“Es geht um Verantwortung und Selbstdisziplin, aber auch um Gelassenheit und Augenmaß.”

Ein Einwurf 

VON STEFAN JANOSI*

Wenn wir einen aktuellen Blick in die Medien werfen, scheint es aber genau an diesen Eigenschaften zu mangeln. Auf der einen Seite finden „Coronapartys“ auf den Rheinwiesen statt, auf der anderen rufen die Menschen nach sofortigen Ausgangssperren.  

Nur wenigen Stimmen der Vernunft gelingt es, durch die mediale Aufgeregtheit zu dringen.

Eine kompetente Stimme ist Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer. In seiner Funktion appelliert er noch einmal deutlich, die aktuellen Vorschriften konsequent umzusetzen, aber auf Ausgangssperren zu verzichten. Denn was können Ausgangssperren für die Bürger, die nicht in einem Einfamilienhaus mit Garten oder einer großzügigen Wohnung mit Balkon/Terrasse festsitzen bedeuten?

Viele Familien mit zwei oder mehr Kindern sind gezwungen, in kleinen Wohnungen auf engstem Raum ohne ausreichende Privatsphäre unter Umständen über Wochen ihre Zeit zu verbringen.

Dr. Reinhardt hat es in einem Satz gut zusammengefasst: „Diese Situation überfordert psychisch viele Menschen“.  Davon betroffen sind auch einige der Menschen, die tagsüber für unsere Versorgung oder unsere Gesundheit sorgen. Solidarität bedeutet, auch mal die Perspektive zu wechseln und aus den Augen anderer Menschen die Welt zu betrachten.

Der Firnis der Zivilisation scheint dünn zu sein.  Wie ist es sonst zu verstehen, dass auf der einen Seite rücksichtslose Hamsterkäufer ihrem Egoismus frönen, auf der anderen Seite schon der Ruf nach rigidem Vorgehen eines starken Staates erklingt.  

So zeigt das Verlangen nach restriktiven Regulierungen von Freiheiten auch den heimlichen Wunsch, Selbstverantwortung abzugeben. Und Verantwortung ist grade die Eigenschaft, die wir in der Krise am dringendsten benötigen.

Glücklicherweise gibt es viele Zeichen, die Hoffnung machen.  Die zunehmende Solidarität vieler Bürger und die sich überall bildendenden Hilfsinitiativen sind ein starkes Korrektiv gegen den Egoismus. Diese positiven Gegenbewegungen der Zivilgesellschaft gilt es zu unterstützen.

Wir erleben aktuell eine sehr dynamische Entwicklung der Infektionsdaten, bei der keine wirklich zuverlässige Prognose möglich ist.  In den nächsten Tagen wird es unter Umständen zu weitreichenden Entscheidungen kommen. Auch ich würde eine Ausgangssperre befürworten, wenn diese sinnvoll und unumgänglich ist.  Aber wir sollten uns auch vor Augen halten, dass  Einschränkungen der Bürgerrechte nur das absolut letzte Mittel sein dürfen, um eine weitere Ausbreitung von Covid19 zu verhindern.

Aus diesem Grund kann ich nur nochmals an alle appellieren:

Tragen Sie Verantwortung, halten Sie Abstand zu anderen Menschen, tätigen Sie keine Hamsterkäufe, meiden Sie Menschenaufläufe! Dann kann es uns gelingen, den Pandemieverlauf zu verlangsamen und Einschnitte in unsere Bürgerrechte zu verhindern.

Daher lassen Sie uns positiv in die Zukunft schauen, denn nach jeder Krise erlebt die Gesellschaft positive Veränderungen. Der Zukunftsforscher Matthias Horx sagt: „Wir staunen, wieviel Humor und Mitmenschlichkeit in den Tagen des Virus tatsächlich entstanden ist. Wir verlassen die Angststarre und geraten wieder in die Lebendigkeit, die zu jeder wahren Zukunft gehört.“

*Stefan Janosi ist Fraktionsvorsitzender der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Stadtrat von Wermelskirchen.

Kommentare (6) Schreibe einen Kommentar

    • EDV-Schrauber
    • 20.03.20, 18:44 Uhr

    Sehr geehrter Herr Janosi,

    die Ereignisse der letzten Tage und Wochen überrollen uns und Sie haben es immer noch nicht kapiert. Damit sind Sie Teil des Problems, welches im Resultat dieses Land viele Menschenleben kosten wird.

    Die vergangenen Tage haben leider gezeigt, dass Augenmaß, Appelle an die Freiwilligkeit und gute Worte nichts bewirken. Ein kleiner Teil da draußen schert nämlich einen Scheiß darum und bewirkt somit weiterhin eine Eskalation.

    Was Sie “eine sehr dynamische Entwicklung der Infektionsdaten” nennen, nennt man im Matheunterricht (ist ja heute eher verpönt) “exponentielles Wachstum”, da stecken wir nämlich nach wie vor drin.

    Repräsentativ ein Link: https://www.tagesschau.de/inland/rki-113.html

    Sie können also weiterhin so viel sie wollen “appellieren” und versuchen, die Wirklichkeit an ihr Gesellschaftsbild anzupassen, dem wird sich die Wirklichkeit aber nicht beugen. Ihr zögerliches Verhalten ist kontraproduktiv. Spätestens die Lage in China hat gezeigt, das nur extreme Maßnahmen zielführend sind, d. h. drastische Ausgangsbeschränkungen und vor allem (und daran hapert es ja leider generell) drastische Sanktionen bei Zuwiderhandlungen.

    Während Sie und die anderen Zögerer und Zauderer in diesem Land also weiterhin an das Gute im Menschen appellieren, verschwenden Sie die Chance, diese Krise schneller und vor allem mit weniger Verlusten von Menschenleben zu beenden.

    Diese Land hechelt seit Tagen der Entwicklung hinterher und reagiert nur. Das reicht nicht. Der Blick in die Nachbarländer genügt, um den Ernst der Lage zu erkennen. Die Zeit der freundlichen Appelle ist (leider) vorbei.

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

    Antworten

      • Stefan janosi
      • 20.03.20, 20:35 Uhr

      Sehr geehrter Herr/Frau Anonymus,
      warum sind Ihre Beiträge immer Anonym? Stehen Sie nicht zu den von Ihnen veröffentlichen Beiträgen?
      Mit freundlichen Grüßen
      Stefan Janosi

      Antworten

    • Heidbuechel
    • 21.03.20, 8:37 Uhr

    Lieber Stefan Janosi
    Danke für den hervorragenden Beitrag mit dem Aufruf zur Besonnenheit und Vernunft.
    So geht Grüne Politik auch, Chapeau.

    Ab den Schrauber…. sich verstecken geht gar nicht…

    Antworten

    • EDV-Schrauber
    • 21.03.20, 10:06 Uhr

    Sehr geehrter Herr Janosi,

    ich nehme zur Kenntnis, dass Sie nicht “anonym” mit mir diskutieren wollen. Schade, hatte ich aber offen gesagt so erwartet.

    Die Frage, ob ich zu meinen veröffentlichten Beiträge stehe, werte ich als Polemik und ignoriere sie deshalb. Ich will hier – quasi als Nebenschauplatz – auch nicht die Diskussion führen inwiefern Anonymität im Netz gut oder schlecht ist. Darum geht es hier nicht.

    Worum es hier geht, entnehmen Sie bitte der Leitartikel-Headline des heutigen Wermelskirchener General-Anzeigers.

    Wenn Sie es möchten stelle ich mich aber bei gegebener Gelegenheit, wenn ich Sie in Wermelskirchen auf der Straße oder im Rathaus mal treffe gerne persönlich vor. Inwiefern das meine o.g. Kritik unterstreicht oder diskreditiert ist mir allerdings nicht klar.

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

    Antworten

    • EDV-Schrauber
    • 21.03.20, 10:22 Uhr

    @Heidbuechel:

    Ich habe oben in meiner Antwort an Herrn Janosi zwar gesagt, dass ich den Nebenschauplatz nicht aufmachen will, aber Sie zwingen mich ja quasi dazu.

    Ich habe oben meine Meinung geäußert, Argumente gebracht und Quellen geliefert. Sie plärren nur rum (ich zitiere): “Ab (sic!) den Schrauber…. sich verstecken geht gar nicht…”

    Einfach mal lesen:
    https://www.fluter.de/klarnamenpflicht-facebook-und-internet-pro-contra
    Ich finde die Argumente von Eike Kühl wesentlich schlüssiger.

    Meiner Meinung nach sind genau Sie ein Problem für die Diskussionskultur im Netz. Weder bei Herrn Janosi noch bei Ihnen kann ich irgendeinen substantiellen Beitrag zum angestoßenen Thema finden. Sie jammern wegen Anonymität, gehen aber in Wahrheit feige der Diskussion aus dem Weg.

    Falls Sie der Meinung sind, dass meine Beitrag Hetze oder gar Hass enthält, dann können Sie das gerne äußern.

    Ansonsten ist der Gehalt ihres Postings etwa so ergiebig wie ein Daumen hoch bei Facebook.

    Mit freundlichem Gruß
    -EDV-Schrauber-

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    • Stephan Wind
    • 22.03.20, 19:11 Uhr

    : Stefan

    ••W O R D ! 👌••

    LG

    Stephan

    Antworten

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