Den Beitrag von Georg Watzlawek über Positionen der CDU in Bergisch Gladbach und im Kreis entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung dem Bürgerportal Bergisch Gladbach:
Rheinisch-Bergischer Kreis | Die CDU in Stadt und Kreis reagiert auf den Rückzug ihrer Parteichefin überrascht, aber mit Respekt. Sie plädiert für einen personellen Neuanfang in Berlin – und eine Debatte an der Basis über den Kurs der Partei. Dabei macht die Stadtratsfraktion einen Anfang und distanziert sich von der Werteunion.
Die Ereignisse in Thüringen haben die CDU durchgerüttelt, auch in Bergisch Gladbach und in RheinBerg. Einige lokale Spitzenvertreter halten den Umstand, dass sich die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer in Erfurt mit ihrer Linie nicht durchsetzen konnte, für ein Desaster.
Vertreter der konservativen Werteunion hatten dagegen die Wahl des FDP-Kandidaten mit den Stimmen von CDU und AfD begrüßt – und heftig kritisiert, dass sich die Bundespartei einmischt. Die Werteunion Bergisches Land hatte zuvor mit einem Auftritt von Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen für Aufsehen und Kritik gesorgt.
„Am rechten Rand gezündelt”
Das Bürgerportal hatte am Montagmittag Vertreter der CDU in Stadt und Kreis nach Konsequenzen des angekündigten Rückzugs der Parteichefin gefragt. Am Abend diskutierte die Bergisch Gladbacher Ratsfraktion das Thema ausführlich – und ging nun deutlich auf Distanz zur Werteunion.
Fraktionschef Michael Metten fasste das Ergebnis zusammen. Die CDU vereine christlich-soziale, liberale und konservative Positionen, zudem gebe es in einer Volkspartei viele kleine und große Flügel. Den Kern der CDU bilde jedoch die bürgerliche Mitte, von der AfD und der Linkspartei grenze sie sich „klar und unverrückbar ab”.
Das Ziel der Werteunion, so Metten, sei es zunächst gewesen, konservative Positionen im parteiinternen Diskurs stärker zu betonen. Jetzt aber beurteile die Fraktion die Sache in Teilen neu, sagte Metten:
„Einzelne Äußerungen von Vertretern der Werteunion haben jedoch eine klare Abgrenzung zu rechtem Gedankengut sowie insbesondere der AfD vermissen lassen und es wurde am rechten Rand gezündelt. Dies ist in keiner Weise akzeptabel!”
Welche Äußerungen, welche Vertreter gemeint sind, ließ Metten offen.
„Für die CDU-Stadtratsfraktion spielen Positionen der Werteunion in der kommunalen Entscheidungsfindung keine Rolle,” stellte der Vorsitzende fest. Die Fraktion sei der breiten politischen Mitte der Gesellschaft verpflichtet, es gebe keinen Rechtsruck.
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann-Josef Tebroke äußerte sich am Abend moderat, stellte aber klar, dass es eine Werteunion innerhalb der CDU nicht brauche.
Dagegen machte sein Vorgänger Wolfgang Bosbach deutlich, dass er schon die Frage nach einer Distanzierung von der Werteunion für Unsinn halte.
Schon vor der Fraktionssitzung hatten sich auf unsere Anfrage einige lokale CDU-Politiker geäußert. Wir dokumentieren das Stimmungsbild im Folgenden ausführlich.
Den Kompass neu justieren
Uwe Pakendorf, der Kreisvorsitzende, wiederholt seine Haltung: Es dürfe in den Außenbeziehungen keinerlei Zusammenarbeit mit „Extremisten vom linken wie rechten politischen Spektrum geben”, das gelte für die Linke ebenso wie für die AfD. Diesen „stabilen inhaltlichen Kompass” habe die CDU „aufgrund des Thüringen-Desasters nicht mehr glaubwürdig vermittelt”.
Kramp-Karrenbauer habe es zwar versucht, sich aber nicht durchsetzen können. Daher sei es richtig, dass sich die Partei „auf einen Weg der personellen Neuaufstellung” begebe, sagt Pakendorf. Das müsse aber auch allerdings „zu einer nachhaltigen innerparteilichen Stabilität” führen.
Thomas Hartmann, Vorsitzender der CDU in Bergisch Gladbach, sieht die Partei „in einer ernsten Situation”. Jetzt sei Geschlossenheit mehr denn je wichtig. Die Suche nach einer neuen Führung müsse ruhig und sachlich in einer fairen Diskussion laufen; die CDU dürfe sich nicht monatelang mit sich selbst beschäftigt.
Christian Buchen, Kandidat der CDU für die Bürgermeisterwahl (in Bergisch Gladbach) sagte, „die Kompassnadel der CDU in Thüringen und im Bund hat sich in den vergangenen Tagen regelrecht im Kreis gedreht. Es war keine klare Linie erkennbar. Das geht so nicht!” Als „letzte verbliebene Volkspartei” müsse die CDU zwar unterschiedliche Meinungen aushalten. Sie müsse aber sachlich diskutieren und Lösungen finden, die von einer Mehrheit getragen werden.
Hermann-Josef Tebroke, Bundestagsabgeordneter für den Kreis RheinBerg, dankt Kramp-Karrenbauer für ihren unermüdlichen Einsatz für die Partei. Gleichzeitig begrüßt er ihre Entscheidung im Sinne einer Stärkung der CDU – weil damit der Weg für einen Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten in einer Person frei werde.
Michael Metten, Fraktionsvorsitzender der CDU im Stadtrat, spricht von einer „sehr konsequenten, schnellen Entscheidung”, die er so nicht erwartet hatte – und wofür er Kramp-Karrenbauer Respekt zolle.
Auch Metten sieht in einer Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD oder der Linkspartei „Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen”.
Udo Kellmann, der sowohl in der CDU Bergisch Gladbach wie bei der konservativen WerteUnion auf Bundesebene Schatzmeister und damit Vorstandsmitglied ist, hatte die Interventionen von Kramp-Karrenbauer und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Thüringen hart kritisiert.
Aber auch er bezeichnet es jetzt als „hochanständig”, dass Kramp-Karrenbauer „den Weg für eine Lösung der Probleme in der Bundespartei frei macht”.
Diego Faßnacht, Kreistagsmitglied und Vorsitzender der WerteUnion Bergisches Land spricht von einer herausfordernden Situation für die CDU. Sie biete aber die Chance eines inhaltlichen Neuanfangs in der Wirtschafts-, Finanz- und Migrationspolitik.
Die Haltung zur WerteUnion
Im Innenverhältnis der CDU hier vor Ort zur WerteUnion werden einige Differenzen deutlich.
MdB Tebroke mahnte, dass die CDU darauf achten, sollte, dass in der Partei „das Liberale, das Christlich-Soziale und das Konservative gleichermaßen zur Geltung kommen”. Das sei durchaus anspruchsvoll und verlange „einen offenen und wertschätzenden Austausch der Parteimitglieder untereinander”. Eine Bündelung von Positionen durch Vereine – wie der WerteUnion einer ist – sei innerhalb der CDU überflüssig.
Die CDU stehe für einen Kurs der Mitte, betonte der Kreisvorsitzende Pakendorf. Als Volkspartei repräsentiere sie christlich-soziale, liberale und auch konservative Werte. „Menschen, die sich im demokratischen Spektrum diesen Inhalten zuordnen können, sind bei uns willkommen – andere nicht!”, so der Kreisvorsitzende.
Auf der Frage nach der Werteunion antwortete Bürgermeisterkandidat Buchen, dass die CDU RheinBerg und die CDU Bergisch Gladbach den Bürgern klar machen müsse, dass sie „ihren Kompass nach wie vor besitzen” und „als Partei der Mitte weiterhin bürgerliche, an der Sache orientierte Politik machen”. Er erwarte von allen Aktiven, dass sie sich „klar nach linksaußen sowie nach rechtsaußen abgrenzen”.
Die CDU Bergisch Gladbach werde sich weiterhin in erster Linie mit den Problemen und Lösungen der für die Stadt relevanten Themen auseinandersetzen, bekräftigt der Vorsitzende Hartmann. Die CDU sei eine Partei der Mitte, dazu gehöre unverändert eine klare Abgrenzung nach links und nach rechts.
Faßnacht, Vorsitzender der Werteunion Bergisches Land, sah für das Verhältnis der Werteunion zur CDU vor Ort keinen Handlungsbedarf. Er fordert, dass die Mitglieder bei den anstehenden Personalentscheidungen auf Bundesebene beteiligt werden. Dafür solle sich auch die CDU RheinBerg einsetzen.
Kellmann lobte Pakendorf als „großartigen Kreisvorsitzenden, zu dem wir als WerteUnion ein sehr entspanntes Verhältnis pflegen”. Auch die CDU in Bergisch Gladbach sei mit Parteichef Thomas Hartmann und Fraktionschef Metten hervorragend aufgestellt.
Bei der Beseitigung des Machtvakuums in der Spitze der Bundespartei wünschte sich auch Kellmann, „dass diesmal endlich auch die Meinung der Parteimitglieder an der Basis eine stärkere Gewichtung erfährt”.
Irritationen an der Basis ausräumen
Wie diese Parteibasis denkt, damit will sich der Kreisvorsitzende Pakendorf noch einmal gründlich beschäftigen. Der Kreisvorsitzende wolle „die inhaltliche Diskussion bei uns auf Kreisebene verstärkt begleiten, um unsere Partei auf Bundesebene von der Basis aus zu unterstützen”.
Was das konkret heißt? Pakendorf will die Mitglieder zu einer Veranstaltung einladen, um spürbare Irritationen über den Kurs der CDU auszudiskutieren: „Ich möchte genau hinhören, wie die Mitglieder zu diesen Fragen und auch zur WerteUnion stehen”, sagt Pakendorf.
Am Ende, so formuliert es Kellmann, gehe es darum, dass alle an einem Strang ziehen: „Es besteht kein Anlass, dass wir uns mit uns selbst beschäftigen, auch wenn der politische Gegner das gerne möchte. Denn wir alle arbeiten gemeinsam daran, dass Christian Buchen zum nächsten Bürgermeister gewählt wird und dass die CDU wieder die dominierende Kraft im nächsten Rat wird.”