informieren – sensibilisieren – stark machen. kontinuierlich!

[m2]: miteinander mittendrin. Für Demokratie – Gegen Antisemitismus und Rassismus

Köln | „Köln, Haltestelle Deutz. Ich hatte mich bewusst ganz hinten in die U-Bahn gesetzt, damit ich nicht auffalle. Sie haben meine Kippa trotzdem gesehen und mich direkt heftig beschimpft: ‚Scheißjude“ und vieles mehr. Da hatte ich Angst“, berichtet der 26-jährige Julian im Jahr 2019. Dies ist nur eines von zahlreichen Beispielen… Antisemitismus? Schon wieder…!?

…immer noch! Antisemitismus verschwand nicht einfach nach der Zeit des Nationalsozialismus. Er existierte bereits weit vor dem Jahr 1933 und stellt bis in die Gegenwart ein virulentes antidemokratisches Phänomen dar. So verweist die im Jahr 2019 erschienene Studie ‚Verlorene Mitte“ darauf, dass antisemitische Einstellungen nach wie vor weit verbreitet sind. Etwa ein Fünftel der Befragten stimmte der Aussage zu, dass viele Juden versuchen, aus der Vergangenheit des Dritten Reiches heute ihren Vorteil zu ziehen. Mehr als ein Viertel geben an, dass sie bei der Politik Israels gut verstehen können, dass man etwas gegen Juden hat. Antisemitismus ist ein reales Problem sowie eine latente Belastung und Gefahr für Jüdinnen und Juden und ihre Lebensperspektiven, darüber hinaus aber auch für die demokratische Kultur der Bundesrepublik. Antisemitismus steht dem Ideal eines respektvollen zwischenmenschlichen Umgangs entgegen – und wie das Eingangszitat verdeutlicht: auch in Köln. Vor diesem Hintergrund ist es zentrales Ziel der Fachstelle [m2], zu einem demokratischen Miteinander – ‚miteinander mittendrin“ – beizutragen.

Der Direktor des NS-Dokumentationszentrums, Dr. Werner Jung, betont, dass sich das Haus immer schon als Bildungsort verstanden hat. „Mit [m2] konnten wir Angebote im Themenbereich ‚Antisemitismus“ schaffen, die dauerhaft und mit Nachdruck in die Breite der Kölner Stadtgesellschaft wirken. Wir orientieren uns dabei natürlich an dem, was wir schon seit Jahren im NS-DOK zu diesem Thema entwickelt haben. Das wird nun ergänzt durch neue und vielfältige Zugänge, die zur Auseinandersetzung anregen sollen. Zur Einhaltung unserer Qualitätsstandards verpflichten wir uns dabei selbst“, so Werner Jung.

‚Für Demokratie – Gegen Antisemitismus und Rassismus“ ist das Motto von [m2] und gleichzeitig der wesentliche Auftrag. Ziel ist es, zu informieren, zu sensibilisieren und Menschen gegen Antisemitismus stark zu machen. Mit kostenfreien und lebensweltbezogenen sowie multimedial aufbereiteten, drei- bzw. vierstündigen Basis- und XL-Mitmach-Workshops für Schülerinnen und Jugendliche in außerschulischen Zusammenhängen, mit bedarfsorientierten Fortbildungen für Multiplikatorinnen wie Sozialpädagoginnen, Lehrkräfte, Mitarbeiterinnen von Wohlfahrtsverbänden u.v.m.: Die Fachstelle [m2], an der die zwei wissenschaftlichen Mitarbeiter Patrick Fels und Dr. Stefan Hößl seit Mai und Juli 2019 in unbefristeter Anstellung tätig sind, geht mit vielfältigen Methoden, strategisch-konzeptionell breiten Angeboten und kreativen Zugängen in die Offensive. Vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse und teilweise auch eigener Studien entwickeln Hößl und Fels innovative und interaktive Methoden, um möglichst viele Menschen in der Stadt Köln ganz konkret zu erreichen und sie mit ihrem Vorwissen da abzuholen, wo sie stehen. „Wichtig ist es dabei“, so Werner Jung, „nicht aus dem Blick zu verlieren, dass Antisemitismus und Rassismus eng verflochten sind. Beide Phänomene weisen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede auf; insofern muss Rassismus immer auch mit reflektiert werden.“

Unsicherheiten im Umgang mit der Geschichte des Nationalsozialismus, mit dem Holocaust, mit dem Staat Israel, mit antisemitischen Äußerungen im Umfeld, aber auch Zweifel hinsichtlich des eigenen (Nicht-)Wissens oder auch bedenkliche Selbstverständlichkeiten und Wissensbestände sind im Themenfeld ‚Antisemitismus“ weit verbreitet – „entsprechend“, so Fels, „gibt es in der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus keine Patentrezepte. Die Palette pädagogischer Möglichkeiten muss breit gefächert sein.“ Dass dies nicht immer einfach ist, ist Fels und Hößl sehr bewusst, geht es doch allzu oft um Selbstverständlichkeiten, die irritiert werden – und: „Wer von uns ist so offen, jederzeit gerne irritiert zu werden? Wieso sollten Menschen bereit sein, sich darauf einzulassen?“, so Stefan Hößl.

Aber: Bangemachen gilt nicht! Demokratie funktioniert nicht ohne Demokratinnen. Die Mitarbeiter von [m2] wissen sehr genau um die Gefährdung von Demokratie durch Antisemitismus und setzen auf das Wissen darum, wie sehr neue Denkperspektiven sowie ein damit verbundenes Begreifen der Dinge und ein Verstehen von Zusammenhängen positive Wirkungen entfalten können. Es geht Ihnen letztlich immer darum, einen Beitrag zur Stärkung der Demokratie zu leisten.*

Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in der Bildungsarbeit einzubeziehen ist essentiell für das Selbstverständnis der Fachstelle. „Wir wollen nicht über Jüdinnen und Juden sprechen, sondern sie selbst zu Wort kommen lassen“, so Patrick Fels. Um dies gewährleisten zu können, wurden Interviews mit jungen jüdischen Kölnerinnen geführt; Interviews, aus denen auch der obige Ausschnitt stammt. „Jüdinnen und Juden – und das war für uns auch hinsichtlich der Durchführung der Interviews bedeutsam – dürfen nicht nur auf ihr Jüdisch-Sein und Antisemitismuserfahrungen reduziert werden“, ergänzt sein Kollege Stefan Hößl und fügt hinzu: „In den Interviews stehen junge Menschen im Mittelpunkt – mit ihren Biographien, mit all dem, was sie als Menschen ausmacht und was ihnen wichtig ist.“ Ausschnitte aus diesen Interviews werden in den [m2]-Workshops einbezogen, um sie zu reflektieren und um auch Handlungsmöglichkeiten gegen Antisemitismus zu vermitteln. Konkret steht dann etwa die Frage im Raum, wie sich z. B. Schülerinnen verhalten können, wenn Sie in der Bahn miterleben, wie Julian verbal angegriffen wird. Schaue ich weg, weil ich keinen Stress will? Rufe ich die Polizei? Mische ich mich lautstark ein, mache Umstehende auf das Geschehene aufmerksam und stelle mich vor Julian? Das Ziel ist es natürlich, Teilnehmende zu motivieren und stark zu machen, Haltung und Verantwortung zu zeigen – und im konkreten Fall: Julian beizustehen; denn eines ist für das NS-DOK, die Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus (ibs) und [m2] immer klar: Gegen Antisemitismus braucht es Haltung! Antisemitismus geht uns alle an!

[m2] in Kürze

Wer sind wir?

[m2] ist eine Fachstelle bei der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Wir – informieren über Antisemitismus in seinen unter- schiedlichen Erscheinungsformen – sensibilisieren für die Gefahren von Antisemitismus – bestärken Menschen darin, sich gegen Antisemitismus zu positionieren – motivieren Menschen, sich aktiv für eine offene und vielfältige Gesellschaft sowie ein solidarisches Miteinander zu engagieren – arbeiten dauerhaft und kontinuierlich

Was sind unsere Ziele?

Die Fachstelle verfolgt das Ziel, mit ihren Bildungsangeboten im Themenfeld Antisemitismus möglichst viele Menschen in Köln zu erreichen – und dies unabhängig von gesellschaftlicher Positionierung, Herkunft oder religiöser Zugehörigkeit. Wir

  • wollen eine Gesellschaft, die sich menschenverachtenden Ideologien entschieden entgegenstellt
  • fördern ein Bewusstsein für eine lebendige Demokratie und Vielfalt
  • stehen an der Seite aller, die von Antisemitismus und Rassismus bedroht oder betroffen sind

Bildungsarbeit

Die Bildungsarbeit von [m2] besteht aus vielfältigen Methoden und Angeboten. Dabei werden die Perspektiven der von Antisemitismus Be- drohten und Betroffenen sichtbar gemacht. 

Wir bieten an:

  • Workshops
  • Seminare und Fortbildungen
  • Vorträge
  • Tagungen

Die Bildungsangebote von [m2] sind kostenfrei. Wer kann sich an uns wenden?

  • Schulklassen, Jugendliche
  • Multiplikatorinnen*
  • Akteurinnen in Organisationen, Initiativen, Vereinen und Verbänden*
  • Politisch Interessierte

Wo finden unsere Bildungsangebote statt? 

  • im NS-Dokumentationszentrum
  • vor Ort in Köln

Kontakt

Patrick Fels & Dr. Stefan Hößl • NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, Appellhofplatz 23 – 25, 50667 Köln • 0221/221-31280 & 0221/221-31281 Telefax: 0221/221-25512 • mhochzwei@stadt-koeln.de • www.nsdok.de/mhochzwei

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.