Karfreitag – Im Ernst!

Ein Wort zum Montag, dem 6. April 2020 

VON CORNELIA SENG

Mit dem Psalmsonntag beginnt die Karwoche. Die Menge des Volkes schrie „Hosianna“ und bald darauf „Kreuzigen!“ So die Erzählung in den alten, biblischen Texten. Jesus wusste, was auf ihn zukommt. Mit Zittern und Zagen ist er in den Tod gegangen. Er, der so vielen Menschen geholfen hat. Er, dem der Wind und die Wellen gehorsam sind, er lässt sich ans Kreuz nageln. „Sohn Gottes“ nennt ihn die Christenheit.

Bei unserem letzten Treffen, als dies noch möglich war, wollten meine neuen türkischen Freunde über Jesus sprechen. „Wer ist Jesus für dich?“, wollten sie von mir wissen. Und: „Wie kannst du glauben, dass Jesus ‚Gottes Sohn‘ ist?“ „Die alten christlichen Kirchenväter haben darauf beharrt: ‚Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich‘. In Jesus stirbt Gott am Kreuz“, sage ich. „Gott stirbt?“, – M. schüttelt mitleidig den Kopf. Von da an behandelt sie mich wie eine alte Frau, die schon ein bisschen verwirrt ist im Kopf. Im Koran steht das anders, erklären mir die muslimischen Freunde. Am Ende hat Jesus mit Judas, dem Verräter, das Aussehen getauscht. Judas wurde zur Strafe gekreuzigt, und Jesus ist als Prophet Gottes direkt in den Himmel aufgefahren. „Am Ende hat Jesus sich dünne gemacht, im Ernst?“ – Jetzt gucke ich ungläubig.

Nach alter christlicher Tradition gilt der Karfreitag als der höchste christliche Feiertag. „O große Not, Gott selbst liegt tot“, heißt es in einem alten Kirchenlied. Seitdem ist auch der Tod kein Ort mehr, wo Gott nicht ist. Und auch im Tod ist niemand mehr Gott-los. Auch mich wird Gott halten im Tod. Wenn wir einst nichts mehr sagen können, wird Gott sprechen: „Kommt wieder, Menschenkinder!“ (Psalm 90,3). Darauf verlasse ich mich. Im Ernst. Wegen Jesus und seinem Tod am Kreuz.

In dieser Woche, am 9. April vor 75 Jahren, wurde Dietrich Bonhoeffer von den Nazis hingerichtet. Seinem mutigen Widerstand und seinen tröstenden Worten verdanken wir viel. Mit seinen letzten Worten hat er die Henker überrascht. „Das ist das Ende. Für mich der Beginn des Lebens“, hat er den Aufzeichnungen nach gesagt. Er hat sich auf Jesus und seinen Tod am Kreuz verlassen. Auf die Liebe Gottes, die ihn auch im Tod noch halten wird. Beherzt und mutig hat er gelebt und ge- tröstet ist er gestorben. Wegen Jesus und seinem Tod am Kreuz.

„Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, … weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ So schreibt es der Apostel Paulus (Rm 8,38f).

Allen eine nachdenkliche und getroste Karwoche!

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