BUCHTIPP XII: DEUTSCHER JUGENDLITERATURPREIS 2020

Nominierungen der Kritikerjury: Sparte Sachbuch

VON MARIE-LOUISE LICHTENBERG

Mit dem Dreisprung „Sprechen – Zeichnen – Schreiben“ starten die 72 prall gefüllten, überbordenden Seiten dieses außergewöhnlichen Comic-Sachbuchs. Es stürzt sich kopfüber hinein ins Abenteuer „Schrift“ und alles, was die Welt seit 5.500 Jahren dazu notiert und artikuliert hat.

Der Untertitel deutet nur knapp an, was da „Von der Keilschrift bis zum Emoji“ aufs Lesepublikum zukommt. Die Bilder-Zeitreise startet mit der Sumerischen Keilschrift, hüpft nach Persien und Ägypten, nimmt das Demotische und Lateinische mit, um dann in die ostasiatischen Schriftsysteme mit ihren tausenden Zeichen zu wechseln. Danach Amerika, Runen, Silbenschriften, Kunstschriften wie Mittelerde und Klingonisch. Jedes Alphabet der Welt (bis hin zu Unicode) scheint hier mit seinen oft exotischen Zeichen (inklusive Aussprachehilfen) abgebildet zu sein. Dazu leicht überspitzte Illustrationen, die die entsprechende Kultur und Zeit kennzeichnen, Landkarten und erklärende Kurztexte.

Vitali Konstantinov thematisiert jedoch nicht nur die phantastische Welt der Zeichen. Er setzt mit ihnen und rund um sie ein bizarres grafisches Buchwunder zusammen, raffiniert in Schwarz-Weiß gehalten, mit wenigen farblichen Akzenten in Rot, Blau, Grün. Eine wahre Fundgrube, dieses Informations-Potpourri.

Vitali Konstantinov • Es steht geschrieben. Von der Keilschrift zum Emoji • Gerstenberg • ISBN 978-3-8369-5943-8 • 25,00 € • Ab Zehn

Schon mal „schwingende Wände“ gehört? Den „Puls des Kosmos“? Eine „Nulldrift“? Strange und cool wie diese drei Klangbeispiele entpuppt sich die gesamte musikalische Reise durch Wie das klingt! Schon das quadratische rosa-rot-lila-braune Cover mit den comicartig gestalteten Musikern signalisiert: Hier erwarten einen keine klassischen Momente, sondern „Neue Töne aus aller Welt“. Doch nicht nur das.

Das Buch in der Übersetzung von Thomas Weiler selbst entpuppt sich als Geniestreich, als geballte Ladung Sachwissen, dabei so raffiniert und eingängig ausgewählt und präsentiert, dass jede Seite Überraschungen birgt. Fünf Kapitel wirken gliedernd, tasten sich schrittweise von der Frage „Was ist ein Geräusch?“ über „Wo ist Musik?“, „Musikmaschinen“ und „Wer ist Musiker?“ heran an die Kernfrage: „Was ist Musik?“ Der Weg dahin ist gepflastert mit wilden Klangerlebnissen, die wohlüberlegt in den musikgeschichtlichen Kontext eingepasst sind – und zwar in Wort und Bild und hörbar gemacht auf der Internetseite www.wiedasklingt.de.

Wild-bunt, mal rein grafisch, mal bilderzählerisch, immer aber die Fläche der Seiten voll ausnutzend, interpretiert das bekannte polnische Illustratorenpaar Aleksandra und Daniel Mizielińscy die jeweiligen Seitenthemen und drückt dem Band einen unverwechselbaren Stempel auf.

Michał Libera (Text) • Michał Mendyk (Text) • Aleksandra Mizielińska (Ill.) • Daniel Mizieliński (Ill.) • Wie das klingt! Neue Töne aus aller Welt • Aus dem Polnischen von Thomas Weiler • Moritz • ISBN 978-3-89565-384-1 • 25,00 € • Ab Zwölf

Die Texte stammen von den jeweiligen Jurys.

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