erklärte ich ihr, dass wir so oder so die meiste Zeit zuhause geblieben wären und Kontakte vermieden hätten.
Wegen Oma, wegen Ruth, wegen Meta, wegen meines besten Freundes, eben wegen all jener Menschen, die immunsuprimiert und stark gefährdet sind.
Sie versteht das ja, sagt sie, und doch auch wieder nicht … weil, es sind doch bald Ferien und so.
“Ja, aber…..das ist doch alles scheisse!”, sagt sie.
“Ja, das ist alles scheisse!, sage ich.
“Aber wir alle müssen auf die aufpassen, die generell nicht so gesund und fit sind wie wir. Je eher wir drin bleiben, umso eher kommen wir auch wieder raus!”
Immerhin dürfen wir auf unseren Balkon und in den Garten, also, auf unserem Grundstück herumlaufen.
Ich betrachte einen Garten als Privileg, egal wie verwahrlost er, in unserem Falle, gerade auch aussehen mag. (Juchu! Es gibt etwas zu tun!)
Freunde und Nachbarn sind in dieser Zeit der absolute Burner an Hilfsbereitschaft.
Sie versorgen uns mit Zewa, Essen, Wasser und anderen (dringend notwendigen!!!) Getränken.
Und Morgen ist also mein Geburtstag.
Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich “Geburtstag” liebe und zelebriere und der 44. sollte etwas ganz Besonderes sein.
Das wird er jetzt auch, nur eben “besonders anders”.
Ich hoffe wieder auf ein verrücktes Sit-Out mit Marion, so wie gestern, und wünsche mir dafür gutes Wetter, lieber Petrus!
Ich bin trotzdem dankbar:
-für die freundliche und gut gelaunte Dame vom Gesundheitsamt, die sich nun jeden Tag nach uns erkundigen wird,
-für unsere hilfsbereiten Nachbarn und Freunde,
-für unseren Garten und unseren Balkon,
-für das gerade mal funktionierende W-LAN
– und dafür, dass das Kind die Boombox endlich leiser gemacht hat.
Ich frage mich, ob ich diese Haltung während der kommenden 1-3 Wochen, (bzw. in 2 Stunden nach dem täglichen Hausaufgaben-Kleinkrieg) aufrechterhalten kann.
20. März:
Das folgende Bild ist stellvertretend für die Ausgangssituation dieses Tages.
20. März, mein 44. Geburtstag.:
Da isser nun. Und er ist so anders, dieser Tag.
Nach dem Frühstück, verbringe ich die meiste Zeit des Tages allein am Esszimmertisch und versuche, ein Geburtstagsgefühl zu bekommen.
Petrus hat meinen Wetterwunsch nicht erhört.
Ich entschuldige das damit, dass auch er höchstwahrscheinlich darnieder liegt, denn ab Mittag fühle ich mich auch noch kränklich:
Die Füsse sind krank-kalt, die Hände auch, der Hals kratzt und ich friere gelegentlich. Der Frühstücks-Sekt steht erst mal wieder im Kühlschrank.
Dieser Tag barg starke Tendenzen zur Kategorie “richtig-mächtiger-Oberscheiss-Reinfall”. Dass sich diese Tendenzen jedoch als Trugschluss erweisen sollten, lag an vielen wunderbaren und kreativen Menschen,
die wussten, wie sehr ich meinen Geburtstag liebe und die alles daran setzten, mich nicht depressiv werden zu lassen.
Freundschaft und digitale Vernetzung hat mir meinen Geburtstag in der Quarantäne gerettet.
Die digitalen Grüße, die unglaublich süßen persönlichen Videos von liebevollen Menschen, die vielen Anrufe und als Sahnehäubchen: der “Corona-Quarantäne-Geschenke-Drive-In” an der Haustür:
Der Eine stellt das Geschenk ab, lässt auf dem Handy anklingeln, winkt aus dem Auto oder ist bereits verschwunden, wenn ich an die Tür komme.
Der Nächste stellt das Geschenk/den frischen Schokokuchen ab, ruft an, bringt dann von der anderen Straßenseite aus ein Ständchen oder bleibt in einer Entfernung von 3-4m auf einen Klönschnack stehen.
Der Beistand und der Humor sämtlicher Freunde an diesem surreal- apokalyptischen Geburtstag in einer beunruhigenden Zeit, hilft mir, Optimismus und Hoffnung nicht zu verlieren.
21. März:
Ich werde von herrlichem Vogelgezwitscher geweckt!
Beim Aufwachen stelle ich fest, dass das Halskratzen, das gestern stärker wurde, zurückgegangen ist.
Schätze, dass das tatsächlich an den abendlichen Geburtstagsbierchen gelegen hat, die ich mir zunächst eigentlich verkneifen wollte.
Der Himmel ist blau, die Sonne scheint, aber der Wind weht recht stark und kalt.
Ich schaue in unseren Garten, der seit knapp 2 Jahren unberührt vor sich hin wuchert.
Gut für die Natur, aber schlecht, wenn man ihn nutzen möchte, ohne von Zecken komplett ausgesaugt und von Brennesseln verbrannt zu werden.
Ich plane für später, die geraden Triebe aus dem Korkenzieherhasel zu entfernen, aber zunächst die Befindlichkeit bis Mittag abzuwarten.
(Vor zwei Tagen hatte ich meine liebe Sit-Out Nachbarin gefragt, ob sie jemanden wüsste, der mir seinen Rasenmäher leihen würde, obwohl ich befürchtete, dass das unter den gegeben Umständen eher niemand gerne tun möchte – zuviel zu desinfizieren hinterher.
Prompt schlägt sie vor, dass sie und ihr Sohn das Mähen übernehmen können, natürlich allein und dass man ‘die Tage’ ja mal schauen könnte.)
Ich nehme zur Kenntnis, dass es für mich ein Angang ist, Hilfe zuzulassen, ohne selbst etwas dazu tun zu können.
Corona-Quarantäne hält Lektionen in Demut und Dankbarkeit bereit.
Während ich über die Beschneidung des Korkenzieherhasels nachdenke, erhalte ich eine Nachricht: “Gucken uns gleich den Garten an!”
Keine 30 Minuten später bin ich Zeugin einer 45 Minuten andauernden Gartenrettungsaktion, die ich leider nur durch Anfeuerungen aus dem Fenster unterstützen kann.
Zwischendurch fliegt der freundliche Weindealer meines Vertrauens, vorbei und deponiert eine Flasche Wein in der Zeitungsrolle unseres Briefkastens …
Wir sind zwar ‘interniert’, aber gleichzeitig im Solidaritäts-Himmel …
Und so rege ich mich auch nicht über die kaputte Spülmaschine, den kaputten Trockner und den langsam weniger werdenden Laptop-Bildschirm auf (das erfolgt erst dann, wenn der Lagerkoller einsetzt, schätze ich….🥴).
21.März mittags:
Eigentlich will ich nur kurz auf der Hotline des Gesundheitsamtes anrufen, um mich über den Erhalt einer Quarantänebescheinigung zu informieren. Als Selbstständiger ist das ziemlich wichtig, so der Gedanke.
Nach Erklärung der Situation undsoweiter endet dies schließlich damit, dass Abby und ich innerhalb der nächste Stunde zur Testung nach Bergisch Gladbach gebeten werden. Die Hoffnung, dass Hardy, der zuvor ja schon einmal dort war, uns chauffieren dürfe, wird mir sofort genommen: “Dann verletzt Ihr Mann, als positiv Getesteter, seine Quarantänepflicht.”
Seit einem heftigen Autounfall am 30. Januar sitze ich zwar schon lange wieder hinter dem Steuer, allerdings sind unbekannte und “weitere” Strecken immer noch ein Angang für mich.
Aufgrunddessen erfolgt erst einmal ein heulender Ausraster meinerseits: “Scheiss Ischgl, scheiss Fahrerei, scheiss Testung, scheiss Alles, scheiss, scheiss, scheiss!!”
Wo der Tag doch so wundervoll begonnen hatte. SCHEISSE!!
Das Kind brüllt und heult, dass es sich weigern würde, sich ein Teststäbchen in den Mund stecken zu lassen.
Ich brülle und heule, weil ich fahren muß und weil sich die eigentliche Anruffrage immer noch nicht geklärt hatte.
Kurz darauf sitze ich also, Zeter und Mordio schreiend, hinter dem Steuer auf dem Weg zum geheimen Testort.
Dort angekommen, verpasse ich erst einmal die Einfahrt und muß einen kleinen Umweg einlegen, was die allgemeine Stimmung nicht gerade hebt und die Schweißflecken unter meiner Jacke auf Fussballgröße anwachsen
lässt.
An der Teststation, die aus einigen Zelten besteht und vor der man direkt einen Parkplatz findet, werden wir sofort ins Zelt gebeten und erhalten einen Mundschutz. Wir haben Glück. Es ist nicht viel los.
Die uns empfangenden Helfer tragen Schutzkleidung.
Keiner von ihnen sieht aus wie Dustin Hoffmann in “Outbreak”. Unter der anonymen Schutzkleidung sind sie sehr freundlich und lustig.
Wir müssen unsere Krankenkassenkarten abgeben und jeweils einen Anamnesebogen ausfüllen und den Bogen zur Infektionskettenermittlung mit den Namen aller Personen zu denen wir in der fraglichen Zeit näheren Kontakt hatten.
“Scheiss Ischgl”, sagt eine von uns.
“Ah, aus Ischgl hatten wir schon einige hier”, ist die trockenhumorige Antwort.
Danach geht es weiter in den nächsten Container, in dem der Rachenabstrich durchgeführt wird.
Ich schaue auf Abby, die kurz vor einem Heulkrampf steht. Der nette junge Mann macht den Abstrich erst bei der Mama, damit Abby sehen kann wie es abläuft.
Das macht das Ganze nicht viel besser, aber es sorgt immerhin dafür, dass sie merkt, dass man die ganze Sache überlebt und sich nicht übergeben muß. Sie übersteht alles heldenhaft und sogar ohne Würgeattacke.
Als wir, ausgestattet mit Mundschutzmasken, aus der Zeltburg treten, bremst eine herannahende, ungefähr vier Meter entfernte, aber “ungeschützte” Mitarbeiterin, ihren Gang ab, sagt unwillkürlich “Hu”, und weicht instinktiv zwei Schritte zurück.
“Na toll”, denke ich, “jetzt haben wir “aussätzig” auf der Stirn stehen.”
In Gedanken sehe ich uns in Lumpen gehüllt vor einem Stadttor um Taler betteln.
Mal im Ernst: Es ist toll, was die freiwilligen Helfer da stemmen und mit wieviel Gelassenheit, Ruhe und Humor dort gearbeitet wird.
Tja, und entweder bleibste relativ gelassen, wenn Du den ganzen Tag mit diesem Thema zu tun hast, oder … eben nicht:”Hu!”
Dieser Samstag, der 21. März, ist auch gleichzeitig der Rückflugtag für meine Mutter und deren Freundin Marion, die seit dem 10. März Urlaub bei meiner Tante auf Fuerteventura machten.
Das eigentliche Rückflugdatum hätte der 28. März sein sollen, mit Ankunft am Flughafen Düsseldorf.
Nun ist es der 21. März mit Ankunft am Flughafen Frankfurt.
Zur Grundproblematik:
Wir befinden uns in Quarantäne. Mein Bruder mußte ebenfalls zur Testung. Eine Abholung durch die Familie ist also nicht möglich.
Glücklicherweise erklären sich Bekannte von Marion kurzfristig bereit, die beiden Damen in Frankfurt abzuholen.
Meine Mama ist, aufgrund ihrer Krebsbehandlung, eine Risikoperson.
Sie lebt mit meinem Bruder zusammen und sollte daher erst nachhause
zurückkehren, sobald klar ist, ob er sich infiziert hat oder nicht.
Vor dem Rückflug beschlossen wir daher, dass Mama übergangsweise bei ihrer Freundin Marion unterkommen solle.
So kommt es dazu, dass am 21. kurz vor Mitternacht der Abhol-Wagen mit meiner Mama und Marion (beide mit Mundschutz ausgestattet) vorfährt und ich ihnen kurz zuwinken kann, bevor sie sich in Marions Auto setzen, um sich auf den Weg nach Steinfurt zu machen.
Ich komme daraufhin nur schwer in den Schlaf, weil mir das Ganze für Mama so unendlich leid tut. Doch ich wähne sie gut untergebracht und so schlafe ich irgendwann gegen 1:20 Uhr morgens schließlich doch ein.
Sonntag, der 22. März:
7:50 Uhr, ich bin keine 20 Sekunden wach, als ich eine Nachricht meiner Mutter auf dem Handy aufblinken sehe.
Geschrieben wurde sie um 1:32 Uhr und lautet: “Hier ist ein dickes Theater, die Frau (Marions Vermieterin) kriegt bald einen Nervenzusammenbruch. Die versteht das nicht, dass wir nicht bei uns im Hause waren wegen Ansteckungsgefahr. Ich muss morgen hier raus. Diese Nacht darf ich noch hierbleiben, wenn Du wach bist, kannst Du mal eine Freundin wegen einer Ferienwohnung für eine Woche fragen?”
“Was kann man denn daran nicht verstehen? Oder haben die Angst, dass die es auch schon haben? DU hast doch nix. WIR sind doch die in Quarantäne. Ich verstehe das nicht und schicke dir gleich die Ferienwohnungsnummer.”
Noch nicht vollständig erwacht, kocht mein Reptilienhirn bereits vor Zorn über die Vermieter.
Mama ist mit meiner Antwort unzufrieden, sie klingt müde und sagt, sie habe sämtliche Freunde abtelefoniert, aber die seien alle krank oder belegt.
Die Vermieter von Marion seien über 80 und die hätten einfach nur Angst und die verstünden nicht, dass Marion und sie nicht krank seien.
Mein Bruder solle beim Gesundheitsamt anrufen, nach seinem Testergebnis fragen und sagen, dass es sich um einen Notfall handle, schlage ich vor.
Mama reagiert nicht, sie verteidigt das alte Ehepaar und stellt trotzig fest, dass jeder Asylsuchende besser behandelt werden würde als sie und dass man doch auch mal über Fälle wie sie nachdenken solle.
Ich sage, dass es sich bei ihr mal wieder um einen “spezialgelagerten Sonderfall” handele, dass niemand ALLES vorhersehen könne und dass eine Turnhalle für sie alleine wohl zu groß wäre (Humor, egal wie schwarz, ist wichtig) und überhaupt dieser Vergleich völlig daneben sei.
Dann schlage ich ihr vor, dass sie nachhause zurückkommen solle, aber nur unter strengsten Sicherheits- und Hygieneauflagen.
Diese Nachrichten hört sie nicht einmal mehr ab.
So kenne ich meine Mama nicht. Aber nach 20 Stunden auf den Beinen mit nur 2 Stunden Schlaf, plus Hormonkrebstablette und einigen Extremsituationen, wirft es irgendwann jeden aus der Bahn:
Nach möd kommt blöd. Gilt nicht nur für Kinder.
Ich bin also nun seit 20 Minuten “irgendwie wach” ohne wirklich aus dem Bett aufgestanden zu sein und mein Hirn fühlt sich bereits an, als sei es soeben einen spontanen Marathon gelaufen.
Meine arme Mama tut mir unendlich leid.
Verzweifelt und traurig sitze ich hier in Quarantäne und fühle mich vollkommen nutz- und hilflos. Um 8:35 Uhr fällt mir ein, dass ich doch etwas tun kann; und so veröffentliche ich folgenden Hilferuf auf Facebook:
PROBLEM. HILFE. ES IST DER 22.3.2020 UND ICH BENÖTIGE EINE ANTWORT BIS HEUTE MITTAG!
Mama sollte die nächsten Tage bei ihrer Freundin Marion untergebracht werden, da sie aufgrund ihrer Krebsbehandlung und unserer Corona Quarantäne nicht zu uns ins Haus darf.
Die über 80jährigen Vermieter von Marion sind jedoch voller Angst und haben angeordnet, dass Mama nur über Nacht bleiben dürfe und morgens raus müsse, weil sie ja evtl das Virus mitgebracht habe.
Mama ist selber Risikopatientin und hat somit sehr aufgepasst und alle Empfehlungen befolgt.
Kennt irgendjemand jemanden, der jemanden kennt, der gesund ist und der in WK ein Fremdenzimmer vermietet, in dem Mama unterkommen könnte?
Die Leser reagieren hilfsbereit und die meisten sind bestürzt über die Reaktion der Vermieter.
Eine Stunde später kann ich tatsächlich Entwarnung geben, da Mama bei einem befreundeten Ehepaar in Wermelskirchen unterkommen kann.
Als das klar ist, setze ich mich kurz allein in eine Ecke, atme tief durch und wünsche mir inbrünstig, dass das Marionsche Vermieterehepaar der Blitz beim Scheissen treffen möge.
Generell:
Corona offenbart Charakter.
23.März:
Mama geht es besser. Ihr fehlte einfach nur Schlaf. Ich bin erleichtert.
24.März:
Home-Schooling-Stilblüte des Tages:
Nach 8 Stunden Hausaufgaben, davon 3 Stunden Englisch:
“Mama!! I don’t have you akustisch verstanden!”
Abends treffen Mimi und ich uns wieder zum kurzen Sit-Out an der Straße. Die meisten Autofahrer amüsiert dies köstlich.
Wir sehen viele grinsende oder lächelnde Gesichter, “Daumen hoch”-Gesten und Applaus unter sichtbar schallendem Gelächter.
Das hat wirklich gut getan!
Überhaupt sollte man sich gegenseitig viel mehr zum Lachen, Lächeln oder Grinsen bringen.
Humor schützt vor Verblödung, depressiven Episoden und verlangsamt Lagerkoller.
Wir überlegen übrigens, uns beim nächsten Mal mit Toilettenpapier einzuwickeln, um zu schauen was dann passiert.
25. März:
Mein kleiner Genusstipp aus der Quarantäneküche:
Scheiss auf die dosierte Zugabe einzelner Knoblauchzehen!
Rein mit der ganzen Knolle!
Riecht momentan eh keiner außer der Familie, außerdem ist es
gesund, entzündungshemmend und für die, die nicht in Quarantäne sind, sogar hilfreich bei der Einhaltung des Mindestabstandes.
Selbst die Nachbarskatze kommt nicht mehr in unseren Garten, seit ich mich dort aufhalte.
P.S.: Fuck Home-Schooling!
26. – 28. März:
Habe tagelang im Garten gewullacht wie ein Maulwurf auf Speed.
Nun habe ich “Körper”, aber der neue Grillplatz ist bald fertig.
Kurz taucht die Frage auf, wann man den denn wohl gemeinsam mit
Freunden wieder nutzen darf, doch diese Gedanken verschiebe ich auf später.
26. März:
Mein Bruder ist negativ getestet worden und meine Mama darf endlich nachhause kommen!
Am 27. März kann ich endlich das Geld aus der Corona-Soforthilfe beantragen. Die Bestätigung erhalte ich 24 Stunden später.
Ich bin zutiefst erleichtert, da ich seit zwei Wochen einen 100%tigen Verdienstausfall verzeichne, und dieser bis auf unabsehbare Zeit erst einmal bestehen bleibt.
Was das Home-Schooling angeht:
Ich mag Erdkunde, oder besser: bisher hatte ich nichts gegen Erdkunde …
Wie gesagt: BISHER …
Aber der Nächste, der HEUTE in meiner Gegenwart, die Worte: “Feuchtsavanne, Subtropisches Klima, Äquator oder Gemässigte Zone”, erwähnt, den schlage ich ungemässigt und ungespitzt bis in den Permafrostboden der Tundra!
Die Mutti geht jetzt wieder in den Garten, um mal kurz gaaanz laut zu schreien.
Hardy, der seit dem 24. März wieder “raus” darf, muß für uns einkaufen.
Seit dem letzten Mal, als ich noch “Freigängerin” war, hat sich in der Einkaufswelt einiges verändert.
Ich höre von Einkaufswagenpflicht und Desinfektionsmitteleinsatz.
Interessant finde ich die Geschichten der anhaltenden Klopapierhamsterei.
Bei uns hält eine Packung von 10 Rollen (wir sind zu dritt) ziemlich lange.
Was machen die Hamster-Menschen mit dem ganzen Zeug?
Oder ist Klopapier-Fetischismus gar ein weiteres unbekanntes Symptom einer Corona-Infektion?
29./30. März/31.März:
Heute in “Gechillt durch die Krise”, der Unterpunkt:
“Die dicke Mutti bewegt sich”
Heimspocht.
Ich habe die 7 Tage Challenge auf der uralten WII reaktiviert.
Allein das Kasatschok Tanzen zu “Ra-ra-Rasputin” läuft noch genauso grausam wie vor 6 Jahren.
(Aber das liegt echt, ganz ehrlich, wirklich nur am Wohnzimmertisch, weil der im Weg steht … ich schwöre.)
Aber immerhin: die dicke Mutti hat sich bewegt und schwitzt jetzt wie ein aufgegangener Hefeteig im Backofen!
Und dann dieser Moment, in dem Du glaubst, dass die größte Hausaufgabenerklär-Quälerei hinter Dir liegt und Du herausfindest, dass da noch drei weitere Fächer existieren, für die noch nichts erledigt wurde …
Home-Schooling: weils so schön ist und ,unter anderem, Verhandlungstaktiken und -fähigkeiten schult und den Frustrationstoleranz-Muskel trainiert.
Und jetzt streikt auch noch die Kaffeemaschine; aber immerhin: das W-Lan läuft.
Wenn ich hier wieder herauskomme, besitze ich entweder den Gleichmut eines mumifizierten Mönchs oder ich benötige eine neue Herzklappe.
1. April:
Vorletzter Quarantänetag. Die Kaffeemaschine spendet am Morgen Kaffee, ohne zu zicken. Ich kann mein Glück kaum fassen!
Ich kleide mich zur Home-Spocht-Session an und es beginnt ein erbarmungslos harter Kampf mit dem plötzlich viel zu kleinen Sport-BH, den ich unter lautem Fluchen endlich gewinne. Währenddessen schimpfe ich frustheulend laut auf die “verfi..tenScheissQuarantäneKilos”, bis ich feststelle, dass es der SportBH vom Pubertier ist …
Der Tag ist plötzlich wieder schön …
Erstes Erfolgserlebnis: Kaffeemaschine läuft ✅
Zweites Erfolgserlebnis: Nicht mein BH✅
So kann der Tag weitergehen!
2. April:
Seit vielen Tagen freue ich mich auf Morgen. Ab dem morgigen Tag ist meine offiziell auferlegte Quarantäne beendet.
Ein WDR-Interview bezüglich Home-Schooling ist in den nächsten Tagen geplant, eine willkommene Abwechslung.
Gut gelaunt bereite ich mir einen Kaffee zu. Mein Handy klingelt. Es ist das Gesundheitsamt. Die freundliche Damenstimme fragt mich, wie es mir denn gehe und ob ich irgendwelche Symptome an mir festgestellt habe.
“Bis auf den Lagerkoller geht es mir prächtig”, sage ich.
Die nette Dame lacht und sagt: “Ach, das ist schön. Also, einschließlich heute müssen Sie noch zuhause bleiben, und morgen dürfen Sie dann wieder hinaus.”
Ich freue mich sehr und wünsche ihr einen schönen Tag.
Ca. 30 Minuten später klingelt mein Handy erneut und wieder ist es das Gesundheitsamt. Eine andere, ebenso freundliche Dame, fragt, ob ich denn die Abby sei.
Ich sage, dass ich Abbys Mama bin und diese noch schlafe, dass sie jedoch symptomfrei sei und es ihr sehr gut ginge.
“Die Abby muß ja bis zum 6. April noch in Quarantäne bleiben, wenn bis dahin keine Symptome auftauchen, darf sie ab dem 7. April wieder hinaus”, kommt es durch den Hörer.
Ich stutze und sage:”Moment, nein. Also, die Abby hatte Quarantäneanordnung bis zum 28.März und ich unerklärlicherweise bis zum 2.April. Vor einigen Minuten hat bereits eine Kollegin von Ihnen angerufen und mich informiert, dass ich morgen wieder frei herumlaufen darf. Warum verlängert sich denn nun auf einmal für Abby die Quarantäne?”
“14 Tage ab dem Tag, an dem die infizierte Person, ihr Mann, wieder aus der Quarantäne entlassen wurde”, sagt die Dame.
“Ja, das hörte ich auch, aber, auch wenn sich mir diverse Rechnungen nicht erschlossen haben, habe ich heute von ihrer Kollegin eine andere Auskunft erhalten, die genau den Informationen entsprach, die uns bisher vorlagen”, ich stelle fest, dass ich mittlerweile begonnen habe zu weinen.
“Wer hat Sie denn vorhin kontaktiert”, will die nette Dame wissen.
“Ich habe mir den Namen der Kollegin nicht gemerkt”, schluchze ich. “Ach, jetzt weinen Sie doch bitte nicht. Ich werde mich noch einmal kurz erkundigen und dann melde ich mich nochmal bei Ihnen. Bitte nicht weinen!”
“Oukeee”, schluchze ich, lege auf und heule hemmungslos laut weiter.
Einige Minuten später ruft die Dame zurück
“So leid es mir für Sie tut, Frau Schwanke, die Quarantäne geht bis zum 6. April für Sie und Ihre Tochter. Haben Sie sich denn schon ein wenig beruhigt?”
Laut heule ich ins Telefon (heulen ist immer besser, als Menschen, die nichts dafür können, hemmungslos anzuschreien): “Nein.”
“Ach, das tut mir so leid. Wirklich. Ich wünsche Ihnen trotzdem einen schönen Tag.”
“Danke”, schluchze ich, lege wieder auf und fange laut heulend an zu schreien.
Das darf doch alles nicht wahr sein!!
Weiß bei denen eigentlich die rechte Hand was die linke tut?!
Wie sage ich das jetzt dem Kind?
Wie ändere ich so schnell meine Planung?
Was kann ich zerstören, kaputt schmeissen, verkloppen?!
Mitten im ganzen Gefühlsaufruhr und in der Verzweiflung bin ich dankbar für die beiden sehr lieben Telefonate, die mich davon abhielten, unsere Holzsommermöbel in Rockstarmanier vom Balkon zu schmeissen …
Es gibt gute und weniger gute Zeiten, mir eine Kettensäge zu überlassen … heute wäre es definitiv nicht ratsam.
3. April:
“Der WDR” in Person von Pe Dierks hat umdisponiert und so findet der Dreh heute statt. Aus dem Thema Home-Schooling wurde das Thema Corona-Quarantäne.
Wie man sieht: gut ausgestattet, desinfiziert und mit Sicherheitsabstand. Der außergewöhnliche “desinfizierte” Dreh mit der großartigen Pe hat Spass gemacht und war ein aufmunternder Lichtblick, besonders nach dem gestrigen Tag.
Die Ausstrahlung erfolgt heute Abend in der Lokalzeit Bergisch Land.
Ich bin sehr gespannt.
P.S.: Der provisorische Mundschutz, den ich tragen mußte, verrutscht beim Sprechen.
Abends beim “traditionellen” Quarantäne-SIT-OUT mit Mimi, bekommen wir urplötzlich einen überraschenden, sehr herzerwärmenden Kurzbesuch vom Ordnungsamt Wermelskirchen mit lieber Nachricht auf wertvollem Grund: “Halte durch!”
Kurz vorm WC- Engpass haben wir nun endlich wieder “weißes Gold” im Haus!
Nach der gestrigen “Klatsche”, brachte der heutige Tag ein schönes “Hoch” nach dem anderen mit sich! Was für ein Auf und Ab!
Und all das, ohne das Grundstück jemals zu verlassen – was für ein abgefahren-aufregender Quarantäne Tag!
P.S. Der WDR-Beitrag war kurzweilig und auf den Punkt. Ich finde es bewundernswert, wie Pe es geschafft hat, aus meinem ganzen Geseier
das Wichtigste herauszufiltern …
4. April:
Es ist früher Nachmittag, und ungefähr Stunde Nummer vier des täglichen Home-Schoolings, als mein Handy klingelt. Zwei sehr liebe Menschen, in häuslicher Gemeinschaft lebende Personen (wer hätte gedacht, dass man das jemals so formulieren würde), stehen mit ihren neuen E-Bikes und Prosecco-Fläschchen vor der Tür.
Wir setzen uns, im nötigen Abstand (wer hätte gedacht, dass man das jemals so formulieren würde), in den Sonnenschein auf das Plätzchen vor meinem Laden.
Desinfektionsmittel (für außen) und weiterer Sekt (für Desinfektion innen) werden bereitgestellt. In diesen zwei Stunden erleben wir, seuchenregelkonform und mit Sicherheitsabstand, (wer hätte gedacht, dass man das jemals so formulieren würde), mehr als sonst in einer ganzen Woche. Zufällig vorbeikommende Passanten, Gassigänger, Oldtimerfahrer und Fahrradfahrer freuen sich allesamt über das Sit-Out in der Sonne, winken, lachen oder bleiben auf einen kurzen Schwatz mit Sicherheitsabstand.
Menschen brauchen Menschen.
Das wird immer so sein.
Und besonders in Zeiten wie diesen, finde ich es wichtig, einander Mut
zuzusprechen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Gechillt durch die Krise! (Diese mentale Haltung klappt übrigens besonders gut nach dem ersten Sektchen … hoch lebe Betty Ford!)
5. April:
Der vorerst letzte Home-Schooling Tag!
Ich könnte vor lauter Freude nackt und wild schreiend durchs Weltdorf toben!
Der 5. April bringt weitere schöne Erlebnisse mit sich. Mittags besucht mich der liebe Olsen in meinem Garten. Nach seinem Krankenhausaufenthalt hat er sich schon in der “neuen” Welt des Einkaufens bewegt.
Ich kenne all das nur vom Hörensagen. Noch.
Die Klopapierkaufkaskade ist auch noch in vollem Gange, so höre ich.
Olsen und ich betreiben mit unserem 3 m Abstand “Social Disctancing auf Boss Level”, so wie er es nennt.
Was für eine verrückte, faszinierende Welt.
Am frühen Nachmittag klingelt meine ehemalige Arbeitskollegin Sharon durch. Sie befindet sich auf einer kleinen Motorradtour durchs Bergische.
Im Sicherheitsabstand sitzend, stellen fest, dass wir uns seit 15 Jahren nicht gesehen haben.
Wir quasseln über alte Zeiten und, natürlich, über die neue Zeit.
Über das Soforthilfeprogramm, dass wir beantragt haben, und die Unklarheit über die Nutzung desselben.
Wir beide hängen in der Luft und können es derzeit nicht ändern.
Es ist, wie es ist.
Ich bin froh und dankbar für die außergewöhnlichen Besuche in der
Quarantänezeit.
Irgendwie sitzen wir alle im selben Boot namens “Corona”: einige in der ersten, andere in der zweiten und viele in der dritten bzw. Holzklasse (das sind die, die in der Regel mit dem Schiff untergehen).
Ich weiß nicht, in welchem Teil des Schiffes ich mich gerade aufhalte und ich verbiete mir, weiter aufsteigenden Gedanken nachzugehen.
Abwarten und das Motto: “Gechillt durch die Krise” nicht vergessen.
Abends steige ich auf unser Dach. Etwas, das ich schon lange nicht mehr
getan habe. Ich habe den Eindruck, hier oben freier denken zu können.
“Wie wäre es, wenn man die “Corona”-Zeit als außergewöhnlich und unwiederbringlich ansehen und positiv nutzen würde? Kann ich das?”
6. April:
Um 8:30 Uhr erhalte ich den ersehnten Anruf vom Gesundheitsamt.
Ab Morgen endet die Quarantäne für Abby und mich und wir sind wieder “Freigänger”. Eine halbe Stunde lang starre ich trotzdem immer mal wieder etwas ungläubig und unterschwellig nervös auf mein Handy und hoffe, dass sich das Desaster vom 2. April nicht wiederholt.
Es erfolgt kein erneuter Anruf aus Bergisch Gladbach. Gottseidank!
Um 18 Uhr beim Kreuzungs-Sit-Out mit Mimi lassen wir zur Feier des Tages auf beiden Seiten die Korken knallen!
7. April
TAG DER NEUGEWONNENEN FREIHEIT! ICH DARF WIEDER WANDERN!
8. April:
Ein Weltdorf-Märchen in Corona-Zeiten:
Es begab sich zu jener Zeit, in der Nachbarin Mimi und ich unserem traditionellen SIT-Out an der Kreuzung frönten, dass ein Wagen aus dem weit entfernten Königreich Hückeswagen seinen Weg durchs Weltdorf fand.
Er fuhr gar langsam und suchend, und das Nummernschild kam mir bekannt vor. Als ich nun durch das offene Wagenfenster des Fahrers ansichtig wurde, rief ich ihn freudig an :”Oh Freund, welch Fügung! Was treibt dich und deine Gattin durch unser Dorf?!”
Und auch er war sehr erfreut und überrascht und entgegnete:
“Was machst Du denn hier?”
“Ich wohne an diesem Ort, mein Lieber!”
“Kennst Du jemanden, der stolze Rösser sein Eigen nennt. Denn wir sind auf der Suche nach Dünger für unser Beet!”
“Ich glaube, da kann Euch geholfen werden!…..MIMI”, rief ich sogleich zur anderen Strassenseite herüber, “diese netten Menschen brauchen Hilfe!”
Sogleich eilte Mimi, stets den Sicherheitsabstand wahrend, herüber und erkundigte sich nach dem genauen Begehr, erhielt detaillierte Auskunft, ergriff daraufhin sogleich ihr Handy und sandte ihrem auf der Pferdekoppel arbeitenden Sohn folgende Kunde:
“Timmi, hier ist ein Mann, der braucht ‘nen Eimer Scheisse!!”
Diese Kunde löste bei sämtlichen Beteiligten außergewöhnliche Heiterkeit aus und man dozierte kurz über die außerordentlichen Düngefähigkeiten von Pferdescheisse und verabredete Termin und Ort der Abholung.
Und so geschah es, dass ich am nächsten Tag, als der Quarantäne-Bann gebrochen war, mich zu einem längeren Spaziergang aufmachen wollte, und so Zeugin eines gar wundervollen Tauschhandels wurde.
Der weitgereiste Hückeswagener erschien und lud begeistert die zwei blauen, mit Scheisse gefüllten Säcke in sein Metallpferd.
Dafür hinterließ er eine Flasche guten Weines, die er in meinem Leoparden-Blumentopf deponierte.
So wurde aus Scheisse Alkohol und alle waren glücklich.
Ende gut, alles gut.
9. April:
Meine Quarantänezeit ist glücklicherweise vorbei, dennoch bin ich noch nicht dazu gekommen, mal wieder einkaufen zu gehen. Zur Zeit habe ich kein Auto.
Zugegeben gehe ich auch lieber wandern als einkaufen.
Mittlerweile ließen mich Einige an ihren Einkaufserfahrungen teilhaben; die Erzählungen reichen von: Die Warterei in der Schlange ist nicht so toll, aber das Einkaufen mit reduzierter Kundenanzahl im Verkaufsraum ist entspannter als sonst bis
zu “Boah, ich werde zum Menschenhasser, die Leute werden immer unentspannter und dreister.”
Eine liebe Freundin erzählte mir, dass sie im Supermarkt ein kleines in einem Einkaufswagen sitzendes Kind anlächelte und das Kind sie daraufhin mit düsterer Miene anblickte und sagte:”Nicht lustig!”
Diese Geschichte hat mich nachhaltig zutiefst negativ beeindruckt.
Es ist klar, dass diese “ver-rückte” Zeit etwas mit uns macht.
Ich beobachte das an mir und den abendlichen Autofahrer-Mimik-Studien während des Sit-Outs mit Mimi.
Die Psychologin Carol Dweck erforschte die menschliche Einstellung.
Die Begriffe “fixed mindset” und “growth mindset” stehen hierbei im Vordergrund.
Wie die Bezeichnungen schon vermuten lassen,
sind die einen die mit dem statischen (fixierten) Denken und dem statischen Selbstbild. Sie sehen Fehler als Bedrohung, entwickeln sich nur in Bereichen weiter, in denen sie eh schon gut sind und meiden neue Herausforderungen.
Personen mit “dynamischem Weltbild” sind überzeugt davon, sich stetig weiterentwickeln zu können, sie lernen, weil sie erkenntnisgetrieben sind und sehen Fehler als Möglichkeit der Weiterentwicklung an.
Übrigens kann ein einzelner Mensch in verschiedenen Bereichen seines Lebens auch verschiedene Einstellungen haben. Er kann im Job aufgeschlossen und furchtlos sein, also Wachstumsdenken an den Tag legen und im privaten Bereich eher statisch denken.
Ich weiß nicht, welche Folgen diese “ver-rückte” Zeit auf unser menschliches Miteinander haben wird, die Welt ist dynamisch und ändert sich recht schnell.
Evolutionär gesehen, haben allerdings immer die Organismen überlebt, die am flexibelsten auf Veränderungen reagieren konnten (und dabei selten ihre gute Laune verloren. Grins.)
Es ist, was es ist, aber es liegt an mir, meiner Einstellung, was ich draus mache.
Und so ist es bei jedem von uns!
Wir sind also nicht ansatzweise so machtlos wie wir uns manchmal fühlen.
Ich will weder das Kind im Einkaufswagen sein, noch dessen Mutter, deren Einstellung es höchstwahrscheinlich übernommen hat.
Ich will der Organismus sein, der flexibel auf Veränderungen reagiert und dabei selten seine gute Laune verliert.
Lasst uns die Welt mit Lächeln und Lachen, mit Zuversicht und Galgenhumor infizieren.
Die grummeligen Einkaufswagenkinder brauchen unsere Hilfe!
Und so werden Mimi und ich immer mal wieder an “unserer” Kreuzung sitzen, unbekannten Autofahrern zuprosten und, VIEL WICHTIGER, ihnen zulächeln …
Einen bunten, lachenden Gründonnerstag Euch allen!
Lacht und liebt und seid freundlich was das Zeug hält, denn diese Zeit ist die “mit Abstand” außergewöhnlichste Erfahrung, die wir alle gemeinsam machen.
11. April:
Heute zelebrierten wir unser Corona-Oster-Special-Sit-Out in Verkleidung.
Wir erhielten von fremden Leuten kleine Schnäpse – einem Radler-Ehepaar, das beinahe jeden Abend durchs Weltdorf fährt und sich jedes Mal köstlich über uns amüsiert.
Wir wurden von erstaunten und amüsierten “Touristen” fotografiert, die spontan anhielten, und wurden sogar mit fröhlichen Hupkonzerten beschallt.
Dazu lief Disco-Musik der 70er.
Ich behaupte an dieser Stelle rundheraus, dass die Mehrheit der vorbeifahrenden Menschen Spass hatte bzw lächeln musste … und darum ging es …
Wir übrigens auch!
Frohe Ostern Euch allen!
PEACE, LOVE AND HAPPINESS☮❤
6. Mai:
Mimi und ich sitzen immer noch regelmäßig an der Kreuzung.
Viele Autofahrer haben sich bereits daran gewöhnt, lachen, winken, hupen und freuen sich, wenn sie durch das Weltdorf fahren.
Klopapier wird nicht mehr so hoch gehandelt wie Platin, dafür werden allerorten selbstgenähte Mundschutzmasken angefertigt und benötigt.
Wie man diese nach Gebrauch zu desinfizieren hat, darüber gibt es verschiedene Ansichten.
Niemand nörgelt mehr groß über Einkaufswagenzwang, dafür aber über die neue Mundschutzpflicht im Supermarkt und im öffentlichen Personennahverkehr.
Sorgen bereitet mir allerdings die scheinbar immer größer und lauter werdende Menge der Menschen, die Verschwörungstheorien anheimfallen.
Man beruft sich auf das Grundgesetz, und behauptet, dass die gegenwärtigen Verordnungen diesem Zuwider laufen. Es heisst, dass DIE das Bargeld abschaffen wollen, DIE uns durch Impfungen chippen wollen und dass Bill Gates und 5G die Menschheit abschaffen bzw. regulieren wollen. Es werden Petitionen gegen Impfpflicht unterzeichnet.
Ach ja, und dann gibt es ja auch noch die “Q-Anon” -Verschwörung, Kinder werden angeblich entführt und getötet, damit deren Lebenssaft die Jugend der Eliten erhält … oder so ähnlich …
Jedes Mal, wenn ich : WACHT AUF, IHR SCHAFE! oder ähnliches lese, läuft es mir kalt den Rücken herunter. Jemand, der so sich so äußert, glaubt, er
sei im Besitz der einzigen Wahrheit und deshalb anderen Menschen überlegen, und beweist somit eine Haltung, die er den unsichtbaren “Eliten” unterstellt.
Auf der anderen Seite sind da die Menschen mit Blockwartmentalität,
die akribisch darauf achten, dass sämtliche Regeln auch von allen anderen eingehalten werden, und die sich über alles und jeden empören können.
Wenn Angst und Unsicherheit ein gewisses Ausmaß erreicht haben, dann schlagen sie um in Ärger.
Der eine wird zum Blockwart, der andere greift zum Aluhut
und mit ihm zu fragwürdigen Quellen, die ihm genau DAS erzählen, was er gerade hören möchte, wobei es sich in der Regel um alternative Fakten handelt.
Ich gewinne den Eindruck, dass extreme Haltungen ihren Trägern eine trügerische Sicherheit vermitteln, durch die sie ihren Ärger ausdrücken können. Krude Theorien verleihen “Macht”, in Momenten gefühlter Ohnmacht.
Der Mensch klammert sich gerne an “halt”-gebende Vorstellungen wie an einen Rettungsring auf offenem Meer.
Corona-Extremisten beider Seiten kommen mir vor wie unzufriedene Kinder, die mit dem Fuss aufstampfen und laut schreien, weil es gerade nicht so läuft, wie sie es gerne hätten.
Und dann gibt es die Menschen, die willens und in der Lage sind, differenzierter auf das Ganze zu blicken.
Ich finde es durchaus wünschenswert, Maßnahmen zu hinterfragen und konstruktive Kritik zu üben. Man sollte sich wundern und diskutieren dürfen.
Aber dabei dürfen Intelligenz, Logik und Sachlichkeit nicht fehlen.
Bei der gegenwärtigen Ausnahmesituation handelt es sich um einen Präzedenzfall.
Es wird abgewogen und reagiert.
Maßnahmen werden neuen Erkenntnissen angepasst und so geht es weiter.
Try and Error eben.
Es ist vollkommen klar, dass man rückblickend immer MEHR weiß.
Das hat mit Erkenntnisgewinn aus Erfahrungen zu tun.
Erfahrungen müssen allerdings erst einmal vorliegen.
Vieles entwickelt sich in der Realität anders als in einem sterilen Labor oder in einem theoretischen Gedankenkonstrukt …
Try and Error.
Viele erste Schritte beginnen mit “try and error” –
man fällt halt auch mal hin, bevor man das Gehen erlernt.
Ein Aluhut auf dem Kopf ist dabei nicht sehr dienlich, den er rutscht gern über die Augen und versperrt die Sicht, und mit Blockwarthelmen ist es das Gleiche.
Aluhut und Blockwarthelme sind ärgerliche Rüstungen aus Angst und Unsicherheit.
6. Mai:
Soeben habe ich erfahren, dass ich meinen kleinen Massageladen auf der Ecke auch in der nächsten Woche noch nicht, wie erwartet, eröffnen darf.
Die Corona Soforthilfe für Solo-Selbstständige beantragte ich unter der Prämisse, dass ich sie auch für wirtschaftliche Zwecke (Lebensunterhalt) und nicht nur für betriebliche Zwecke nutzen darf. Dieser Passus wurde einige Tage nach meinem Antrag jedoch geändert.
Ich habe nun das Geld, darf es jedoch nicht nutzen, um die Familie zu ernähren und mein seit beinahe zwei Monaten nicht mehr vorhandenes Einkommen zu ersetzen. Stattdessen soll man ALG2 beantragen.
Es ist unsozial und unerhört, was dort geschieht, gehört aber mit zum erwähnten Try and Error.
Man kann nur hoffen, dass an dieser Stelle aus dem Error ein gelungener Try wird, ansonsten kostet es viele kleine Solo-Selbstständige die Existenz.
Ebenfalls weiterhin unklar ist, zu welchem Zeitpunkt ich wieder meinen Lebensunterhalt bestreiten darf.
Gestern stand in den FAQs des Ministeriums NRW folgender Passus, der den 30. Mai als Termin nennt:
Mittlerweile lautet diese Textpassage wie folgt:
Während meine Kollegen in Österreich und der Schweiz und auch in Hessen wieder arbeiten dürfen, bleibt uns Dienstleistern in NRW nicht einmal mehr ein konkretes Datum.
Trotzdem greife ich weder zum Aluhut, noch zum Blockwarthelm.
Ich weiß weiterhin, dass ich nichts weiß und dass mir das nicht gefällt.
Aber ich weiß, was ich mir wünsche:
Statt Reptilienhirn, Aluhut, Blockwarthelm und Lobbyismus, wünsche ich mir Herz, Hirn und Optimismus und eine Menge Wohlwollen … auch seitens der Politik.
PEACE!
Wönni
Nachtrag:
8.Mai………………..körpernahe Dienstleistungen (Massage, Kosmetiker und Tättowierer) dürfen ab dem 11. Mai wieder öffnen……..
Heute abend heisst es: Hoch die Tassen! Ich darf wieder arbeiten!!
12. Mai…..2000 EUR aus der Soforthilfe dürfen nun auch für Lebenshaltungskosten verwendet werden.
Noch nie habe ich innerhalb von 30 Sekunden soviel Gewicht (in Form von Sorgen) verloren.
Wieder ein Grund für ein feuchtfröhliches Sit-Out mit Mimi an der Weltdorf-Kreuzung!
DOPPEL PEACE!
Wönni
Liebe Yvonne, dein Tagebuch ist großartig. Ihr habt gemeinsam und mit gutem Galgenhumor euren Weg durch den Lockdown geschafft. Weiter so. Ich stelle mir vor, dass ihr in einigen Jahren eine Look-back-Party feiern werdet und gemeinsam das Tagebuch lest und euch kaputtlacht.
FBL
Ich danke Dir, lieber Frank. Es freut mich sehr, dass Du Freude beim Lesen hattest!
Wönni!!! Ich bin bestimmt nicht die erste, die Dir dringend nahelegen möchte, dass Du unbedingt eine schriftstellerische Nebenlaufbahn einschlagen solltest! Ich hab immer nur Auszüge mitbekommen und fand diese schon enorm mitreißend! Aber in der Gesamtheit des Textes bin ich gefesselt! Ich habe beim Lesen Tränen gelacht und habe mitgelitten! Es ist authentisch und ich hätte jede Sekunde so reagiert wie Du! Es hat mir aber auch gezeigt, dass ich mit meinem Job und den „Mini Einschränkungen“ , ohne eine Quarantäne einhalten zu müssen, ein sehr glücklicher Mensch bin und nicht mal mit halb so vielen Problemen zu kämpfen hatte, wie Du! Aber wir sind halt so gestrickt… andere haben zu jeder Lösung ein Problem, aber wir machen es richtig herum! Auch ich denke, dass Aluhut keine Lösung ist und würde, wenn ich nicht wüsste, dass dies auch gefährlich werden kann, mein Bedauern ausdrücken, über soviel Angst und Unsicherheit, aber ich schau mir das lieber weiter mit gehörigem Respekt an…. alles leider schon mal da gewesen….!!
Ich bin amüsiert, beeindruckt, freudig, hoffnungsvoll!
Danke!
Meine Güte, Süße! Jetzt habe ich aber Tränchen in den Augen vor lauter Freude und Glückseligkeit. Bleib wie Du bist, Du Mega-Schatz!
DANKE DIR!
Sage ich doch: die Frau kann schreiben, aber wie …
Da wächst kein Gras mehr, wo ihre Wortkaskaden, ja was? einschlagen, ach was, Gras: nichts wird sich mehr regen, was von ihr final wortbedeckt ward …
Oh, Du Semantik-Papst! Ich drück Dich aus der Ferne.